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Warum kann sich Klima-Alleingänge nicht leisten?


Anleger berücksichtigen neben traditionellen Finanzkennzahlen auch zunehmend Klimarisiken und -chancen in Verbindung mit ihren Anlagepositionen. Den größten Teil der Aufmerksamkeit schenkt man allerdings Europa und den USA, während die Schwellenländer, und insbesondere China, ungerechtfertigterweise im Abseits stehen.
Die kumulierten Emissionen der Vergangenheit wiegen schwer
Um das ganze Potenzial Chinas in der Klimadebatte richtig einzuschätzen, müssen wir eine empfundene moralische Pflicht von wirtschaftlichem Eigeninteresse trennen. Was meinen wir damit? Aus moralischer Sicht könnte man argumentieren, dass die Industrienationen die Hauptlast der Bemühungen der Welt um eine effiziente Bekämpfung des Klimawandels tragen müssten. Es gibt drei Ebenen dieses verbreiteten Arguments.
Erstens kommt es auf die kumulativen Emissionen an und nicht auf die aktuell verursachten. Der Klimawandel und der Anstieg der weltweiten Temperatur hängt mit den angesammelten Treibhausgasen (THG) in der Atmosphäre zusammen und nicht mit denen, die in einem bestimmten Jahr hinzukommen. Historisch betrachtet haben die Industrieländer erheblich größere Mengen an THG in die Atmosphäre ausgestoßen als die Schwellenländer. Allein die USA sind für rund 20 Prozent der gesamten zwischen 1850 und 2021 weltweit ausgestoßenen Emissionen verantwortlich, was nach Schätzungen 0,2 °C zur bisherigen Erderwärmung beigetragen hat.
Die Industrieländer sorgen für Emissionen in den Schwellenländern
Auf der zweiten Ebene der Argumentation lautet die Frage: „Wer trägt letztendlich die Verantwortung für bestimmte Emissionen?“ Auch wenn die Schwellenländer schnell aufholen und auf dem besten Weg sind, die Industrieländer bei den heutigen THG-Emissionen zu überholen, kommen viele dieser Emissionen zustande, um die Nachfrage nach Produkten und Dienstleistungen zu decken, die in den Industrieländern konsumiert werden.
Ein Zehntel der Weltbevölkerung steht für 50 Prozent der kumulativen Emissionen
Die dritte Ebene ist vielleicht am offensichtlichsten. Wann auch immer Länder wie China, Indien oder Indonesien letztendlich mit den kumulativen Emissionen der USA oder Europas gleichziehen, werden sie dem Klima der Welt gemessen an den Pro-Kopf-Emissionen immer noch bei weitem weniger Schaden zugefügt haben. Zum Verständnis hierzu folgende Überlegung: Die USA, die EU-27 und das Vereinigte Königreich sind zusammen verantwortlich für knapp unter 50 Prozent der gesamten kumulativen Emissionen, mit weniger als einem Zehntel der Weltbevölkerung.
Zusammen genommen könnten diese drei Ebenen also ein recht überzeugendes und vielleicht auch bequemes moralisches Argument dafür liefern, dass die Schwellenländer sich nicht allzu viele Gedanken über eigene Klimaschutzmaßnahmen machen müssen.
Den Entwicklungsländern drohen größere Verluste
Doch die Erderwärmung macht keinen Unterschied zwischen den für sie Verantwortlichen und den am stärksten von ihr Betroffenen. Ebenso wenig sind die Finanzmärkte dafür bekannt, dass sie sich über moralische Fragen besonders viele Gedanken machen. Wir behaupten daher, dass China ein starkes wirtschaftliches Eigeninteresse an der Bewältigung des Klimawandels hat. Es ist kein Zufall, dass die Regierung seit einigen Jahren eine entsprechende Führungsrolle übernimmt.
Laut aktuellen wissenschaftlichen Erkenntnissen werden die steigenden Temperaturen und Veränderungen von Niederschlagsmustern genau die Länder, die weniger verantwortlich sind, am stärksten beeinträchtigen, während viele Industrieländer besser davonkommen könnten.
In einem Bericht von Deloitte ist die Rede von einem Schlag für die Weltwirtschaft von 178 Billionen US-Dollar über 50 Jahre, sofern der Klimawandel unkontrolliert weiter voranschreiten und die Temperaturen um 3 °C steigen würden. Lebensmittel- und Wasserknappheit sowie ein gigantischer Verlust an Produktivität und Beschäftigungsmöglichkeiten könnten die Lebensgrundlagen der Menschen ruinieren. Doch die Verteilung wäre äußerst ungleich. In einem Worst-Case-Szenario würden Amerika und Europa 2070 5,7 beziehungsweise 1,5 Prozent ihres BIP verlieren. In der Region Asien-Pazifik, der weltweit bevölkerungsreichsten Region, könnte fast ein Zehntel des Outputs auf dem Spiel stehen. Solche Zahlen sind abstrakt, aber die Konsequenzen sind real.
Allein in Indien hängen über eine halbe Milliarde Menschen direkt oder indirekt von vorhersagbaren Monsunmustern ab, wie „The Economic Times“ belegt. Fast zwei Fünftel des BIP Chinas werden laut „South China Morning Post“ von den fünf Küstenprovinzen (von insgesamt 23) erwirtschaftet, die am stärksten durch den steigenden Meeresspiegel gefährdet sind. Diese Zentren an der Küste hängen stärker von der Auslandsnachfrage und vom Handel ab als die Regionen im Landesinneren. 65 Prozent des chinesischen Handels werden laut Association of Accredited Public Policy Advocates to the European Union über das Südchinesische Meer abgewickelt und viele kritische Häfen des Landes, die die Küste säumen, könnten beeinträchtigt werden. China ist besonders anfällig für den Anstieg des Meeresspiegels aufgrund seiner Küstengeologie. Unter den überflutungsgefährdeten Ländern weltweit nimmt China Platz 13 ein (unter Berücksichtigung von Fluss- und Küstenüberflutungen sowie Sturzfluten), bei den Risiken durch Wirbelstürme liegt es auf Rang 6. Zusätzlich ist das Land von Dürren bedroht, weiß die Weltbank. Was die Situation verschlimmert, ist die Tatsache, dass viele der wichtigsten Handelspartner Chinas – darunter Hongkong, Japan, Vietnam und Südkorea – selbst relativ stark durch ähnliche Klimarisiken gefährdet sind.
Zwei gute Nachrichten
Ergebnisse von Klimamodellen, insbesondere solchen, die 30, 40, 50 Jahre oder weiter in die Zukunft blicken, sind natürlich mit Vorsicht zu betrachten. Doch auch über einen kürzeren Zeitraum könnten die Aussichten düster sein. Sollte der Klimawandel weiter unkontrolliert voranschreiten, könnten sich die wirtschaftlichen Verluste Chinas schon 2030 auf 0,5 bis 2,3 Prozent vom BIP belaufen, so die Weltbank.
Trotz der Ungewissheiten, die allen diesen Modellen innewohnen, ist die ihnen zugrunde liegende Botschaft bemerkenswert kohärent. Die Eindämmung von und die Anpassung an Klimarisiken sind für den künftigen wirtschaftlichen Erfolg sowohl auf mikro- wie auch auf makro-ökonomischer Ebene von grundlegender Bedeutung. Die Nettoergebnisse von Unternehmen werden auf unterschiedliche Weise beeinträchtigt und die Wirtschaft als Ganzes wird schwer getroffen. Dies wird sich schließlich auf die Finanzmärkte und letztendlich auf die Renditen der Anleger niederschlagen.
Es gibt aber auch zwei gute Nachrichten. Viele der Worst-Case-Szenarien lassen sich vermeiden, und China verliert in dieser Hinsicht keine Zeit. Die Weltbank kommt zu dem Schluss, dass die „hochentwickelten technologischen Fähigkeiten [des Landes] bedeuten, dass der Weg in Richtung CO2-Neutralität neue Möglichkeiten der Entwicklung eröffnet.“ Denn mit deutlich über einer Viertelbillion US-Dollar übersteigen die Investitionen Chinas in Technologien zur Bewältigung des Klimawandels das, was die sechs nächstgrößten Akteure zusammen aufbringen, kalkuliert die Plattform CTVC.
Das ist zumindest zum Teil Ausdruck von politischem Willen und hat sich bislang ausgezahlt. 2022 kontrollierte China 77 Prozent der weltweiten Batterieproduktionskapazitäten, eine unverzichtbare Komponente für eine CO2-neutrale Zukunft. Trotz aller Bemühungen der Regierungen Europas und der USA – erwähnenswert ist diesbezüglich der Inflation Reduction Act – dürfte eine solche Dominanz in Jahrzehnten nur schwer zu untergraben sein, von Jahren ganz zu schweigen.
Auch bei anderen Schlüsseltechnologien hat China einen großen Vorsprung. Laut der Internationalen Energieagentur wird das Land bis 2025 voraussichtlich 95 Prozent der Anteile der Lieferkette für Solarmodule kontrollieren. Um diese Zahl in den Zusammenhang zu stellen, sei erwähnt, dass weltweit voraussichtlich 70 Prozent des Stroms mit Sonnen- und Windenergie erzeugt werden müssen, wenn das Netto-Null-Ziel bis 2050 erreicht werden soll. Heute liegt der Anteil der Internationalen Energieagentur zufolge bei 10 Prozent. Bekannt ist auch, dass China sich im Hinblick auf Onshore-Windkraft in einer beneidenswerten Lage befindet. In Summe lässt sich feststellen, dass ein einziges Land in weniger als drei Jahrzehnten gerüstet sein wird, um mehr oder weniger Kontrolle über die Hälfte der weltweiten Stromproduktion auszuüben – mindestens.
Die Industrieländer versuchen, China einzuholen und ihre Abhängigkeit zu verringern. Doch leider gibt es da einen Haken. Das Land hat auch viele Lieferketten für Rohstoffe, die für Elektrofahrzeuge, Windturbinen und andere Bauteile benötigt werden, fest im Griff. Lithium ist nur ein Beispiel.
Die Europäische Union prognostiziert, dass ihr Bedarf an dem weißen Metall 2050 57 Mal so hoch sein wird wie heute, und China gehört zu den wichtigsten Produzenten.
Auf dem Markt für Lithium gibt es bedeutende Akteure, auf die der Westen bauen kann – Australien ist der bei weitem größte Lieferant, gefolgt von Chile. Bei Graphit, dem anderen wichtigen Material für Batterien, das für Anoden verwendet wird, gibt es diesen Luxus nicht. China kontrolliert der US-Behörde United States Geological Survey rund 80 Prozent der gesamten Produktion von natürlichem Graphit und liefert bis zu 100 Prozent des für Batterien geeigneten Kugelgraphits.
Eine Chance für globale Zusammenarbeit
Es besteht folglich kein Zweifel daran, dass die Welt China braucht, um die Pariser Klimaziele zu erreichen. Doch gleichzeitig hat das Land ein zentrales wirtschaftliches Interesse daran, die schlimmsten Auswirkungen eines eskalierenden Temperaturanstiegs zu verhindern. Dies lässt sich wiederum ohne schnelle Fortschritte bei den Dekarbonisierungszielen auch in den westlichen Ländern nicht erreichen. Wir sehen daher hier die reinste Form einer gemeinsamen Abhängigkeit. Deshalb sind wir der Meinung, dass der Klimawandel ein Bereich ist, in dem Zusammenarbeit nicht nur möglich, sondern notwendig ist, denn er dient den Interessen aller Beteiligten.
Die Macht des Marktes
Für Anleger bedeutet das, nach Lösungsanbietern Ausschau zu halten, die den Übergang – und damit hoffentlich auch Portfoliorenditen – vorantreiben können.
Die Kapitalmärkte passen sich zunehmend an Kursrisiken an, die vom traditionellen Finanzwesen tendenziell ignoriert wurden. Als Anleger können – und müssen – wir diese Entwicklungen auf unterschiedliche Weisen nutzen, indem wir unsere Portfolios dekarbonisieren und zukunftssicher machen und für mehr Widerstandsfähigkeit und das Ergreifen von Chancen rüsten – und dabei gleichzeitig die Klimawende unterstützen.
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