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Kommentar: Der Rettungsschirm rettet nichts

Andreas Scholz, Redakteur DAS INVESTMENT.com<br>(Foto: Thomas Görny)
Andreas Scholz, Redakteur DAS INVESTMENT.com
(Foto: Thomas Görny)
Neulich an einem Unfallort. Ein Opfer liegt am Boden und muss beatmet werden. Sanitäter stürmen heran, einer beginnt die Luftzufuhr. Bald geht ihm die Luft aus, ihm wird schlecht, er kippt um. Seine Kollegen müssen helfen. Einer hilft ihm, ein anderer übernimmt das Opfer. Es rührt sich nach wie vor nicht. Da kommt ein weiteres Opfer hinzu, und dem nächsten Sani wird schlecht. Die anderen müssen ran und pumpen. Jetzt hat jeder, der noch stehen kann, einen vor sich liegen, dem er Sauerstoff zu spenden hat. Das Blöde ist nur: Die Helfer haben selbst Asthma.

Kommt das jemandem bekannt vor?

In der Politik offenbar kaum. Sonst würden Volksvertreter nicht immer wieder auf die absurde Idee kommen, aussichtslos verschuldete Länder von anderen hoch verschuldeten Ländern retten lassen zu wollen. Garantien sollen diese Länder stellen, sagen sie. Rettungsschirm nennen sie das Ganze. Zeit soll das bringen. Den Markt soll es beruhigen, sagen sie.

Aber glauben sie wirklich, abgebrühte Anleiheinvestoren lassen sich so leicht – pardon – anschmieren? Jetzt hat die Rating-Agentur Standard & Poor’s (S&P) das getan, was sie tun musste. Sie hat das Luftschloss auffliegen lassen und den Euroländern Frankreich und Österreich die Spitzennote AAA entzogen. Alles staunt, alles wundert sich. Und fordert nun, dass die restlichen AAA-Länder Finnland, Luxemburg, Deutschland und Niederlande mehr Garantie im Euro-Rettungsschirm übernehmen. Sie sollen jetzt den ganzen umgefallenen Rest beatmen. Dass damit auch diese Länder überfordert sind, und zwangsläufig ihr AAA verlieren werden, liegt auf der Hand. Aber offenbar nicht für jeden sichtbar. Und dann würden endlich alle Sanitäter ohnmächtig im Gras liegen.

Wie viel Naivität müssen wir noch jeden Tag ertragen? Der Schirm reicht nicht aus? Okay, hebeln wir ihn einfach – mit Geld, das noch nicht existiert und das wir nicht haben. Vielleicht kriegt’s ja keiner mit und die Märkte kaufen wieder unsere Anleihen. Und wenn nicht, muss eben die Zentralbank die Kurse manipu … ähem … aufpolieren.

Nur wollen Märkte so etwas gar nicht sehen. Sie wollen sparende Regierungen. Sie wollen endlich einmal ausgeglichene Haushalte, anstelle von Flickschusterei und Verzögerungstaktik. Das ist gut daran zu erkennen, dass die Anleiherenditen in Spanien, Irland und Italien schon zurückgingen, nachdem Sparprogramme und ein gewisser Wille zur Disziplin sichtbar wurden.

Jetzt Deutschland und die anderen noch atmenden Sanitäter für ihr verbliebenes AAA mit noch mehr Last büßen zu lassen, ist schlicht falsch. Denn dann liegen auch die bald keuchend im Gras. Es gibt nur zwei Lösungen: Entweder anpacken, sich zusammenraufen und die Haushalte aus eigener Kraft sanieren oder aufgeben und die Weiße Fahne schwenken. Dann war’s das halt gewesen.

Beides ist besser als herum zu taktieren, zu wurschteln und Rettungsschirme aufzublasen, gepaart mit unerträglichen politischen Grabenkämpfen. Die bringen niemandem was.

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