Deka-Chefvolkswirt Ulrich Kater
Konjunktur nach der Krise
Ulrich Kater ist Chefvolkswirt der Dekabank. Foto: Dekabank
Wie entwickelt sich die Wirtschaft nach der Corona-Krise? Deka-Chefvolkswirt Ulrich Kater gibt einen Überblick über aktuelle Indikatoren.
Das würde bedeuten, dass alle gegenwärtigen Inflationsängste wieder in sich zusammenfallen sollten, allerdings erst ab 2022. Denn vorher steigen die Inflationsraten ziemlich sicher vorübergehend noch weiter an, in Deutschland vorübergehend sogar über drei Prozent. Käme es so, hätten die Notenbanken goldrichtig gelegen, die gegenwärtig erhöhten Teuerungsraten zu ignorieren und weiter ihre expansive Geldpolitik zu betreiben. Danach fingen allerdings die Sorgen wieder an, die schon vor Corona dem Sparschwein den Magen verdorben hatten: Nullzinsen und die händeringende Frage, wo noch Rendite herzubekommen wäre. In diesem Szenario würden die Anleiherenditen nicht mehr sehr viel weiter steigen und...
Märkte bewegen Aktien, Zinsen, Politik. Und Menschen. Deshalb präsentieren wir dir hier die bedeutendsten Analysen und Thesen von Top-Ökonomen - gebündelt und übersichtlich. Führende Volkswirte und Unternehmensstrategen gehen den wichtigen wirtschaftlichen Entwicklungen clever und zuweilen kontrovers auf den Grund.
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Das würde bedeuten, dass alle gegenwärtigen Inflationsängste wieder in sich zusammenfallen sollten, allerdings erst ab 2022. Denn vorher steigen die Inflationsraten ziemlich sicher vorübergehend noch weiter an, in Deutschland vorübergehend sogar über drei Prozent. Käme es so, hätten die Notenbanken goldrichtig gelegen, die gegenwärtig erhöhten Teuerungsraten zu ignorieren und weiter ihre expansive Geldpolitik zu betreiben. Danach fingen allerdings die Sorgen wieder an, die schon vor Corona dem Sparschwein den Magen verdorben hatten: Nullzinsen und die händeringende Frage, wo noch Rendite herzubekommen wäre. In diesem Szenario würden die Anleiherenditen nicht mehr sehr viel weiter steigen und die Aktienkurse würden ihre gegenwärtigen hohen Bewertungen halten und moderat weiter steigen.
Einen Gegenentwurf bildet eine Welt, in der durch die Corona-Krise Wachstumskräfte freigesetzt worden sind. Hierfür soll insbesondere die Finanzpolitik ein Treiber sein. Schon während der Krise haben staatliche Ausgabeprogramme die Wirtschaft am Leben gehalten. Dabei bleibt es aber nicht: In den USA und in Europa werden gerade Wiederaufbauprogramme geplant, die in den kommenden Jahren umgesetzt werden. Sie könnten einen neuen Investitionszyklus in den Unternehmen auslösen. Zu tun gibt es schließlich genug bei der Umsetzung von neuen Technologien wie auch bei der nachhaltigen Umgestaltung der Wirtschaft. Wenn es in einem solchen Szenario gelingt, die Inflation in Schach zu halten, dann bleiben auch hier niedrige Zinsen erhalten und für die Aktienmärkte ergeben sich traumhafte Zuwächse, die auch durch steigende Unternehmensgewinne unterlegt sind.
In diese Szenarienfamilie gehört auch eine zweite Variante: Nämlich, dass zwar das Wachstum floriert, aber im Nebeneffekt die Inflation wieder zum Leben erweckt wird. Ja, es ist ja sogar ein erklärtes Nebenziel der Notenbanken, neben der Realwirtschaft auch die Inflation zu fördern, um nicht in ein japanisches Szenario abzugleiten. Allerdings könnte hier dann bald ein heftiges Bremsmanöver der Notenbanken notwendig werden, wenn nämlich die Inflationserwartungen zu weit über die Inflationsziele hinausschießen. Die Auswirkungen auf die Aktienmärkte wären zunächst ähnlich wie im Szenario davor. Allerdings mit deutlich mehr Volatilität und der Gefahr eines größeren – wenn auch vorübergehenden – Einbruchs innerhalb der kommenden fünf Jahre.
Ein Negativszenario liegt demgegenüber im Wiedererstarken der Inflation bei geringem Wachstum. In einem Stagflationsszenario wären Aktienkurse- wie Anleihekursen gleichermaßen in Mitleidenschaft gezogen. Gold und Kryptowährungen würden profitieren.
Die höchste Wahrscheinlichkeit haben das erste Szenario einer Normalisierung in Richtung Vorkrisenzeit sowie die Inflationsbelebung vor dem Hintergrund höherer Wachstumsraten. Noch ist es zu früh, eines dieser Szenarien verlässlich erkennen zu können, aber langsam dürften Spekulationen mit diesen möglichen Verläufen zunehmen. Eine Weile lang sollten die Märkte noch durch die unmittelbare Post-Corona-Euphorie betäubt bleiben. Man sollte jedoch auch einmal wieder auf Phasen mit höheren Kursschwankungen gefasst sein.
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