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Kommentare und Meinungen „Mario Draghi legt die Zündschnur“

in AnalysenLesedauer: 7 Minuten
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Daniel Lenz, Experte für Zinsstrategie und Staatsanleihen bei der DZ Bank

Die EZB verzichtet bei ihrer heutigen Ratssitzung zwar darauf, bereits neue Lockerungsmaßnahmen zu beschließen, ihre Ankündigungen sind aber weit mehr als vage Andeutungen. Die Währungshüter stehen parat, sich mit weiteren umfangreichen geldpolitischen Lockerungsmaßnahmen gegen den schwindenden Preisdruck und wirtschaftliche Risiken zu stemmen. Der Ende Oktober scheidende EZB-Chef beschönigt bei der Einschätzung der wirtschaftlichen Lage nichts. Der Ausblick werde "schlechter und schlechter".

Die Beschlüsse und Kommentare im Einzelnen

  • Die Notenbank nennt in ihrer Presseerklärung erstmals ihr Inflationsziel von unter, aber nahe 2 Prozent nicht ausdrücklich. EZB-Chef Mario Draghi bestätigt Diskussionen innerhalb des Rates über das jetzige Inflationsziel sowie symmetrische Inflationsziele, schließt aber aus, dass der Rat die aktuell niedrigen Inflationsraten akzeptieren werde. Spekulationen über eine Anpassung des Inflationsziels in Richtung eines symmetrischen Ziels dürften damit zunehmen.
  • Die EZB reagiert auf den geringen Preisdruck und die steigenden wirtschaftlichen Risiken in der Eurozone mit einer Anpassung ihrer Forward Guidance. Die Wahrscheinlichkeit einer weiteren Senkung des Einlagesatzes hat sich damit deutlich erhöht.
  • Der EZB-Rat stellt einen gestaffelten Einlagesatz in Aussicht. Er bereitet den Markt auf einen unteren Einlagesatz vor, der merklich unter dem aktuellen Satz in Höhe von minus 0,4 Prozent liegen könnte.
  • Die Notenbank sieht verstärkten geldpolitischen Handlungsdruck vor dem Hintergrund niedriger aktueller Inflationsraten sowie -erwartungen. Sie betont sowohl ihren Handlungswillen als auch die Bereitschaft, alle der ihr zur Verfügung stehenden Instrumente einzusetzen. Auf der Pressekonferenz betonte Draghi abermals, dass erhebliche geldpolitische Impulse nötig seien. Dies weckt die Erwartungen, dass die EZB wahrscheinlich schon auf ihrer kommenden Sitzung im September weitere konkrete Lockerungsmaßnahmen verkünden wird. Auf der Pressekonferenz stellte der EZB-Chef außerdem die Bekanntgabe weiterer QE-Details für die September-Sitzung in Aussicht.
  • Eine Wiederaufnahme der Netto-Neukäufe im Rahmen des Anleihekaufprogramms APP ist damit deutlich wahrscheinlicher geworden. Sollte die EZB trotz der klaren Aussagen doch noch auf zusätzliche Anleihekäufe verzichten, wäre das aus Marktsicht eine herbe Enttäuschung.

Marktreaktion

  • Der Anleihemarkt reagierte zunächst mit kräftigen Kursgewinnen auf die EZB-Ankündigungen. Investoren setzen klar auf die Wiederaufnahme der Anleihekäufe, sodass vor allem Renditen von EWU-Anleihen mit längerer Laufzeit stark fielen. Im Laufe der Pressekonferenz setzten zwischenzeitlich Gewinnmitnahmen ein - nicht zuletzt, da Draghi auf Nachfrage das Risiko einer Rezession weiterhin als eher gering einschätzt.
  • Die Renditen italienischer Staatsanleihen sanken nach der EZB-Ankündigung zwischenzeitlich um mehr als zehn Basispunkte. Anleger gewichten den Einfluss neuer Anleihekäufe durch die EZB höher als die anhaltend hohen politischen und fiskalischen Risiken. Auch hier drehte der Markt wenig später ins Gegenteil.
  • Der Euro reagierte zwischenzeitlichen mit leichten Verlusten gegenüber dem US-Dollar auf die Aussicht weiterer geldpolitischer Lockerungsmaßnahmen der EZB, konnte sich im Verlauf der Sitzung jedoch wieder erholen.

Gerry Fowler, Investment-Direktor bei Aberdeen Standard Investment

Draghi und die EZB haben sich in den letzten Jahren angewöhnt, die Märkte mit ihrem zurückhaltenden Vorgehen zu überraschen - aber heute ist es ihnen nicht gelungen. Die Zinsen wurden nicht weiter in den negativen Bereich gesenkt, aber dies ist noch im September wahrscheinlich. Auch Anleihekäufe könnten kommen. Die Märkte haben sich bisher auf die Neuigkeiten in Bezug auf den Euro nicht viel bewegt und die Renditen von Bundesanleihen sind zunächst leicht gesunken. Das bedeutet, dass die Messlatte für die Fed nicht ganz so hoch liegt, wie sie nächste Woche hätte liegen können. Wir erwarten, dass sie dann die Zinsen senken wird, aber eine Lockerung der EZB und ein schwächerer Euro heute, hätten es Powell erschwert, einen erneuten Sturm auf Twitter oder eine umgehende Intervention von Präsident Trump in Bezug auf den US-Dollar zu vermeiden.

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