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Kommentar: Provisionsabgabeverbot bleibt noch in Kraft

Philipp Mertens
Philipp Mertens
Wird das Provisionsabgabeverbot nach fast 80 Jahren zu den Akten gelegt? Nach einer rechtskräftigen Entscheidung des Verwaltungsgerichts Frankfurt ist das nicht mehr ausgeschlossen. Die Richter erklärten die Regelung aus dem Jahr 1934 für unwirksam. Ein Rechtsmittel gegen das Urteil zog die Bafin nun zurück. Philipp Mertens von BMS Rechtsanwälte erläutert, warum es dennoch verfrüht wäre, das endgültige Aus für das Provisionsabgabeverbot zu proklamieren.

Das Verwaltungsgericht (VG) Frankfurt musste sich im Herbst letzten Jahres aufgrund eines provozierten Verfahrens mit der Wirksamkeit des als Ordnungswidrigkeit geahndeten Provisionsabgabeverbotes beschäftigen (Az. 9 K 105/11.F). Gegenstand der Auseinandersetzung war eine Verfügung der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (Bafin) gegen einen Versicherungsmakler des Finanzdienstleisters AVL, der den Großteil seiner Provision für Lebensversicherungen an seine Kunden weiterreichen wollte. Er hatte dies zuvor der Bafin mitgeteilt, die ihm daraufhin ein Bußgeldverfahren androhte. Der Makler zog vor Gericht, um die Frage der Rechtmäßigkeit des Provisionsabgabeverbotes grundsätzlich prüfen zu lassen.

Verbot zu unbestimmt

Die Frankfurter Richter urteilten, dass die Anordnung von 1934 über das „Verbot von Sondervergütungen in irgendeiner Form“ zu unbestimmt und damit unwirksam sei. Rechtsvorschriften müssen hinreichend bestimmt sein, damit sich die Verwaltung bei ihrer Ausführung auf diejenigen Maßnahmen beschränkt, die nach der jeweiligen Vorschrift tatsächlich zugelassen sind. Dies gilt nach Ansicht des Verwaltungsgerichts Frankfurt insbesondere dann, wenn Grundrechte betroffen sind. In dem konkreten Fall sah das Gericht einen Eingriff in das Grundrecht der Berufsfreiheit des Klägers, weil ihn die Anordnung der Bafin in der Ausübung seines Berufs als Versicherungsvermittler beschränke.

Die Bafin griff das Urteil zunächst mit der so genannten Sprungrevision an, um zu erreichen, dass gleich das Bundesverwaltungsgericht (BVerwG) über die Frage der Rechtmäßigkeit des Provisionsabgabeverbotes entscheidet und sie nicht erst den Instanzenzug beschreiten muss. Nunmehr hat die Bafin auf die Sprungrevision gegen das Urteil verzichtet, weil sie den konkreten Einzelfall nicht als geeignet ansieht, um die Rechtmäßigkeit des Provisionsabgabeverbots als Ganzes höchstrichterlich klären zu lassen. Damit ist das Urteil des Verwaltungsgerichts Frankfurt zwar rechtskräftig. Das Provisionsabgabeverbot ist aber noch nicht hinfällig, denn die Bafin kündigte gleichzeitig an, das Verbot grundsätzlich zu prüfen.

Reform erwartet


Ich vermute, dass die Bafin das Verbot nicht in Gänze kippen, sondern eher modifizieren wird. Am Ende der Bafin-Prüfung würde dann eine neu formulierte Verordnung stehen, die der heutigen Vermittlerpraxis gerecht wird. Dabei wird zu berücksichtigen sein, dass die Bestimmungen in der Kranken- und in der Schaden-Unfallversicherung auf einer anderen Rechtsgrundlage beruhen als in der Lebensversicherung.

Für eine Reform des Provisionsabgabeverbotes spricht auch, dass sich erst kürzlich das Bundesverbraucherschutzministerium im Rahmen der Qualitätsoffensive Verbraucherfinanzen für eine solche ausgesprochen hat. Das BMELV sieht in einer Neuregelung der Provisionspraxis eine mit der marktwirtschaftlichen Ordnung vereinbare Möglichkeit, die Honorarberatung in Deutschland zu etablieren. Allerdings hat das Verbraucherschutzministerium zu erkennen gegeben, dass aus marktwirtschaftlichen und wettbewerblichen Gründen eine Abschaffung des Provisionsabgabeverbotes lediglich zu Gunsten von Versicherungsberatern denkbar sei. Zudem seien wegen der im Versicherungsbereich geltenden Stornohaftung  noch die technischen Details festzulegen, auf welche Weise und zu welchem Zeitpunkt die Provisionen an den Kunden weiterzugeben sind. Denkbar wäre beispielsweise eine ratierliche Weitergabe an den Kunden, verbunden mit einer Treuhandlösung für die noch ausstehenden Beträge. Es ist nicht ausgeschlossen, dass die Bafin das Provisionsabgabeverbot nunmehr in dieser Richtung überarbeitet.

Bußgelder ausgesetzt

Bis zum Abschluss der Prüfungen will die Bafin keine Verfahren wegen Verstößen gegen das Provisionsabgabeverbote mehr durchführen und auch keine Bußgelder verhängen. Dies lässt Makler, die das Verbot schon bisher zu umgehen versuchten, zunächst aufatmen. Es wäre allerdings verfrüht, wenn Vertriebe allein auf Grundlage der Frankfurter Entscheidung ihre Vergütungsmodelle umstellen würden. Ratsam ist vielmehr, die neue Lösung der Bafin abzuwarten.

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