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Kolumnist Sebastian Heithoff So schaffen Vermittler „Veränderung aus der Stärke heraus“

Sebastian Heithoff
Sebastian Heithoff: In seiner neuen Kolumne für DAS INVESTMENT empfiehlt der Unternehmensberater, Erfolg als stabile Ausgangsbasis für neues Denken zu verwenden. | Foto: Bianca Thomas Fotografie

Es gibt diese typischen Sätze, die jeder von uns kennt: Bei Versicherungsnehmern ist dies etwa „Mir ist noch nie etwas passiert“, „Ich habe schon so viel in meine [Risiko]Versicherung eingezahlt …“, „Sie rufen immer nur an, wenn es wieder teurer wird“ und dergleichen mehr. Sie haben vermutlich soeben genickt und Ihnen sind dabei noch einige weitere Beispiele eingefallen, die immer wieder vorkommen, obschon wir als Versicherungsfachleute wissen, dass sie (eigentlich) Mumpitz sind.

Solche Sätze höre auch ich in meinem – etwas anderen – Beratungsalltag als dem Ihrigen, wenn ich eben mit anderen Versicherungsexperten darüber spreche, ob sie denn etwas an Ihrer Unternehmung und insbesondere an deren Kommunikation verändern wollen beziehungsweise sollten. Hierbei gibt es insbesondere zwei Fraktionen, auf die sich vermutlich rund zwei Drittel aller Vermittlungsbetriebe ziemlich gut aufteilen lassen:

Fraktion 1: „Bei uns läuft es doch, warum sollen wir etwas ändern?“

Diese Fraktion ist gekennzeichnet durch solide Beitragseinnahmen, auskömmliche Gewinne, eine funktionierende Organisation und insgesamt einen Zustand, den man als „zufrieden“ (so Vertriebler das überhaupt sein können) bezeichnen mag. Durch den Zustand des Funktionierens und der (Über-)Sättigung wird kein Sinn in Veränderungen gesehen, so lange nichts wirklich enorm pressiert.

Fraktion 2: „Wir brauchen dringend … mehr Neugeschäft … mehr Vertragsdichte … mehr Personal … bessere Prozesse … und das JETZT!“

Das Gefühls-Barometer ist bei dieser Fraktion an einer oder mehreren Stellen schon im orange-roten Bereich, von „zufrieden“ ist man recht weit entfernt. Dieser Zustand wurde jedoch selten bis nie ad hoc erreicht, man hat sich in ihn hineinmanövriert – wie der betrunkene Kapitän unter die Elbbrücke – weil man erst handeln wollte, als es unabdingbar wurde.

Zwischen diesen beiden Fraktionen (und auch innerhalb dieser) gibt es natürlich einige Abstufungen. Doch die bewusste Überzeichnung erlaubt uns in diesem Fall, klar zu sehen, worum es geht: Einmal, die durchaus nicht unangenehme Form des Nicht-Müssens, auf der anderen Seite die Form des Nicht-Anders-Könnens. Wenn Sie mich fragen, so fällt es mir nicht schwer, eine der beiden als die sympathischere zu wählen, obschon die Arbeit mit ebenjener als externer Berater schwieriger ist.

Fraktion 1 sieht die Notwendigkeit von Veränderungen (noch) nicht, hat aber auch dahinter keinen massiven Druck, dafür das Budget, die Zeit und die Muße. Für einen langfristigen und dauerhaft erfolgreichen Prozess die weitaus bessere Grundlage. Fraktion 2 ist zwar sehr bestrebt, Dinge anzugehen, hat aber oft schon große Not und handelt aus eben jener heraus. Kein sehr schöner Zustand.

Wir brauchen Entscheidungsbereitschaft – bevor sie wirklich nötig wird

Nicht selten traf ich in den letzten Jahren auf Vermittlerbetriebe, die sich selbst in Fraktion 2 gesteuert haben, obwohl sie eigentlich dort gar nicht situiert sein müssten. Sie haben schlicht zu lange gewartet und die falschen oder zu langsame Entscheidungen getroffen. Sie haben sich davon täuschen lassen, dass Portemonnaie und Tagesgeldkonto gut gefüllt waren, aber nicht überlegt, was in fünf oder in zehn Jahren der Mehrwert der eigenen Unternehmung für die Kundschaft sein wird. Oder an anderer Stelle an der strategischen Unternehmerfront Bequemlichkeit regieren lassen.

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Verstehen Sie mich bitte nicht falsch: Es ist eine tolle Sache, wenn ein Vertriebsunternehmen Jahr für Jahr läuft und sich grundsätzlich auf Sicht keinerlei Sorgen zu machen braucht. Doch genau dies ist die perfekte Ausgangslage, um wirklich etwas zu verändern! Sprechen Sie einmal mit denen, die diesen Status nie erreicht haben oder zu lange untätig waren und nun arg rudern oder ihr Unternehmen verkaufen müssen.

Es ist eine epochale und nur bedingt dankbare Herausforderung, die Zukunft korrekt vorherzusagen. Und niemand kann dies mit absoluter Sicherheit tun. Doch wenn wir stets abwarten, etwas zu wagen, bis genügend andere sich vor uns damit ausprobiert haben, werden wir zwar sicher(er) sein, aber niemals Pionierarbeit leisten, Trends setzen oder Menschen durch einen echten Coup begeistern.

Eine solide Basis erlaubt Experimente mit Sicherheitsnetz

Sie gehören mit Ihrem Unternehmen zur Fraktion 1? Herzlichen Glückwunsch – viele in unserer Branche beneiden Sie. Für diesen Status haben Sie eine Vielzahl sehr guter Entscheidungen getroffen und verdienen Hochachtung. Doch da ist noch etwas: Durch die gute Arbeit, die Sie womöglich auch durch einige eher konservative Entscheidungen getroffen haben, bieten sich Ihnen nun Chancen, die Fraktion 2 verschlossen bleiben oder von ihr nur unter enormem unternehmerischen Risiko erschließbar sind.

Sie sind in der besten Lage, um neue Wege auszuprobieren, ohne dass Sie sich dabei übernehmen. Sie können Vorreiter in erfolgreicher Kundenberührung werden und dadurch so empfehlenswert sein, dass Neugeschäft sich ohne selbsternannte „Lead-Gurus“ wirklich automatisch abspielt. Durch ein versiertes, ein systematisches Erkennen und Nutzen bereits vorhandener Möglichkeiten in der omnikanalen Kommunikation, die viele in der Branche sträflich vernachlässigen.

Oder Sie probieren sich an einer ganz anderen Stelle aus. Seien Sie sich jedoch bitte stets der Themen und Werte bewusst, die Sie dorthin gebracht haben, wo Sie heute mit Recht stehen. Denken Sie an die Menschen, die dazu beigetragen haben. Vollführen Sie Veränderungen in Ihrem Unternehmen aus gemeinschaftlicher Überzeugung heraus und lassen Sie sich nicht davon reizen, was andere tun.

Seien Sie einzigartig! Seien Sie besonders. Und sorgen Sie dafür, dass Sie Ihren Kundinnen und Kunden nachhaltig im Gedächtnis bleiben. Sie haben alles dafür längst in Ihrem Unternehmen vorhanden.

Doch ist es auch wirklich weithin sichtbar, immer und überall?


Über den Autor:
Die Vorteile von Digitalisierung und digitaler Transformation in Vertrieb und Marketing der Assekuranz nutzbar zu machen – das ist die Passion von Sebastian Heithoff (*1986). Der selbstständige Unternehmensberater stieg 2007 in die Versicherungsbranche ein und ist seit 2012 digital unterwegs. Mit Heithoff Consulting setzt er auf die Kernbereiche Digital Enablement und Digitale Positionierung.

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