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Robert Halver zum EZB-Führungswechsel Nie wieder nennenswerte Zinsen in der Eurozone

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Allerdings besteht auch kein Grund, Herrn Draghi heiligzusprechen. Nicht umsonst hat die deutsche Notenbankerin Sabine Lautenschläger das EZB-Direktorium verlassen. Draghi hat sich zu sehr als Einzelkämpfer aufgeführt, das geldpolitische Mandat nach Gutdünken ausgeweitet und die konstruktive Kritik der Bundesbank zu oft weggewischt.

Wofür steht Christine Lagarde? 

Mario Draghis Amtsnachfolgerin Christine Lagarde hat zunächst die Aufgabe, Grabenkämpfe bei der EZB zu beenden und den Team Spirit wiederzubeleben.

Damit Madame Lagarde nicht schon zu Beginn ihrer Amtszeit stabilitätspolitisch verbrannt ist, hat Mario Draghi ihr mit seinen erneuten geldpolitischen Lockerungsübungen die Drecksarbeit abgenommen. Allerdings wird sie sich massiv mit den Konsequenzen der Happy Hour der EZB auseinandersetzen müssen. Wird sie vielleicht sogar auf geldpolitische Umkehr schalten?

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Vom Ruf her gilt Frau Lagarde als Weichspülerin. Daher geht es auch ihr primär um den Erhalt der Eurozone, nicht um die Stabilität der Finanzen. Eine der Ordnungspolitik verpflichtete Ausrichtung der EZB wie früher bei der Bundesbank ist nicht zu erwarten. Inflationsauftrieb ist gewünscht, denn sie frisst Staatsverschuldung wie von Geisterhand auf. Böse Zungen sagen sogar voraus, dass unter ihr die heiligste aller Stabilitäts-Kühe - die strikte Trennung von Geld- und Finanzpolitik - vollends aufgegeben wird. Sie werden zu Blutsbrüdern: Sollte kein privater Investor italienische oder griechische Staatsanleihen zu Niedrigrenditen abnehmen, muss die Notenbank ran.

Dieser Sündenfall soll moralisch mit den vermeintlich edlen Motiven des Staats geheilt werden, der an das Gute, an das Gemeinwohl, denkt. Gerne wird dabei auf Amerika und China verwiesen. Dort finanziert die Notenpresse doch auch Wirtschaftswachstum. Ist es da nicht nur gerecht, dem amerikanisch-asiatischen Beispiel schon aus Gründen der Konkurrenzfähigkeit zu folgen? Überhaupt sorgt billiges Geld für eine Währungsabschwächung des Euro, was Exportstimulierung begünstigt. 

Selbstverständlich, wie für alle neuen Amtsträger gilt eine Schonzeit von 100 Tagen, in der man Frau Lagarde in Ruhe gewähren lassen sollte. Allerdings, als Französin ist sie als Ausgleich für die Ernennung einer Deutschen, Frau von der Leyen, als EU-Kommissionspräsidentin in das Amt der Notenbankpräsidentin gekommen. Frankreich, das der deutschen Stabilitätskultur - ich sage es freundlich - wenig zugetan ist, wusste sehr wohl, wen es an die Spitze der EZB befördert. Ehe sich unter Lagarde die EZB stabilitätspolitisch wieder vom Saulus zum Paulus wandelt, wird Uli Hoeneß Ehrenpräsident von Borussia Dortmund. Wetten, dass…?

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