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Konsumenten in der Pflicht Gleichgewicht zwischen Klima und Biosphäre bedroht

Pestizideintrag auf einer Anbaufläche in Mecklenburg-Vorpommern: Landwirtschaft und Industrie müssen für eine nachhaltige Wirtschaft auch den Schutz von Pflanzen und Tieren berücksichtigen.
Pestizideintrag auf einer Anbaufläche in Mecklenburg-Vorpommern: Landwirtschaft und Industrie müssen für eine nachhaltige Wirtschaft auch den Schutz von Pflanzen und Tieren berücksichtigen. | Foto: imago images / Jens Koehler

Cyanobakterien sind Millionen Jahre alte Mikroben, die im Wasser leben und den grünlichen Schaum bilden, den man häufig auf Seen oder Flüssen sieht. Für viele Betrachter mögen diese algenähnlichen Organismen wie eine Plage aussehen. Aber ohne sie gäbe es auf unserem Planeten kein Leben.

Vor rund 2,5 Milliarden Jahren fanden Cyanobakterien Wege, der Atmosphäre Kohlendioxid zu entziehen und Sauerstoff in die Luft abzugeben. Mit der Zeit erhöhte sich die Sauerstoffkonzentration. Diese von Wissenschaftlern so genannte „Große Sauerstoffkatastrophe“ machte es erst möglich, dass Leben auf der Erde entstehen konnte und sie läutete ein Zeitalter ein, das durch Klimastabilität gekennzeichnet war.

Jetzt aber ist das Gleichgewicht zwischen Klima und Biosphäre bedroht. Politik und Unternehmen haben die enge Verbindung zwischen Klima und Biosphäre lange übersehen. Der Schutz der Biodiversität ist aber genauso wichtig wie die Reduzierung des CO2-Ausstoßes.

Belastungsfaktor Mensch

„Dreht man die Uhr zurück, sieht man, welche biologischen Prozesse das Klima geprägt haben. Biodiversität hilft der Erde, sich zu stabilisieren“, so Tim DuBois, der am Stockholm Resilience Centre Erdsysteme erforscht und sich mit dem Konzept der planetaren Belastungsgrenzen auseinandersetzt. „Wir sehen, dass dieses Gleichgewicht in Gefahr ist, weil ein weiterer Akteur ins Spiel gekommen ist: der Mensch.“

Ein Bericht der Vereinten Nationen aus dem Jahr 2019 macht das Ausmaß der Bedrohungen deutlich, die die Biodiversität gefährden. Demzufolge sind eine Million Tier- und Pflanzenarten unmittelbar vom Aussterben bedroht. DuBois und seine Kollegen am SRC zeichnen ein ähnlich alarmierendes Bild.

Im Rahmen des Konzepts der planetaren Belastungsgrenzen (PB), das 2009 vom SRC entwickelt wurde, um auf der Grundlage historischer Aufzeichnungen Veränderungen der Umwelt zu messen, wurde berechnet, dass sich der Artenverlust viel schneller vollzieht als die Erde es verkraften kann. Dem PB-Modell zufolge müsste die Aussterberate von Tieren und Pflanzen bei weniger als zehn ausgestorbenen Spezies pro eine Million Arten jährlich liegen. Die aktuelle Geschwindigkeit des Artensterbens ist jedoch hundertmal höher.

Rückkopplung Klima – Biodiversität

In einer weiteren Studie untersuchten die Forscher des SRC den Zusammenhang zwischen dem Verlust der Biodiversität und dem Klimawandel. Dabei fanden sie heraus, dass sich diese beiden Faktoren in vielerlei Hinsicht direkt gegenseitig beeinflussen. Gravierend ist, dass der Klimawandel die Ökosysteme negativ beeinflusst, indem er deren Fähigkeit zur Aufnahme von Kohlenstoff einschränkt.

Die Forscher haben berechnet, dass durch diese Rückkopplung die Temperatur bis zum Jahr 2100 global um weitere 0,4 Grad Celsius steigen wird. Es ist besorgniserregend, dass der Zusammenhang zwischen beidem „nicht standardmäßig in Prognosen zum Klimawandel oder der Klimapolitik berücksichtigt wird“, so die Studie weiter.

Rund 196 Länder haben im Jahr 2010 in Japan die Aichi-Ziele für den weltweiten Artenschutz unterzeichnet und sich verpflichtet, bis Ende dieses Jahrzehnts 20 strategische Biodiversitätsziele zu erreichen. Bisher ist aber nicht viel geschehen. Die Politik bemüht sich derzeit, quantifizierbare Biodiversitätsziele für das Jahr 2030 festzulegen. Die Entwürfe sehen unter anderem die Bewahrung und Wiederherstellung der Süßwasser-, Meeres- und terrestrischen Ökosysteme, die Reduzierung von Umweltverschmutzung durch überschüssige Nährstoffe, Biozide, Plastikmüll und andere Quellen um mindestens 50 Prozent sowie einen Beitrag zur Abmilderung des Klimawandels vor.

Klimaschutz-Abkommen erweitern

Nach Auffassung von DuBois ist der Entwurf ein guter Ausgangspunkt. „Der Klimawandel ist vergleichsweise linear. Wir haben eine Reihe bekannter physikalischer Ziele wie die CO2-Konzentration in der Atmosphäre. Die Biologie ist chaotisch und kompliziert und erfordert Verständnis für Kultur und Werte“, sagt er. „Um Biodiversitätsziele festlegen zu können, müssen wir direkte und indirekte Kräfte definieren – Ökosystem, Beitrag der Natur für Mensch und Gesellschaft sowie sozioökologische Probleme und wie all dies zusammenhängt. Wir erweitern dieses einfache Verständnis des Pariser Übereinkommens zu einem nuancierteren Erdsystem-Konstrukt.“

Es sind nicht nur die Regierungen, die Wandel bewirken können – auch die Unternehmen spielen eine wichtige Rolle bei der Erhaltung der Natur. Unternehmen könnten zum Beispiel ihren Biodiversitäts-Fußabdruck oder Schutzziele in ihre Quartalsberichterstattung einbeziehen – wozu einige Unternehmen in Europa bereits gesetzlich verpflichtet sind.

Hinzu kommt, dass es jede Menge Möglichkeiten für Investitionen in den Markt für Umweltprodukte und -dienstleistungen gibt, eine sich rasant entwickelnde Branche, in der Innovation zum Schutz und zur Wiederherstellung des Ökosystems floriert. Es gibt bereits zukunftsfähige Geschäftsmöglichkeiten in Bereichen wie Bestäubung, Wasserfilterung, Sauerstoffproduktion und Schutz vor Überschwemmung.

Veränderung durch Konsumverhalten

Wissenschaftler schätzen, dass sich der wirtschaftliche Beitrag der Natur auf 125 Billionen US-Dollar pro Jahr belaufen kann. „Wenn wir die Menschen dazu bringen, am Esstisch über Biodiversität zu sprechen, so, wie über den Klimawandel, können Privatpersonen die Geschäftswelt und Wähler die Politik beeinflussen und damit die nötigen Veränderungen bewirken“, wünscht sich DuBois. „Dabei werden wir ein besseres Verständnis entwickeln, wie wir auf der Erde leben und was es wirklich bedeutet, sie zu schützen.“

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