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Vermögensverwalter rät Knackpunkt Kapitalerhalt: Das Dilemma des konservativen Anlegers lösen

Business-Szene
Business-Szene: Das Ziel Kapitalerhalt ist für konservative Investoren aktuell schwer erreichbar. | Foto: Pexels/Jopwell

Das Dilemma war allen bewusst, nur gab es leider keine Alternative. Im Juli 2021 rentierten zehnjährige Unternehmensanleihen mit einem BBB-Rating mit gerade noch 0,42 Prozent jährlich. Hier bekam der Anleger viel Risiko für sehr wenig Ertrag. Das Dilemma des konservativen Anlegers im Jahr 2021 trug die Überschrift: „Zu viel Risiko für zu wenig Ertrag“.

Riklef von Schüssler
Riklef von Schüssler © Allington Investors

Ganz anders sieht nun die Welt im Jahr 2023 aus. Zehnjährige Staatsanleihen rentieren bei 2,2 Prozent, BBB-Unternehmensanleihen bei 4,0 Prozent, und manch eine etablierte Geschäftsbank bietet für ein einjähriges Festgeld sogar an die 3 Prozent Zinsen an. Nun gibt es wieder Ertrag, und das damit einhergehende Risiko dürfte zudem vertretbar sein. Doch das Dilemma des konservativen Anlegers besteht fort. Warum?

Gehen wir zunächst der Frage nach, wer der typische konservative Anleger ist und auf welche Kapitalanlage dieser zurückgreift. Der typische Konservative sucht in der Regel eine oder mehrere der nachstehenden Eigenschaften.

Ziele des konservativen Anlegers

  1. Niedrige Volatilität: Die Anlage sollte einer geringen Wertschwankung unterliegen, die üblicherweise nicht mehr als zwei Jahreserträge ausmacht.
  2. Kapitalsicherheit: Eine hohe Wahrscheinlichkeit der Kapitalrückzahlung sollte gegeben sein und – falls daran Zweifel bestehen – muss dieses Risiko des Ausfalls in einem sinnvollen Verhältnis zum Ertrag stehen.
  3. Realer Kapitalerhalt: Der Ertrag sollte nach Steuern und Kosten die Inflation kompensieren.

Während niedrige Volatilität und Kapitalsicherheit wieder am Markt zu finden sind, steckt jetzt das Problem in Punkt 3), namentlich dem kurzfristig fehlenden realen Kapitalerhalt. Kaum eine verzinsliche Anlage erreicht derzeit die Inflation von um die 8 Prozent. Selbst bei einem sehr hohen Emittentenrisiko müssen die Erträge noch mit Abgeltungsteuer und Solidaritätszuschlag versteuert werden und würden sich damit um 26,4 Prozent mindern. Für den realen Kapitalerhalt ist der Ertrag nach Steuern und Kosten maßgeblich. Im Jahr 2023 wird unser konservativ handelnder Anleger den realen Kapitalerhalt nicht erreichen.

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Dennoch lohnt es sich, über das Jahr 2023 hinauszuschauen. Die Inflation wird aus zwei Gründen vermutlich nicht anhalten. Zum einen gibt es den sogenannten statistischen Basiseffekt. Die Preise im Warenkorb müssten von nun an jedes Jahr weiter steigen, um die Inflation hochzuhalten. Davon ist nicht auszugehen, da es in den letzten zwei Jahren klare Determinanten für den Preisanstieg gab: Abriss von Lieferketten und/oder Unterbrechung von Transportwegen, Preisexplosion bei Rohstoffen und einen dramatischen Anstieg bei den Energiekosten. Diese Entwicklungen sind nicht linear fortschreibbar und können sich zu gegebener Zeit  auch wieder preisdämpfend verändern. Zudem ändert sich das wirtschaftliche Umfeld fortlaufend. Als Beispiel sei der aktuelle Rückgang in der Bauindustrie genannt, der sich zwangsläufig preis- und wachstumsdämpfend auswirken wird.

Inflation dürfte zurückgehen

Dabei sei unterstellt, dass die Inflation ab dem Jahr 2024 eine deutlich moderatere Entwicklung nimmt. Im Verlauf der nächsten fünf Jahre wird sie sich dem Wirtschaftswachstum wieder anpassen und sollte sich auf die nächsten zehn Jahre betrachtet wieder bei 2 Prozent einpendeln.

Bei einer zehnjährigen Bundesanleihe sind für Privatanleger nach Steuern derzeit um die 1,6 Prozent zu erreichen. Bei einfachen Portfoliozusammenstellungen aus Staatsanleihen und BBB-bewerteten Anleihen im Verhältnis 70/30, sind nach Steuern immerhin schon zwei Prozent jährlich zu erzielen. Werden solche Portfolios noch ergänzt um Aktien und sogenannte Liquid Alternatives, sind 4 Prozent jährlich nach Steuern und Kosten möglich – womit die langfristige Inflation geschlagen werden kann.

Einfache Zeiten sind es für konservative Anleger immer noch nicht. Will er auch zukünftig den realen Kapitalerhalt schaffen, kann er mit neuen Ideen, einem langfristigen Blick und einer intelligenten Portfoliozusammenstellung aus dem aktuellen Dilemma herausfinden.


Über den Autor:
Riklef von Schüssler ist Vorstandsvorsitzender beim Vermögensverwalter Allington Investors aus Bad Homburg.

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