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Kommentar zur Griechenland-Wahl: Die wirklichen Gefahren lauern in Spanien und Italien

Andreas Meißner
Andreas Meißner
Unter nervöser Hochspannung hat die Welt-Finanzgemeinschaft am Sonntag die Wahl der Griechen verfolgt – wird der Wahlausgang doch als Orakel für die weiteren Entwicklungen im Euroraum gesehen. Das Ergebnis gibt erwartungsgemäß keinen Anlass zum Jubeln, aber es hilft, das Chaos an den Finanzmärkten zu verhindern. Der Euro zeigt sich stabil und die Aktienmärkte haben besonnen reagiert. Ist das nun die Entwarnung? - Mitnichten!

Die wirklichen Gefahren für den Fortbestand des Euros lauern nicht in Griechenland, sondern vielmehr in Spanien und Italien. Beide Länder weisen eine ausgeprägte Wachstumsschwäche und hoher Arbeitslosigkeit auf. Zusammen mit Griechenland leiden sie unter einem nie da gewesenen Vertrauensverlust an den Kapitalmärkten. Die wundersame Geldvermehrung an den Immobilienmärkten in Spanien und die jahrelange laxe Regierung Berlusconis in Italien haben tiefgreifende Spuren hinterlassen. Die IWF-Chefin Christine Lagarde und der US-Großinvestor George Soros rechnen gar mit einem baldigen Zerbrechen der Eurozone.

Welche Möglichkeiten hat nun Europa? Um Fehlentwicklungen einzelner Mitgliedsstaaten wieder in die richtige Richtung zu lenken, braucht es dringend Reformen. Reformen brauchen aber Zeit und Geld. Kapital wird aber von Investoren nur zur Verfügung gestellt, wenn eine Perspektive besteht. Und genau hier ist die Stellschraube. Es wird Zeit, dass Europa und allen voran die wirtschaftlich angeschlagenen Länder Ernst machen und mit einschneidenden und tragfähigen wirtschaftspolitischen Konzepten Perspektive schaffen. Ein Masterplan muss her. Ein Masterplan, der allen Menschen im Detail erläutert werden muss und anschließend nachhaltig umgesetzt wird.

Würde das die Kapitalmärkte beruhigen? Wir glauben ja. Finanzmarktteilnehmer sind gierig und gleichzeitig risikoscheu. Sie sind oft psychologisch motiviert und stehen nicht im Ruf, ausgesprochen treu zu sein. Diese Eigenschaften können negativ, aber auch positiv wirken. So schnell wie die Markteilnehmer einer Region oder einer Währung den Rücken kehren, so schnell werden sie sich wieder dafür begeistern.

Glaubhafte und überzeugende Reformschritte sowohl auf Ebene der Mitgliedsländer als auch auf der Ebene Europas, durchgreifendes Risikomanagement in der Bankenlandschaft, Bekämpfung der Korruption und Arbeitslosigkeit führen zu mehr Wettbewerbsfähigkeit, zu mehr Perspektive für die Bürger und zu mehr Vertrauen an den Kapitalmärkten. Wird diese Herkules-Aufgabe beherzt angegangen, hat Europa alle Voraussetzungen, wirtschaftlich erfolgreich und politisch einflussreich zu werden. Die Kapitalmärkte werden es langfristig mit steigenden Aktienkursen und einer Normalisierung in der Zinslandschaft belohnen.

Wie soll ich mich in dieser schwierigen Lage als Anleger verhalten?


Anleger sollten weiter vorsichtig und besonnen agieren und im Zweifel Sicherheit vor Rendite bevorzugen. Einseitig auf ein Auseinderbrechen der Eurozone zu spekulieren und das Vermögen daraufhin auszurichten, wäre ein schlechter Rat. Aktien- und Währungsmärkte werden in den nächsten Monaten sehr sensibel auf Nachrichten aus dem Euroraum reagieren und voraussichtlich hohe Schwankungen aufweisen. Wir empfehlen deshalb weiterhin, das Vermögen auf möglichst viele unterschiedliche Anlagestrategien und Anlageklassen zu verteilen und kurzfristig liquidierbar zu halten. Darüber hinaus sollten Teile davon auch außerhalb der Eurozone in andere Währungen geparkt und in physisches Gold investiert werden.

Um zusätzliche Bonitätsrisiken gering zu halten, sind strukturierte Investments, wie zum Beispiel Zertifikate, eher zu meiden und Direktinvestments oder Sondervermögen von Fonds zu bevorzugen. Bei der Auswahl von Anleihen sollte der Anleger sich auf supranationaler Emittenten und global tätiger Unternehmen guter Bonität beschränken und eine kurze Laufzeit wählen.   

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