Kommentar zur Kompass-Posse
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Seit April wird auf offener Bühne über das Insurtech Kompass gestritten. Zwischenzeitlich war vor allem der Aufsichtsrat in Erklärungsnot geraten. Doch der Unmut einer genervten Branche dürfte am Ende alle Beteiligten treffen. Zu groß sind Intransparenz und taktische Spielchen. Ein Kommentar.
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Subtiler und pointierter Streit kann etwas sehr Unterhaltsames sein. Doch davon hat der seit zwei Monaten andauerte Streit bei einem kleinen und bisher wenig beachteten Insurtech namens Kompass so gar nichts. Kein Platz für Zwischentöne oder Generosität. Stattdessen von Anbeginn der pure Eskalationsmodus. Eigentlich schon kein Streit mehr, sondern ein Krieg der Worte, ein Vorwurfs-Wettbieten un...
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Subtiler und pointierter Streit kann etwas sehr Unterhaltsames sein. Doch davon hat der seit zwei Monaten andauerte Streit bei einem kleinen und bisher wenig beachteten Insurtech namens Kompass so gar nichts. Kein Platz für Zwischentöne oder Generosität. Stattdessen von Anbeginn der pure Eskalationsmodus. Eigentlich schon kein Streit mehr, sondern ein Krieg der Worte, ein Vorwurfs-Wettbieten und ein beidseits stets sinnloser Versuch über Pressemitteilungen die Deutungshoheit zu gewinnen. Der wohl nervigste und peinlichste Konflikt der jüngeren Branchengeschichte.
Dabei haben beide Parteien nach meiner Ansicht eines völlig übersehen: In der öffentlichen Meinung gibt es für sie nichts mehr zu gewinnen. Abberufener Vorstand mit vermeintlicher Nachfolge-Gesellschaft (Kompass Group Deutschland) und Aufsichtsrat mit vermeintlicher Kontrolle über alte Gesellschaft (Kompass Group) – beide haben im öffentlichen Ansehen längst verloren, daran kann nach meiner Überzeugung ein juristischer Sieg einer Seite nichts mehr ändern.
Kaum einer versteht die Auseinandersetzung noch
Denn so ziemlich jeder, mit dem man in der Branche spricht, ist von der Posse um das Start-up nur noch genervt. Viele haben längst abgeschaltet und lesen die x-te vermeintliche Neuigkeit nicht mehr. Die zahlreichen Medien-Veröffentlichungen, die meist ohne Einordnungen daherkommen, lassen die Protagonisten anscheinend fälschlicherweise etwas anderes glauben und immer so weiter machen. Da kann auch mal um 0.35 Uhr eine Pressemitteilung verschickt werden, so als sei diese so wichtig, dass man damit nicht bis zum nächsten Morgen hätte warten können.
Ein Grund für das Wegklicken und Wegnicken des Publikums liegt darin, dass kaum einer der Entwicklung noch wirklich folgen kann. Es wird gar oft gar nicht mehr verstanden, worum es geht. Die Taktung ist zu eng und der Fokus liegt nicht auf Fakten, sondern auf einer Interpretation der eigenen, stets voneinander abweichenden Realität.
Die Beteiligten übersehen hierbei nach meiner Auffassung völlig, wie vollkommen intransparent sie agieren, indem sie überwiegend nur auf einer formal-juristischen Ebene argumentieren. Die wirklich wichtigen Fragen werden nicht beantwortet. Wie können zwei Firmen mit nur einem physisch existenten Firmensitz und nur einer Mitarbeiterschaft gleichzeitig operativ tätig sein? Warum wurde das Rückkaufangebot der Anteile des im Fokus stehenden Aufsichtsratsmitglieds U. von diesem nicht akzeptiert? Warum war den ursprünglichen Anteileignern, wie sie selbst sagen, überhaupt über Monate die Kontrolle des Unternehmens entzogen? Es wird nichts erklärt, es wird nur bezichtigt.
Hinzu kommt ein schlichtes Verständnisproblem über die Kompass-Geschehnisse. Als durch einen anwaltlichen Compliance-Bericht eine Art Meta-Ebene eingezogen werden musste, war für viele der Grad der Überforderung erreicht. Plötzlich musste der Kompass-Beobachter sich auch noch Enthüllungen in der ARD-Mediathek über dubiose Geschäftspraktiken von Firmen im Immobiliensektor anschauen, in denen Aufsichtsrat U. Geschäftsführer ist. Daraus entstand ein schwer verständliches Argumentationsgebilde, das die Notwendigkeit der Neugründung von Kompass ohne U. erklären sollte.
Zwischendurch sah es nach Aufklärung aus
Dabei, und auch das sollte nicht außer Acht gelassen werden, kann man in dieser Phase des Konflikts beide Seite nicht über einen Kamm scheren. Zwar ist das Weitergeben eines anwaltlichen Berichts ein taktisches Manöver des alten Vorstands um Matthias Schmidt, mit dem man gezielt die Meinung in seinem Sinne beeinflussen wollte.
Doch sind die Ergebnisse der Untersuchung nicht von der Hand zu weisen. Die Erklärung des Gefährdungspotenzials für die weitere Kompass-Entwicklung und die abschreckende Wirkung auf Investoren mit einem Aufsichtsrat U. an Bord, dessen Firma mit knapp zehn Prozent Mitgesellschafter bei den Karlsruhern ist, ist nachvollziehbar. Vor allem durch den Präzedenzfall Mike Wlach. Der potenzielle Investor zog sich genau aus den im Bericht dargestellten Umständen zurück.