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in RisikomanagementLesedauer: 3 Minuten

Kommentar von Björn Siegismund Trägheit des Value at Risk wird in der Krise zum Verhängnis

Björn Siegismund ist Investmentchef des Berliner Fintechs Kapilendo
Björn Siegismund ist Investmentchef des Berliner Fintechs Kapilendo | Foto: Kapilendo

Die Börsen sind angesichts der Corona-Pandemie im Panikmodus. Der Shutdown trifft die gesamte Wirtschaft in einem Ausmaß, das zuvor wohl niemand so erwartet hatte. Das aktuelle Kursniveau sollten vorausschauend agierende Anleger unseres Erachtens für erste Käufe nutzen. Für Investoren ist es in der aktuellen Situation durchaus sinnvoll, nicht nur den Index zu kaufen, sondern die unterschiedlichen Auswirkungen der Krise auf die Unternehmen zu berücksichtigen.

Sondersituationen im Blick

Wir setzen im Rahmen unserer Private Banking-Mandate vor allem auf Aktien in Sondersituationen und Aktien von Unternehmen, die über eine außerordentlich gute Substanz, also beispielsweise eine geringe Verschuldung, einen starken Ankerinvestor oder hohe Cashbestände verfügen. Hier kann der Anleger die Entwicklungen im Zuge von Corona vergleichsweise gelassen verfolgen, weil alle Voraussetzungen vorliegen, dass sich diese Titel mittelfristig wieder Richtung neuer Höchststände bewegen werden.

Für eine Vielzahl von Unternehmen mit hoher Verschuldung oder strukturellen Problemen, die bereits vor der Krise angeschlagen waren, sind wir jedoch skeptisch, dass sie die alten Kursniveaus nach dem Ende der Corona-Krise wieder erreichen werden. Exemplarisch genannt seien hier die Automobilbranche inklusive der Zulieferer sowie der Einzelhandel. Hier wird die Krise unseres Erachtens als dramatischer Beschleuniger des bereits seit längerem existierenden Disruptionsprozesses wirken.

Großteil der Robo-Advisor überzeugt nicht

Es hat sich in der aktuellen Krise sehr deutlich herauskristallisiert, dass ein großer Teil der am deutschen Markt aktiven Robo-Advisors nicht über die entsprechenden Investmentstrategien verfügt, um die Verluste in den Portfolios erfolgreich zu begrenzen. Insbesondere der viel besprochene Value-at-Risk-Ansatz hat in diesem dynamischen Abschwung einmal mehr seine Schwächen offenbart.

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Der Value-at-Risk-Ansatz steht und fällt mit der Güte der angenommen Verteilungsfunktion. Leider hat die Gaußsche Normalverteilung ihren Triumphzug auch in der Finanzwelt fortgesetzt. Zugegebenermaßen sind zahlreiche natur- und gesellschaftswissenschaftliche Phänomene normalverteilt, Wertpapierrenditen gehören allerdings nicht dazu. Während sich in der Normalverteilungswelt alles im runden Bauch der Glockenkurve abspielt, kennen Wertpapiere vor allem minimale Preisänderungen und extreme Preissprünge in Zeiten von Marktunruhen wie wir sie aktuell erleben.

Berechnet man also den Value at Risk auf Basis der Normalverteilung, unterschätzt man systematisch extreme Verlustrisiken. Gleichzeitig ist die Risikokennzahl so träge, dass es erst zu einer ausgeprägten Krise kommen muss, damit sich der Value at Risk anpasst. Vor diesem Hintergrund haben wir uns mit dem Allwetter-Ansatz ganz bewusst für einen anderen Weg entschieden.

Der Allwetter-Ansatz stellt sich auf die unterschiedlichen Marktszenarien mit vier risikoseitig gleichgewichteten Teilportfolios ein. Das Ergebnis ist eine Anlagestrategie, die nicht versucht die Märkte zu schlagen, sondern die Volatilität und die damit einhergehenden Risiken soweit wie möglich zu senken und gleichzeitig eine hohe Rendite zu erzielen.

 

Über den Autor:
Björn Siegismund verantwortet die Investment­strategie der Kapilendo-Gruppe. Er arbeitete mehr als zehn Jahre als Portfolio­manager beim BVV Ver­sicherungs­verein des Bank­gewerbes mit den Aufgaben der strategischen und taktischen Vermögens­allokation von rund 25 Milliarden Euro Anlage­volumen sowie deren operativer Umsetzung.

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