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Aktualisiert am 06.03.2023 - 11:07 Uhrin Werte schaffen mit aktivem 360°-AnsatzLesedauer: 5 Minuten
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Hohe Investitionen nötig Wie könnte der nächste Konjunkturzyklus aussehen?

Flüssiggas-Tanker im Hafen von Inkoo, Finnland
Flüssiggas-Tanker im Hafen von Inkoo, Finnland: Höhere Investitionen dürften letztlich zu einem etwas stärkeren realen Wirtschaftswachstum führen. | Foto: Imago Images / Lehtikuva
Erik S. Weisman

Kennen Sie das auch? Zum Jahreswechsel füllt sich der Posteingang mit Ausblicken und Prognosen. Und dann, wenige Wochen nach Neujahr, passiert etwas, womit niemand gerechnet hat. Alles ist plötzlich Makulatur. Statt sich den Kopf darüber zu zerbrechen, was das neue Jahr bringen mag, sollte man vielleicht besser über den nächsten Konjunkturzyklus nachdenken.

Mehr Kapitalbedarf, weniger Ersparnisse

Es ist keineswegs sicher, dass die Wirtschaft dieses Jahr schrumpft. Eine Rezession in den nächsten ein bis drei Jahren halten wir aber für möglich. Wenn sich die Wirtschaft danach wieder erholt, halte ich physisches Kapital für wesentlich wichtiger als im letzten Konjunkturzyklus. Damals zählten vor allem immaterielle Wirtschaftsgüter: Interessant schienen Unternehmen mit geistigen Eigentumsrechten, aber nur wenig Sachwerten.

Im neuen Zyklus rechne ich mit hohen Ausgaben etwa für grüne Technologien, um die Energiewende voranzubringen. Hinzu kommen Investitionen zur Stabilisierung der Lieferketten. Just-in-time war früher. Jetzt gilt Just-in-case; man will auf alle Eventualitäten vorbereitet sein. Außerdem rechne ich mit deutlich höheren Militärausgaben.

All das hat zur Folge, dass wesentlich mehr physisches Kapital benötigt wird als im letzten Zyklus. Man braucht also mehr Kapital, und außerdem wird es teurer. Was bedeutet das für die Sparquote? Ich rechne zwar noch immer damit, dass sie positiv bleibt. Sie wird aber niedriger sein als im letzten Zyklus – und vielleicht sogar niedriger als im Langfristdurchschnitt.

Höhere Inflation, mehr Wachstum

Wenn der Bedarf an physischem Kapital schneller wächst, aber die Ersparnisse trotz positiver Sparquote langsamer steigen, treibt das meiner Meinung nach Inflation und Zinsen. Dennoch glaube ich, dass die höheren Investitionen letztlich zu einem etwas stärkeren realen Wirtschaftswachstum führen werden.

 

Allerdings darf man nicht den Anstieg der öffentlichen Verschuldung außer Acht lassen. Er führt ebenso wie die steigenden Zinsen zu einem höheren staatlichen Schuldendienst. Grundsätzlich könnte das private Investitionen verdrängen, doch wird es in der Praxis wohl nicht so weit kommen. Dazu müsste noch mehr passieren. Sehr viel hängt meiner Meinung nach von den Kreditbedingungen der Banken ab. Da die Institute aber recht gut dastehen, dürften sie im Aufschwung weiter ausreichend Kredite vergeben, egal, ob eine Rezession kommt oder nicht. Selbst wenn der Staat mehr Geld für Zinsen ausgeben muss, glaube ich, dass der Privatwirtschaft ausreichend Kapital zur Verfügung steht.

Gute Zeiten für Arbeitnehmer?

Am amerikanischen Arbeitsmarkt ändert sich viel. Wie steht es um die Einwanderungspolitik? Wie knapp sind Arbeitskräfte? Wird der Produktionsfaktor Arbeit mehr vom Kuchen abbekommen? Da Demokraten wie Republikaner die Unternehmen ins Visier genommen haben, könnten die Gewinne nicht nur unter steigenden Löhnen, sondern auch unter einer strengeren Regulierung leiden. Auch wenn die Gewinne dann vielleicht etwas schwächer ausfallen, könnte der Lohnanstieg den Konjunkturzyklus verlängern.

Höhere Investitionen, um den Status quo zu sichern

Ich gehe davon aus, dass Unternehmen im nächsten Konjunkturzyklus mehr investieren müssen, um den Status quo zu halten. Dazu zählen etwa Ausgaben aufgrund von ESG-Problemen oder zum Ausgleich steigender Löhne. Produktivität und Gewinnmargen kann das schaden. Die Investitionen könnten aber das Wirtschaftswachstum fördern, zumal auch der Arbeitskräftebedarf steigt. Vielleicht erleben wir gerade einen jener Momente, in denen die Wirtschaft sehr viel besser dasteht, als man aufgrund der Aktienkurse erwartet. In gewisser Weise könnte der neue Konjunkturzyklus das Gegenteil vom Zyklus nach der internationalen Finanzkrise sein. Jetzt gewinnen vielleicht nicht die Börsen, sondern Otto Normalverbraucher.

Die Zeiten lockerer Geld- und Fiskalpolitik sind passé

Die in den vergangenen zehn Jahren übliche Kombination aus recht lockerer Geldpolitik und sehr expansiver Fiskalpolitik dürfte sich kaum aufrechterhalten lassen. Irgendwann werden die hohen öffentlichen und privaten Schulden die Märkte irritieren. Zur höheren Schuldenstandsquote kommt ein niedrigeres Wirtschafts- und Bevölkerungswachstum. Die Erwerbsbevölkerung muss eine immer höhere Schuldenlast tragen – und sie wächst nicht mehr so schnell. Eine interessante Kennziffer sind die Schulden je geleisteter Arbeitsstunde. Sie steigen schnell und werden irgendwann nicht mehr tragbar sein. Dann kann es zwei Auswege geben. Der erste ist Austerität. Aber ist das angesichts der aktuellen politischen Lage realistisch? Der zweite ist Inflation. Haushaltspolitiker wissen sie zu schätzen, aber die Arbeitnehmer hassen sie.

Wie geht es nach dem Abschwung weiter?

Im letzten Konjunkturzyklus ist die Wirtschaft im Schnitt um etwa 2 Prozent jährlich gewachsen. Für den neuen Zyklus erwarte ich etwas mehr, aber wohl erst 2024 oder 2025. Außerdem rechne ich mit durchschnittlich gut 2,75 Prozent Inflation, also ähnlich viel wie in den Aufschwüngen der 1990er- und 2000er-Jahre. Im Zyklus nach der internationalen Finanzkrise betrug die Teuerung durchschnittlich 1,75 Prozent. Damals waren die Renditen von US-Staatsanleihen umso niedriger, je länger ihre Laufzeiten waren; die Laufzeitprämie war also negativ. Das dürfte jetzt anders sein. Nach der absehbaren Rezession werden die Zinsen also wohl deutlich höher sein als im letzten Konjunkturzyklus. Gerade für Unternehmen, die auf sehr niedrige Zinsen angewiesen sind, könnte das zu einem Problem werden. Stabilen Firmen dürfte das aber kaum Schwierigkeiten machen. Für den neuen Konjunkturzyklus erwarte ich daher Aktien- und Anleiheerträge im mittleren einstelligen Bereich. Und das ist doch gar nicht so wenig.

Weitere Markteinschätzungen von MFS Investment Management finden Sie hier.

Die hier dargestellten Meinungen sind die der Autoren und können sich jederzeit ändern. Sie dienen ausschließlich Informationszwecken und dürfen nicht als Empfehlung, Aufforderung oder als Anlageberatung verstanden werden. Prognosen sind keine Garantien.

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