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Aktualisiert am 15.02.2021 - 10:29 Uhrin MärkteLesedauer: 4 Minuten
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Kommentar Anleihemärkte Nach QE der EZB – Der Spagat zwischen Europa und dem Rest der Welt

Markus Peters, Senior Portfolio Manager Fixed Income, AB
Markus Peters, Senior Portfolio Manager Fixed Income, AB

„Die Europäische Zentralbank (EZB) hat mit ihrem jüngsten Kaufprogramm den Weg für anhaltend niedrige Kapitalmarktzinsen geebnet. Zudem erzeugt die Notenbank Druck auf den Euro, um sich dem gewünschten Inflationsziel von 2 Prozent anzunähern. Denn eine schwächere Währung kann die Preise anheben und auch das Wirtschaftswachstum ankurbeln. Die geldpolitischen Maßnahmen nehmen Stress aus dem Eurosystem, ihre positiven Effekte verpuffen aber irgendwann. Letztendlich verschafft das billige Geld der Politik etwas Zeit. Nachhaltige Lösungen müssten jedoch auch weitergehende Reformen beinhalten.

Euro-Rentenmärkte profitieren vorerst

Nach unserer Einschätzung werden die Renditen für Euro-Staatsanleihen noch für längere Zeit vergleichsweise stabil bleiben. Anleger können den von der EZB entfachten Rückenwind daher nutzen. Zwar dürfte das Zinsniveau deutscher Bundesanleihen kaum noch sinken. In einzelnen Peripheriemärkten besteht aber durchaus die Möglichkeit, dass die Renditeaufschläge auf deutsche Staatstitel weiter schrumpfen, was Kursgewinne zur Folge hätte.

Die Liquiditätsflut in Europa treibt die Investoren insgesamt in höherverzinsliche Segmente. Traditionell zählen hierzu auch Unternehmensanleihen. Bonitätsstarke Papiere bieten allerdings kaum noch angemessene Renditeaufschläge. Aussichtsreicher erscheinen Hochzinsanleihen. Manche High Yield-Rentenpapiere aus dem Euroraum halten wir zwar für überkauft. Andere Titel bieten aber weiterhin gute Investitionschancen. Dies gilt insbesondere für Wertpapiere, die weniger in relevanten Indizes vertreten sind und deren Bonitätsrating im unteren Bereich des BB-Spektrums oder im B-Bereich liegt.

Im europäischen High Yield-Bereich entscheiden die Auswahl und die Zusammensetzung der Einzeltitel über den Anlageerfolg. Eine ausgewogene Mischung von Ländern, Sektoren und Bonitäten ist wichtig. Bei Euro-Hochzinsanleihen könnten 2015 wirtschaftliche und politische Umschwünge immer wieder für vorübergehende Schwankungen sorgen. Solche Volatilitätsspitzen lassen sich im aktiv verwalteten Portfolio zum Erzielen von Zusatzerträgen nutzen. Denn im Jahresverlauf sollten die Maßnahmen der EZB der Anlageklasse Anleihen deutlichen Rückenwind verschaffen.

Blick über den Tellerrand

Anleiheanleger sollten aber auch andere Währungsräume in ihre Anlageentscheidungen einbeziehen. So können beispielsweise etwas besser verzinsliche Rententitel aus Großbritannien deutsche Bundesanleihen als Stabilitätsanker im Depot ersetzen.

Immer interessanter werden Rententitel aus Nordamerika. Zwar wird in den USA die Federal Reserve mittelfristig die Leitzinsen anheben und damit auch die Zinsen am Markt für US-Treasuries nach oben treiben. Doch aufgrund des gefallenen Inflationsdrucks infolge der stark gesunkenen Energiepreise dürfte die Notenbank vorsichtig agieren. Bereits der aktuelle Zinsvorsprung von US-Titeln spricht dafür, Dollarpapiere auf Anlagechancen hin abzuklopfen.

Im High Yield-Bereich sticht die Attraktivität von Zinspapieren aus Nordamerika besonders deutlich hervor. US-Hochzinspapiere warfen zuletzt 2,3 Prozentpunkte mehr ab als ihre Pendants im Euroraum. Damit fiel der Zinsunterschied (Spread) in diesem Segment so groß aus wie seit Jahren nicht mehr. Für diese Zinsdifferenzen gibt es allerdings auch einen handfesten Grund: In den USA haben zahlreiche Öl- und Gasförderer am High Yield-Markt Fremdkapital aufgenommen, um die Exploration unkonventioneller Energievorkommen („Fracking“) voranzutreiben. Durch den starken Ölpreisverfall im Jahr 2014 gerieten viele dieser Unternehmen unter Druck, weil sie nicht mehr kostendeckend arbeiteten.

Mehr als anderswo kommt es bei der Auswahl von US-Hochzinsanleihen somit auf die Wahl der richtigen Einzeltitel an. US-Anleihen mit CCC-Ratings entschädigen Anleger für die eingegangenen Ausfallrisiken noch immer nicht in angemessener Weise. Andere Hochzinsanleihen wurden dagegen zu stark abgestraft und verfügen über Erholungspotenzial.

Erst europäische Anleihen, dann US-Titel

2015 empfiehlt sich ein zweistufigen Vorgehen, um Anlagechancen an den Rentenmärkten wahrzunehmen. Zunächst gilt es, die von der EZB zusätzlich bereitgestellte Liquidität zu nutzen und an einem möglichen weiteren Aufschwung der Euro-Rentenmärkte zu partizipieren.

Im späteren Jahresverlauf sollte die Beimischung von US-Rentenpapieren in Betracht gezogen werden. Angesichts des höheren allgemeinen Zinsniveaus bietet der US-Markt mittelfristig überdurchschnittliche Perspektiven für Investoren, die Wert auf stetige Erträge legen. Zwar droht Gegenwind durch Zinsanhebungen der US-Notenbank, aber ganz so stark wie vor Jahresfrist noch angenommen sollte er den Anlegern nicht ins Gesicht blasen. Dies gilt insbesondere für Anlageklassen, die historisch dazu tendiert haben, weniger stark von Zinsschritten betroffen zu sein, wie beispielsweise der High Yield-Markt.

Als Beimischung können Schwellenländeranleihen dienen. Bei einem Engagement in den Emerging Markets empfiehlt sich jedoch ein stark selektives Vorgehen. So verfügen derzeit die Rentenmärkte Mexikos und Indonesiens über attraktive Fundamentaldaten. Insbesondere Indonesien geriet kürzlich ins Blickfeld der Investoren. Das bevölkerungsreiche Land strich kostentreibende Subventionen für Benzin und kündigte Wirtschaftsreformen wie zum Beispiel Investitionen in die Infrastuktur an. Brasilien kämpft unterdessen mit einer strauchelnden Wirtschaft. Auf die Landeswährung Real lautende Zinstitel halten wir aus taktischen Gesichtspunkten dennoch für attraktiv, weil diese Papiere Renditen von teilweise deutlich über zehn Prozent abwerfen.“

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