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Kommentar Markus Hill: „Man sollte keine Eulen nach Athen tragen“

Markus Hill
Markus Hill
Markus Hill ist unabhängiger Asset Management Consultant in Frankfurt. Seine Fachgebiete liegen in Marketing / Vertrieb / PR und in der Managerselektion. Hill beschäftigt sich intensiv mit Private Label Fonds, Fondsboutiquen und dem Einsatz von Publikumsfonds (Fondsselektion) bei Institutionellen: www.markus-hill.com

„Man sollte keine Eulen nach Athen tragen“, im übertragenen Sinne auf die Fondsindustrie würde das wohl bedeuten, dass viele Neuigkeiten keinen Neuigkeitswert hätten. Mehr als neue Produkte, Investmentsätze gibt es häufiger, eine Wiederkehr von Altbekanntem in neuem Outfit. Fondsvertrieb und Kommunikation bewegen sich interessanterweise auch in In- und Ausland oft in ähnlichen Bahnen.

Viele Phänomene aus der Fondsindustrie ließen sich mit etwas Abstraktionsvermögen leicht auf andere Industrien übertragen, ein mögliches Fazit: Hat man ein Produkt mit schlechten bis mittelprächtigen Eigenschaften, so hat man Schwierigkeiten bei Kommunikation und Absatz! („Mittelprächtig“ und „schlecht“ sind wertfrei zu betrachten, einfach als Statthalter für „im Vertrieb kontinuierlich schwer vermittelbaren Mehrwert für den institutionellen Investor – viele Kundenansprachen, viel Rechtfertigungsargumentation, ausgeprägtes, langfristiges Desinteresse seitens Fondsselektor).

Die Peitsche der Transparenz

Eine einfache Wahrheit, die auch für die Vermögensverwalter-Industrie gilt, wo bekannter weise – auch in der Natur der Sache liegend – nicht nur exzellente Fondsmanager den Markt bestimmen. Fairerweise ist anzumerken, dass die zum Beispiel die Peitsche der Transparenz im Fondsgeschäft den Anbietern das Leben schwer macht.

Ziehen betroffene in- und ausländische Anlageverwalter oft Konsequenzen aus der Positionierung im hart umkämpften Markt bei der Geschäftsstrategie oder im Bereich der Kommunikation mit Investoren?

Haken und Ösen im Vertrieb - Problemstellung bei betroffenen Anlagemanagern

Fondsboutiquen- und konzerngebundene Anlagemanager kämpfen mit den Problemen Transparenz, Fixkostenblock und mit dem Verteilungsproblem „Ressource Überdurchschnittliche Portfolio-Manager-Skills“. Diese Themenfelder besitzen jeweils verschiedene Gewichtungen in verschiedenen Organisationsformen.

Institutionelle Investoren können sich oft in Ruhe zurücklehnen und diverse Informationsquellen nutzen („Hitlisten“. Rankings, Ratings, Consultants, Datenbanken et cetera), viele Aktivitäten die heute im Vertriebsbereich bei Fondsgesellschaften praktiziert werden, würden wahrscheinlich neu überdacht werden („Nullbasisbudgetierung“), wenn vielleicht nicht auch einige sachfremde Erwägungen bei der Aufrechterhaltung bestehender Strukturen indirekt wirken würden.

Warum soll nach wie vor ein größerer Mitarbeiterstab Vertrieb betreiben, wenn die Zeiten des Kurzfrist-Performanceverkaufs aufgrund von Transparenz und Selektorenprofessionalität vorbei sind? wirtschaftlich erscheint? Wenn ich als Anbieter nicht bei den oberen 10 Prozent zu finden bin beziehungsweise nicht das Potential habe, in mittlerer Sicht hier aufzuschließen – über welches Thema kann ich mich dann sinnvollerweise mit einem institutionellen Investor unterhalten?

Typische Fallstricke für in- und ausländische Portfoliomanager

a)    “Don’t call us, we call you!”

Spricht man zum einen mit institutionellen Investoren im direkten Gespräch („Produkt-Feedback“) oder bei Branchenveranstaltungen im In- oder Ausland (Panel bei International Fund Forum Monaco, et cetera.), so finden sich kaum Unterschiede in der Wahrnehmung von Managementexpertisen wieder. Häuser mit exzellenter Performance und interessantem Ansatz (Kontinuität!)  - ein willkommener Aufhänger für den direkten Dialog.

Häuser mit mittelprächtiger bis schlechter Performance und Expertise – zäher Dialog, kaum Mehrwert im Gespräch, in Teilen bei direkter Ansprache durch Vertrieb bei den Investoren als „Ärgernis, Belästigung, Zeitverschwendung“ (Originalzitate: Family Office, Versorgungswerk, Private Banking-Fondsselektion) angesehen: „Don’t call us, we call you!“ – eine Einstellung mancher Investoren, die das Leben für den Vertriebler eines fußkranken Produkts nicht leichter macht.

Unverschuldet bekommt hier Sales die Prügel dafür, dass die Fondsgesellschaft vielleicht bei der Produktkonzeption nicht ihre Hausaufgabe gemacht hat beziehungsweise dass der Manager nicht nur kurz- bis mittelfristig eine Schwächephase hat. Ein völkerverständigendes Element ist hier vielleicht zu finden: Der in- und ausländische Vertriebsmann durchleben denselben Schmerz!

b)    Kontinuität bei mittelprächtiger bis schlechter Performance

Es ist verständlich, wie in vielen Industrien, dass Organisationen ihr Eigenleben entwickeln. Wenn ein Vertriebs-Apparat eine gewisse Größe entwickelt hat, muss Auslastung her. Man vergisst oft dabei, dass es exzellente Vertriebsleute gibt, die jedoch selbst bei bestem Netzwerk und Geschäftswert im Investorenbereich nicht Wasser zu Wein machen können.

Wenn das Produkt, der Manager, die Performance keinerlei Mehrwert im Dialog mit institutionellen Investoren erbringt, dann bekommt der Vertriebsmitarbeiter im Zweifelsfalle viele Höflichkeits- und Kaffeegespräche, aber keine Tickets.
Fairerweise muss man sagen, dass viele Auftraggeber mit der Tonnage-Ideologie „Termine, Termine, Termine“ zum einen das Prospekt-Netzwerk Institutionelle Investoren weit über Gebühr belasten können.

Bis hin zum Effekt, dass der eine oder andere Entscheider schon bei Kontaktaufnahme des entsprechenden Vertriebsmitarbeiter beziehungsweise wenn er den Namen des Anlagemanagers hört, sagt: „Bitte nicht durchstellen, dass ist der, der immer mit den fußkranken Produkten kommt!“.

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