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Gut erklärt Wann man Währungskurse absichern sollte, und wann nicht

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Das Wechselkursrisiko für einen deutschen Privatanleger mit Heimatwährung Euro ist im Falle eines solchen ETF mit der Berichtswährung Euro exakt gleich hoch wie bei einem ETF mit der Berichtswährung Dollar. Die Berichtswährung ist eine willkürlich gewählte Recheneinheit zum Ausdrücken einer von ihr grundsätzlich unabhängigen ökonomischen Substanz. Angenommen der MSCI World Index rentiert in einem gegebenen Kalenderjahr in USD mit 5 Prozent. Im gleichen Jahr wertet der EUR gegenüber dem USD um 5 Prozent auf. Anleger Franz und Anlegerin Sissi, die in Wien leben (ihre funktionale Währung ist der Euro), haben in zwei MSCI-World-ETFs investiert. Franz (ihm gehört ETF A) hat die Fondswährung USD und Sissi (ihr gehört ETF B) EUR.

Wie wirkt sich dieser Unterschied auf die von Franz und Sissi realisierten Renditen aus? Bei ETF A wäre die „berichtete“ Rendite (die Fondsrendite) 5 Prozent, also die Rendite in USD. Franz und Sissi kalkulieren aber beide in Euro – nur diese Rendite ist für die beiden am Ende des Tages von Belangen. „Netterweise“ rechnet Franz' österreichische Depotbank ihm die USD-Rendite von ETF A im monatlichen Depot-Report in Euro um und in Euro sind es 0 Prozent. Beim ansonsten identischen ETF B von Sissi mit der Fondswährung Euro ist die berichtete Rendite von vornherein 0 Prozent, weil bereits die Fondsgesellschaft die Umrechnung vorgenommen hat.

Die Berichtswährung bedeutet nichts

Das Ergebnis ist gehupft wie gesprungen. Ergo: Die Berichtswährung eines Fonds ist wirtschaftlich bedeutungslos. Für das echte Währungsrisiko in einer bestimmten funktionalen Währung kommt es nur auf die ökonomische Substanz an, die natürlich in beiden ETFs identisch ist – schließlich replizieren sie denselben Index. Der Umstand, dass mehrere Fonds für ein und denselben Index angeboten werden, die unterschiedliche Berichtswährungen haben, ist ein irrelevantes Marketing-Gimmick, das Anlegern einen nicht existierenden Unterschied beim Risiko suggeriert.

Nun zu Aspekt (d), den Kosten. Wechselkurssicherung ist nicht gratis und je langfristiger solches Hedging ist, desto tendenziell teurer wird es. Ferner: Je „exotischer“ das abzusichernde Währungspaar ist, desto kostspieliger wird die Absicherung. Kurzfristiges Hedging zwischen den „Hauptwährungen“ (Dollar, Euro, Pfund und Yen) ist am billigsten. Dank des technologischen Fortschritts dürfte für große institutionelle Anleger (also auch Investmentfonds) Währungs-Hedging in den Hauptwährungen sehr billig sein, aber es ist auch für sie nicht kostenlos. Zur Illustration: Währungsgesicherte ETFs auf den MSCI World Standard Index haben gegenüber der unabgesicherten ETF-Variante derzeit Mehrkosten in Form einer höheren „Total Expense Ratio“ (die „Laufenden Kosten“ im Fonds-Fact-Sheet) von rund 0,3 bis 0,4 Prozent. (Ob diese Differenz auch wirklich alle Hedging-Mehrkosten beinhaltet, sei dahingestellt.) Für Privatanleger, die Währungsabsicherung in Eigenregie betreiben, dürften diese Kosten selbst bei den Hauptwährungen tendenziell um einiges höher sein, wobei die korrekte Quantifizierung im Einzelfall sehr aufwendig sein wird.

Der Unterschied zwischen vermeintlichem und tatsächlichem Währungsrisiko

Kommen wir nun zur wichtigsten Überlegung in diesem Artikel, nämlich Punkt (e), der Unterscheidung zwischen vermeintlichem und tatsächlichem Währungsrisiko in einem global diversifizierten Aktienportfolio. Natürlich existiert für einen international anlegenden Aktieninvestor Wechselkursrisiko (das in den meisten Fällen übrigens Risiko und Chance zugleich ist). Allerdings ist dieses Wechselkursrisiko ein anderes als es sich manche Privatanleger vorstellen und seine echte (statt nur scheinbare) Absicherung in einem global diversifizierten Aktienportfolio dürfte in der Praxis unmöglich sein.

Das soll anhand eines Beispiels deutlich werden: Privatanleger Fritz mit der Heimatwährung Euro hat den risikobehafteten Teil seines ETF-Portfolios komplett in einen ETF investiert, der den MSCI World Standard Index repliziert. Dieser Index bildet rund 1.600 Unternehmen in 23 Industrieländern ab, die insgesamt 13 verschiedene Währungen haben. Die größte Einzelposition im MSCI World war Ende 2017 die Aktie von Apple Inc. Apple verkauft seine Erzeugnisse in etwa 150 verschiedenen Ländern und erzielt somit in vielen dutzenden Währungsräumen Einnahmen. Auch die Ausgaben von Apple finden in über hundert verschiedenen Währungsräumen statt. [3] Sicherlich ist der US-Dollar-Raum für Apple wirtschaftlich am bedeutendsten, aber er ist gewiss nicht alleine ausschlaggebend. Ähnliches gilt für so gut wie jede dieser 1.600 Firmen im Index, deren mittlere Marktkapitalisierung knapp zehn Milliarden Dollar beträgt (Medianwert). Sie sind also keine Kleinunternehmen, deren gesamtes Geschäft sich im Inland abspielt. Die Gewinne und Cash-Flows keines dieser 1.600 Unternehmen hängen von nur einer Währung ab, ebenso wenig wie die beim Elefanten Apple. Wie genau diese währungsmäßigen Abhängigkeiten im ganzen Portfolio von 1.600 Aktiengesellschaften im Zeitablauf aussehen, kann niemand auf lange Sicht mit vertretbarem Aufwand bestimmen.

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