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Kolumnist Sebastian Heithoff Vom „Lead-Junkie“ zum nachhaltigen Cross-Seller

Sebastian Heithoff
Sebastian Heithoff: In seiner neuen Kolumne zum Versicherungsvertrieb für DAS INVESTMENT wendet sich der Unternehmensberater gegen den Fokus auf Leads, also qualifizierten Kundenanfragen. | Foto: Heithoff Consulting

Ich hatte ursprünglich statt des „Lead-Junkies“ ein anderes Wort für meinen Artikel gewählt, welches mir ein paar Stunden später dann doch zu drastisch klang. Es geht jedoch am Ende nicht um ein „Wort“, sondern es geht um ein Verhalten. Ein ungesundes Verhalten, zu dem wir ernsthaft reflektieren sollten. Und ich hoffe, mit klaren Worten Ihre Aufmerksamkeit geweckt zu haben. Denn der Themenkomplex liegt mir persönlich sehr am Herzen – so wie die Versicherungsbranche in ihrer Gesamtheit. Mit unreflektierter „Lead-Manie“ stellen wir uns nämlich selbst ein Bein!

Wir haben in der Assekuranz eine Vielzahl von Herausforderungen. Sie alle aufzuzählen, sprengte den Rahmen dieser Kolumne. Doch was wir im Versicherungsvertrieb seit jeher kennen, ist der Fokus auf den Verkauf (ad litteram), auf eine (Produkt-)Verzielung in der AO und immer größere Steigerungsraten, gerade dann, wenn es super läuft. Wenn zu den erwarteten Steigerungsraten (die zu erfüllen ja per se schwerer wird) weitere Hindernisse für die Vermittler hinzu kommen, entstehen schnell Überforderung, Stress, nicht selten auch Frustration oder Resignation.

In den letzten Jahren sehen viele Vermittlerinnen und Vermittler ihr Heil im Kauf (oder dem Selbsterzeugen) von Leads, also qualifizierten Kundenanfragen, vorzugsweise auf digitalem Wege. Was jedoch bei den stets herangezogenen Beispielen Volker Büscher, Bastian Kunkel, Marco Mahling und Konsorten vorrangig auf Pioniergewinne oder eine exzellente Zielgruppenkenntnis zurückzuführen ist, lässt sich eben nicht beliebig multiplizieren, wenn einem die entscheidenden Zutaten selbst fehlen. Das wäre zu einfach – und wenn es mal klappt, dann nur auf kurze Sicht.

Warum es mehr braucht als „nur“ ganz viele Leads

In den letzten Jahren tummeln sich in der Versicherungsbranche zahlreiche externe Marketer, teils auch durchaus halbseidener Natur, die mit Versprechen von x (meist gar kostenlosen) Leads am Tag auf sich aufmerksam machen. Meistens lohnt sich deren Geschäftsmodell nur für die Marketer, selten für die Vermittler oder deren potentielle Kunden. Aktuell gehen die Vermittler vermehrt dazu über, sich selbst mit der Automatisierung von Akquiseprozessen zu befassen und werden selbst zu mehr oder minder erfolgreichen (Digital) Marketern.

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Doch ein Fokus allein auf „Ich schmeiße möglichst viel in meinen Trichter hinein“ ist schlicht und ergreifend kurzsichtiger Natur. Er charakterisiert das Verhalten eines Süchtigen oder auch das eines Verzweifelten. Sinnvoll ist eine professionelle Lead-Strecke und die automatisierte Bearbeitung eines gewissen, klar zu bestimmenden Teils unserer Kundenkommunikation genau dann, wenn:

  1. Der Vermittler auch einen tatsächlichen Mehrwert für und Kenntnisse über die anzuziehende Kundschaft (Zielgruppe) aufweist UND diese auch an möglichst vielen Kundenkontaktpunkten sichtbar wird (Positionierung). 
  2. Der Vermittler nicht bloß auf pure Masse setzt und hunderte Einvertragskunden generiert, sondern, weil er bzw. sie auch echte Kenntnis über und Mehrwert für die Zielgruppe hat, andauernde und intensive Kundenbeziehungen etabliert. 
  3. Der digitale Kundentrichter („Funnel“) nicht bloß irgendeine zehnte Version von etwas ist, das es schon lange bei x anderen gibt, wir somit auf der Lead-Resterampe fischen und uns dadurch später wundern, in Stornos wegen Nichtzahlung zu ertrinken. Und gegen C*ECK24 zu verlieren. 
  4. Die digitale Generierung potentieller Kunden kein notwendiges Mittel zum wirtschaftlichen Überleben ist und uns als eine Art Adernklemme vor dem Ausbluten hindert. Dieses Langfristpotential hat sie nämlich NUR, wenn die vorgenannten drei Punkte alle erfüllt sind.

Seit 2016 begleite ich Versicherungsvermittler und Versicherungsmakler in Themen der digitalen Transformation im Versicherungsvertrieb, mit der ich mich selbst seit zehn Jahren in unterschiedlichen Funktionen und Branchen befasse. Insbesondere in den letzten zwei Jahren ist leider an vielen Stellen ein blinder Aktionismus zu bemerken, der ab und an durch kurzfristige eigene Erfolge oder die mancher Vorbilder bestärkt wird, der aber in den seltensten Fällen dauerhaft besteht. Das wird er nur dann, wenn „die digitale Kiste“ ein echtes Fundament hat. Wenn wir es schaffen, Menschen zu begeistern und langfristig zu binden.

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