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Aktualisiert am 08.09.2017 - 12:32 Uhrin FondsLesedauer: 2 Minuten

Kommentar aus der Redaktion ETF-Markt: Sieg der Physik

DAS INVESTMENT-Redakteur Andreas Harms
DAS INVESTMENT-Redakteur Andreas Harms

Worin unterscheidet sich ein Indexfonds (ETF) von einer Wurst? Beim ETF weiß man jetzt, was drin ist. Zumindest annähernd.

So flatterte vor kurzem die Pressemitteilung herein, dass ETF-Anbieter Lyxor seine Produkte fast zur Hälfte auf die sogenannte physische Replikationsmethode umgestellt hat. Nun also auch er. Hinter dem Wort-Monstrum verbirgt sich, dass die Bestandteile des zu kopierenden Index auch tatsächlich in der gleichen Gewichtung im Fondsportfolio enthalten sind.

Denn ETFs können auch aus einem willkürlichen, indexfernen Portfolio bestehen. Die genaue Indexrendite kommt über ein Swap genanntes Tauschgeschäft als Zahlungsversprechen ins Portfolio. Aber spätestens seit der Finanzkrise 2008 und der Pleite einer der größten Investmentbanken der Welt zweifeln Anleger zunehmend an solchen Zahlungsversprechen.

Jahrelang war es eine Glaubensfrage, ob man physisch oder per Swap in Indizes einsteigen sollte. Die Anbieter lieferten sich immer wieder hoch unterhaltsame Wortgefechte. Heute heißt es dagegen vom geläuterten Swap-Verfechter Lyxor in der Pressemitteilung: „Gerade bei großen Märkten der Industrieländer erweist sich die physische Replikation häufig als vorteilhaft.“ Das klang vor ein paar Jahren noch anders.

Das Thema ist jetzt geklärt. Mit Lyxor ist der letzte große Verfechter der synthetischen Replikation – also mit Swap – gefallen. Fehlt nur noch der deutlich kleinere Bündnisbruder Comstage. Laut der Datenbank von „Bloomberg“ bauen zwar lediglich 574 von 1.096 in Deutschland notierten ETFs den Index physisch nach. Allerdings vereinen sie 255 von 360 Milliarden Euro in sich. Das nenne ich mal deutlich.

Wie bei anderen Glaubenskonflikten stellt sich auch hier die Frage, ob das bessere System gewonnen hat. Man denke nur an den Sieg der VHS-Kassette über das eigentlich technisch überlegene Video-2000-System. Bei „Blu-ray-Disc vs. HD-DVD“ werden wir es wohl nie erfahren.

Und auch bei ETFs muss ich zugeben, dass ich von der Präzision der Swap-Konstrukte anfangs durchaus angetan war und die physisch replizierende Konkurrenz etwas belächelt habe. Swap-ETFs hatten nicht den Performance-Abrieb durch Wertpapierhandel und Dividendenmanöver, sondern folgten dem Index nahezu perfekt. Allerdings war es schlicht bizarr, wenn in einem Dax-ETF plötzlich Aktien von Toyota auftauchten oder sogar Bundesanleihen. Insofern hat der Markt sicher weise entschieden, wenn er auf ein paar Basispunkte Rendite pfeift und stattdessen sagt: Was draufsteht, soll auch drin sein. Das ist bei anderen Produkten auch so (außer Nahrung), warum nicht auch hier? Insofern: Ein verdienter später Sieg für die Physiker.

Ebenso in Ordnung geht aber auch die Erkenntnis, dass Swap-Konstrukte auf kleinen, exotischen Märkten weiter ihren Sinn haben. Dort ist es schlicht zu teuer und schwierig, die Indizes tatsächlich nachzubauen. Aber das sind nur noch Nebenschauplätze.

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