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Nachhaltigkeit im Kundengespräch Kommen 34fler um die ESG-Abfrage herum?

Mann im virtuellen Gespräch: Das Thema Nachhaltigkeit soll ab August auch in die Finanzberatung Einzug halten.
Mann im virtuellen Gespräch. | Foto: Andrea Piacquadio / Pexels

Ab dem 2. August sollen Berater des Finanz- und Versicherungsvertriebs ihre Kunden auch nach deren Nachhaltigkeitsvorlieben fragen, bevor sie ihnen einen Anlagevorschlag unterbreiten oder ein Finanzprodukt verkaufen. Das sieht die angepasste Finanzmarktrichtlinie Mifid II beziehungsweise die damit verbundene neugefasste Verordnung vor. Gilt die Pflicht aber wirklich für alle Vertriebsprofis, also Berater aller Zulassungen?

Das Finanzmedium Kapitalmarkt Intern hat in der vergangenen Woche mit einer Meldung für Unruhe in der Branche gesorgt: Finanzanlagenvermittler, also Finanzprofis mit einer gewerberechtlichen Zulassung nach Paragraf 34f GewO, müssten die Regeln gar nicht befolgen, hatte KMI gemeldet: Das habe auf Anfrage die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (Bafin) mitgeteilt.  

Der Starttermin der Nachhaltigkeitsabfrage ist nur noch knapp zweieinhalb Monate entfernt. Sollte jetzt tatsächlich kurzfristig Entwarnung für die Vermittler kommen? Da zum groben Rahmen weiterhin noch viele Detailregeln und fehlen, wäre der Wegfall der ESG-Abfrage für viele 34f-Profis vermutlich zunächst eine Erleichterung. Inhaber einer Lizenz nach 34f sind in Deutschland rund 39.000 Vertriebsprofis.

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Beim Bundesverband Finanzdienstleistung AFW äußert man sich ob der unerwarteten Meldung zurückhaltend. „Ich halte das für eine gewagte Aussage“, sagt Verbandsvorstand Norman Wirth. Der Rechtsanwalt gibt zu bedenken: Die 34fler seien nicht der Bafin, sondern den Industrie- und Handelskammern oder mancherorts den örtlichen Gewerbeämtern unterstellt. Die Bafin sei für sie somit nicht zuständig.

Neben dem Hinweis auf das Kompetenzwirrwarr gibt Wirth auch den juristisch wohl entscheidenden, recht komplexen Punkt zu bedenken: In der deutschen Finanzanlagenvermittlungsverordnung (FinVermV), die die Tätigkeit von 34f-Vermittlern regelt, wird in Paragraf 16 Absatz 1 Satz 3 auf eine europäische Delegierte Verordnung verwiesen, die Delegierte Verordnung 2017/565. Deren Artikel 54 wurde zwischenzeitlich durch eine eine andere Delegierte Verordnung (2021/1253) geändert.  „Diese Änderung tritt am 2. August 2022 in Kraft und verpflichtet Wertpapierfirmen, die Nachhaltigkeitspräferenzen der Anleger abzufragen“, erläutert Wirt.

Nun gelten 34f-Vermittler nach europäischer Lesart nicht direkt als Wertpapierfirmen, sondern fallen unter die Bereichsausnahme im deutschen Kreditwesengesetz (KWG). Für sie gilt daher die neu gefasste Delegierte Verordnung gar nicht unmittelbar. „Jedoch wird in Paragraf 16 Absatz 1, Satz 3 FinVermV ausdrücklich darauf verwiesen, dass Artikel 54 und 55 der Delegierten Verordnung 2017/565 anzuwenden sind“, gibt Wirth zu bedenken.

Die entscheidende Frage sei nun, ob es sich hierbei um einen „statischen“ oder einen „dynamischen“ Verweis handele. Ein statischer Verweis würde auf den bei Abfassung der FinVermV gültigen Artikel 54 verweisen, ein dynamischer Verweis auf den jeweils aktuellen Artikel 54.

„Genau in diesem Punkt bedarf es dringend Klarheit. Die unverbindliche Auskunft der Bafin gibt dazu bisher nichts her“, findet der AFW-Vorstand. Bis auf Weiteres würde er allen 34f-Vermittlern daher dringend raten, die neuen Pflichten ab dem 2. August zu erfüllen. „Besser, der Vermittler beachtet jetzt bereits die Regeln, als dass der Bundesgerichtshof vielleicht in zwei, drei Jahren final dazu urteilt, er hätte seine Pflichten nicht erfüllt – und das dann über Jahre hinweg“, mahnt Wirth.

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