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Warum der Kompass-Streit die ganze Branche nervt

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Subtiler und pointierter Streit kann etwas sehr Unterhaltsames sein. Doch davon hat der seit zwei Monaten andauerte Streit bei einem kleinen und bisher wenig beachteten Insurtech namens Kompass so gar nichts. Kein Platz für Zwischentöne oder Generosität. Stattdessen von Anbeginn der pure Eskalationsmodus. Eigentlich schon kein Streit mehr, sondern ein Krieg der Worte, ein Vorwurfs-Wettbieten und ein beidseits stets sinnloser Versuch über Pressemitteilungen die Deutungshoheit zu gewinnen. Der wohl nervigste und peinlichste Konflikt der jüngeren Branchengeschichte.
Dabei haben beide Parteien nach meiner Ansicht eines völlig übersehen: In der öffentlichen Meinung gibt es für sie nichts mehr zu gewinnen. Abberufener Vorstand mit vermeintlicher Nachfolge-Gesellschaft (Kompass Group Deutschland) und Aufsichtsrat mit vermeintlicher Kontrolle über alte Gesellschaft (Kompass Group) – beide haben im öffentlichen Ansehen längst verloren, daran kann nach meiner Überzeugung ein juristischer Sieg einer Seite nichts mehr ändern.
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Subtiler und pointierter Streit kann etwas sehr Unterhaltsames sein. Doch davon hat der seit zwei Monaten andauerte Streit bei einem kleinen und bisher wenig beachteten Insurtech namens Kompass so gar nichts. Kein Platz für Zwischentöne oder Generosität. Stattdessen von Anbeginn der pure Eskalationsmodus. Eigentlich schon kein Streit mehr, sondern ein Krieg der Worte, ein Vorwurfs-Wettbieten und ein beidseits stets sinnloser Versuch über Pressemitteilungen die Deutungshoheit zu gewinnen. Der wohl nervigste und peinlichste Konflikt der jüngeren Branchengeschichte.
Dabei haben beide Parteien nach meiner Ansicht eines völlig übersehen: In der öffentlichen Meinung gibt es für sie nichts mehr zu gewinnen. Abberufener Vorstand mit vermeintlicher Nachfolge-Gesellschaft (Kompass Group Deutschland) und Aufsichtsrat mit vermeintlicher Kontrolle über alte Gesellschaft (Kompass Group) – beide haben im öffentlichen Ansehen längst verloren, daran kann nach meiner Überzeugung ein juristischer Sieg einer Seite nichts mehr ändern.
Kaum einer versteht die Auseinandersetzung noch
Denn so ziemlich jeder, mit dem man in der Branche spricht, ist von der Posse um das Start-up nur noch genervt. Viele haben längst abgeschaltet und lesen die x-te vermeintliche Neuigkeit nicht mehr. Die zahlreichen Medien-Veröffentlichungen, die meist ohne Einordnungen daherkommen, lassen die Protagonisten anscheinend fälschlicherweise etwas anderes glauben und immer so weiter machen. Da kann auch mal um 0.35 Uhr eine Pressemitteilung verschickt werden, so als sei diese so wichtig, dass man damit nicht bis zum nächsten Morgen hätte warten können.
Ein Grund für das Wegklicken und Wegnicken des Publikums liegt darin, dass kaum einer der Entwicklung noch wirklich folgen kann. Es wird gar oft gar nicht mehr verstanden, worum es geht. Die Taktung ist zu eng und der Fokus liegt nicht auf Fakten, sondern auf einer Interpretation der eigenen, stets voneinander abweichenden Realität.
Unbeantwortete Fragen
Die Beteiligten übersehen hierbei nach meiner Auffassung völlig, wie vollkommen intransparent sie agieren, indem sie überwiegend nur auf einer formal-juristischen Ebene argumentieren. Die wirklich wichtigen Fragen werden nicht beantwortet. Wie können zwei Firmen mit nur einem physisch existenten Firmensitz und nur einer Mitarbeiterschaft gleichzeitig operativ tätig sein? Warum wurde das Rückkaufangebot der Anteile des im Fokus stehenden Aufsichtsratsmitglieds U. von diesem nicht akzeptiert? Warum war den ursprünglichen Anteileignern, wie sie selbst sagen, überhaupt über Monate die Kontrolle des Unternehmens entzogen? Es wird nichts erklärt, es wird nur bezichtigt.
Anwaltsbericht liefert schwer vermittelbare Erkenntnisse
Hinzu kommt ein schlichtes Verständnisproblem über die Kompass-Geschehnisse. Als durch einen anwaltlichen Compliance-Bericht eine Art Meta-Ebene eingezogen werden musste, war für viele der Grad der Überforderung erreicht. Plötzlich musste der Kompass-Beobachter sich auch noch Enthüllungen in der ARD-Mediathek über dubiose Geschäftspraktiken von Firmen im Immobiliensektor anschauen, in denen Aufsichtsrat U. Geschäftsführer ist. Daraus entstand ein schwer verständliches Argumentationsgebilde, das die Notwendigkeit der Neugründung von Kompass ohne U. erklären sollte.
Zwischendurch sah es nach Aufklärung aus
Dabei, und auch das sollte nicht außer Acht gelassen werden, kann man in dieser Phase des Konflikts beide Seite nicht über einen Kamm scheren. Zwar ist das Weitergeben eines anwaltlichen Berichts ein taktisches Manöver des alten Vorstands um Matthias Schmidt, mit dem man gezielt die Meinung in seinem Sinne beeinflussen wollte.
Doch sind die Ergebnisse der Untersuchung nicht von der Hand zu weisen. Die Erklärung des Gefährdungspotenzials für die weitere Kompass-Entwicklung und die abschreckende Wirkung auf Investoren mit einem Aufsichtsrat U. an Bord, dessen Firma mit knapp zehn Prozent Mitgesellschafter bei den Karlsruhern ist, ist nachvollziehbar. Vor allem durch den Präzedenzfall Mike Wlach. Der potenzielle Investor zog sich genau aus den im Bericht dargestellten Umständen zurück.
Immer wieder widerlegbare Aussagen
Der scharf angegriffene Aufsichtsrat, deren Vorsitzender Hans-Gerd Coenen in einer für mich nicht nachvollziehbaren Nibelungentreue bis heute zu U. hält, schoss hierbei mehrere Eigentore. Erst tat er unserer Redaktion gegenüber auf Nachfrage so, als sei ihm der aus dem Compliance-Bericht hervorgehende monatelange Konflikt bei Kompass unbekannt. Dabei belegen die im Bericht veröffentlichte Kommunikation rund um eine Aufsichtsratssitzung und die Aussagen des Ex-Aufsichtsratskollegen Wlach für mich klar das Gegenteil.
Parallel behauptete der frühere Chef der GHV Versicherung immer wieder öffentlich, dass die Vorstände mit einer Inszenierung des Themas Reputationsrisikos über die beauftragte Anwalts-Untersuchung von eigenem Fehlverhalten ablenken wollten. Doch welches Fehlverhalten meinte er? Coenen kritisierte stets nur die aus seiner Sicht unrechtmäßige Firmenneugründung. Wenn das, das Fehlverhalten sein soll, von dem er sprach, dann kann der Bericht mit seinen Schlussfolgerungen zu Reputationsrisiken nur dann als Ablenkungsmanöver taugen, wenn er nach Abberufung und Gründung der Kompass Group Deutschland im April in Auftrag gegeben wurde. Tatsächlich geschah dies aber Monate vorher, sodass Coenens Vorwurf nicht nachvollziehbar ist.
Abwehr mit allen Mitteln
Man kann Coenen vielleicht noch zugutehalten, dass er bei seinen ersten Antworten nicht wissen konnte, dass ein solcher Bericht noch Details ans Licht bringen würde, von denen er glaubte, sie blieben im Verborgenen. Ich würde so etwas eine Falschbehauptung aus taktischen Gründen nennen. Für mich aber völlig unverständlich ist die Behauptung, Fragen im Zusammenhang mit dem Bericht schon deswegen nicht beantworten zu können, weil einem dieser nicht vorliegt. Eine untaugliche Ausrede, da Coenen nur zu Ereignissen der jüngeren Vergangenheit Stellung nehmen sollte, an denen er selbst beteiligt war und an die er sich erinnern können müsste.
Irgendwann schienen Coenen die Fragen komplett zu viel zu sein. Er verunglimpfte kritische Berichterstattung mit martialischen Worten und unterstellte eine persönliche Nähe zu Schmidt, den man seinem angeblich begangenen Geheimnisverrat unterstütze. Gleichsam wurden rechtliche Schritte angedroht. Solche Drohungen hatte auch die von Aufsichtsratskollege U. vorgeschickte Anwältin in petto.
Noboby als Sanierer
Daneben verkaufte er die Öffentlichkeit meines Erachtens schlicht für dumm, indem er einen Nobody, aus dessen eigenen Angaben sich keinerlei Branchenerfahrung ablesen lässt, in der Rolle eines Unternehmenssanierers präsentierte. Wobei der betreffende 25-Jährige zwar erstaunlich viele Gesellschafter-Posten hat, aber natürlich ausgerechnet das Unternehmen in seiner Vita auslässt, das eine unmittelbare Verbindung zum umstrittenen U. belegt. Die Chuzpe, nach einer solchen Enthüllung an der Legende dieser Person und seiner Rolle festzuhalten, muss man erstmal haben.
Unwahrheit oder Trick – am Ende ist das egal
Echten Widerspruch erntete Coenen an anderer Stelle und das vom ausgestiegenen Investor Wlach. Sein Vorwurf an den Aufsichtsratschef, die Unwahrheit gesagt zu haben, ist für mich verständlich. Denn die Aussage von Coenen, Wlach habe sein Mandat schon vor der Abstimmung über die Abberufung des Vorstands niedergelegt und der Beschluss sei dann einstimmig ausgefallen, konnte dieser mit einer an den Aufsichtsratschef versandte Mail glaubwürdig widerlegen.
Wlach hatte eindeutig dagegen gestimmt. Selbst wenn der Aufsichtsrat ohne Wlach noch einmal neu abgestimmt haben sollte, um die gewünschte Einstimmigkeit herzustellen, ist die Behauptung von Coenen bei dieser Sachlage pauschal von Einstimmigkeit zu sprechen, bei freundlicher Auslegung ein Taschenspielertrick.
Mit Ruhm bekleckerte sich die Seite der Ex-Vorstände derweil allerdings auch nicht. Sie vermied auf der Website des Unternehmens jeden Hinweis zu der Auseinandersetzung und versuchte Kunden zu suggerieren, es ginge alles weiter wie bisher. Der Name Kompass Group Deutschland tauchte dabei nur in einer Pressemitteilung auf. Erst mit viel Verzögerung kam auf die Website ein dezenter Hinweis, dass es sich bei Schmidt und den Kollegen Marcus Renziehausen und René Fuchs um designierte Vorstände handelt.
Imagebildung zur Unzeit
Derweil nutzte Schmidt in bester Start-up-Gründer-Mentalität die sozialen Medien als Spielweise für seine unglückliche Selbstinszenierung. Dabei mag man über Formulierungen wie „Ich hasse Außendienst“ oder über einen chronologischen Abriss seines Lebens, bei dem man von Dingen (Zocken, Partys, Frauen, Drogen) erfuhr, die einen partout nicht interessieren wollen, noch gelassen hinwegsehen.
Das sollte aber nicht für die fehlende Demut gelten, großspurig den vermeintlichen Erfolgsweg seines Unternehmens zu beschreiben, während parallel so ein Konflikt tobt, den Schmidt scheinbar kategorisch ausblenden will. Das aktuelle Beispiel von Julian Teicke und Wefox sollte eigentlich jedem in der Branche Warnung genug sein. Dabei muss man wissen, dass das unübersichtliche Kompass-Geschäftsmodell, zu dem jetzt noch ein Assekuradeur stoßen soll, in Maklerkreisen wahrlich nicht nur Freunde hat. Ein bestens vernetzter Branchenkenner nennt es „einen bunten Freizeitpark von Baustellen“.
Neue Fragen durch Schweizer Prozess
Und gerade in dem Moment, wo es für den abberufenen Vorstand nicht mehr so gut läuft und man vor Gericht eine erste Niederlage kassiert, zieht dieser sich in sein Schneckenhaus zurück und folgt dem Beispiel der Gegenseite in der Nichtbeantwortung von Fragen. Im Fokus steht nun ein ominöses juristisches Verfahren in der Schweiz. Eines, das offenbar schon seit Monaten läuft und für die Frage, wer die Kontrolle über die alte Kompass Group hat, entscheidend sein soll. Wer aber schon vor zwei Monaten in die Offensive gegangen ist und so tat, als sorge er für Aufklärung zu den Hintergründen der Auseinandersetzung, hätte dieses Thema nach meiner Meinung schon damals nicht verschweigen dürfen.
Das, was sich jetzt alle wünschen würden, nämlich Ruhe vor dem Thema Kompass scheint nicht in Sicht. Was einst unbedingt verhindert werden sollte, ist auf anderer Ebene in beispielloser Weise erreicht worden – ein nachhaltiger Reputationsschaden.



