Studie will Stromfresser-Vorwurf entkräften KPMG: Bitcoin kann Wandel zu Nachhaltigkeit pushen
Der Bitcoin ist dabei sich zu berappeln. So legte der schon mehrfach totgesagte Kryptowert seit Jahresbeginn – in Euro gerechnet – rund 71 Prozent an Wert zu. Der Bitcoin-Kurs steht, Stand 3. August vormittags, bei 26.576 Euro. In US-Dollar gerechnet (29.020 US-Dollar) kratzt er bereits wieder an der 30.000er-Marke. In der Spitze war ein Bitcoin schon einmal mehr als 64.000 US-Dollar oder gut 56.000 Euro wert gewesen. Das war im November 2021.
Danach hatte es viele Monate lang ganz anders ausgesehen: Nach dem krachenden Kurssturz des Bitcoin Ende 2022 hatten Skeptiker vermutet, dass die Kryptowährung ihre besten Zeiten hinter sich gelassen habe. Die Digitalwährung sei nur einer von vielen Finanz-Hypes, die sich über kurz oder lang totliefen, wurde geunkt.
Neben dem Verdacht, vor allem für Geldwäsche genutzt zu werden, ist ein regelmäßig wiederholter Kritikpunkt an Bitcoin: Das Schöpfen neuer Coins („Mining“) sei sehr energieintensiv. Bitcoin verbrauche mehr Strom als ganz Dänemark, kritisierte 2018 etwa das US-amerikanischen Oak Ridge Institute for Science and Education.
Seit Jahresbeginn 2023 hat sich der Wind nun erneut gedreht – die allgemeine Grundstimmung scheint wieder pro Bitcoin auszuschlagen. Dazu dürfte unter anderem die Regulierung beigetragen haben: Die EU hat mit der Mica-Verordnung einen gesetzlichen Rahmen geschaffen, an den Krypto-Dienstleister sich zukünftig zu halten haben. Dieser gilt nicht nur für Bitcoin, sondern für die gesamte Krypto-Branche. Gerade dem Ur-Wert Bitcoin dürften die Regeln einen Vertrauensbonus beschert haben. Auch die US-amerikanische Aufsicht SEC nimmt den Krypto-Bereich zunehmend in den Blick.
Nicht zuletzt haben sich auch namhafte Profiinvestoren – allen voran der vor einigen Jahren noch Bitcoin-skeptische Blackrock-Chef Larry Fink – in jüngster Zeit positiv zu Kryptowährungen geäußert.
Studie bricht Lanze für Bitcoin
Jetzt bekommt Bitcoin weitere Rückendeckung, diesmal von der Wirtschaftsprüfgesellschaft und Unternehmensberatung KPMG. In einer aktuellen Studie hat man dort vor allem den Stromfresser-Vorwurf unter die Lupe genommen.
Bitcoin verbrauche zwar nicht unmittelbar Energie, allerdings sei die Hardware, die beim Schürfen neuer Bitcoin zum Einsatz komme, in der Tat energieintensiv, räumen die Studienautoren ein. Rund 110 Terawattstunden oder 0,55 Prozent des weltweiten Energiebedarfs – so viel wie alle Wäschetrockner weltweit zusammengenommen – entfalle auf das Bitcoin-Netzwerk pro Jahr.
Dabei könne die Kryptowährung jedoch durchaus den Ausbau erneuerbarer Energien auch fördern und dazu beitragen, den globalen CO2-Fußabdruck zu verringern. Und auch in anderer Hinsicht könne Bitcoin den Übergang zu einem nachhaltigeren Wirtschaften beflügeln.
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Wie das?
Bei KPMG argumentiert man:
Erneuerbare Energien hätten den Nachteil, dass sich mit ihnen die Energieproduktion nur schwer auf den akuten Energiebedarf abstimmen lasse, heißt es von KPMG. So stehe bei viel Wind und Sonnenschein etwa mit Wind- und Solarenergieanlagen zeitweise mehr Energie zur Verfügung als benötigt werde. Um einen Ausgleich zu schaffen und auch um die Preise am Strommarkt stabil zu halten, könnte überschüssige Energie zur Bitcoin-Produktion verwendet werden, schlagen die Autoren vor.
Umgekehrt könnten Bitcoin-Miner in Zeiten hohen Verbrauchs auch ihren eigenen Energiekonsum zurückfahren und so helfen, das Netz zu stabilisieren.
Die Abwärme, die die Hardware der Bitcoin-Produktion ausstoße, lasse sich weiterverwenden, regen die Studienautoren weiter an. Es ließen sich etwa Wärmepumpen für Wohnhäuser betreiben, wie es die kanadische Stadt North Vancouver bereits vormache.
Bitcoin könne zudem helfen, das extrem klimaschädliche Gas Methan zu reduzieren. Statt regulär produzierten Strom zu nutzen, ließe sich das Bitcoin-Netzwerk auch durch Verbrennen von überschüssigem Methangas aus der Industrieproduktion betreiben. Positiver Nebeneffekt: Durch das Verbrennen verlöre das Methan einen Gutteil seines negativen Umwelt-Impacts. Allein die Menge Methan, die in den USA und Kanada produziert werde, würde schon ausreichen, um das gesamte Bitcoin-Netzwerk zu betreiben.
Wo Bitcoin bereits Nachhaltigkeit befördert
Um den positiven Nutzen von Bitcoin zu unterstreichen, zitieren die KPMG-Autoren einige Beispiele:
- Bitcoin macht internationale Überweisungen einfach. Es ersetzt teure und mancherorts schwer zugängliche Finanztransferdienste wie Western Union. Vor allem ärmere Länder, in denen Geld häufig im Ausland erwirtschaftet und an die Familie im Inland übersandt werde, würden davon profitieren.
- Im Ukrainekrieg ist Bitcoin weithin als Zahlungseinheit zum Einsatz gekommen, wenn es um Spenden für die dortige Verteidigung gegen den Überfall Russlands ging.
- Im ländlichen Afrika wirkt Bitcoin als Stabilisierer der dortigen regionalen Stromnetze: Die oft sehr schwankende Nachfrage bei regionalen Energieversorgern werde durch Verträge mit Bitcoin-Minern als Abnehmern geglättet – was die Energiekosten insgesamt reduziere.
- Nicht zuletzt kann eine Bitcoin-Wallet ein Bankkonto ersetzen. Davon profitiert eine Vielzahl von Menschen in ärmeren Ländern, die durch Bitcoin überhaupt erst einen Zugang zu Finanzdienstleistungen bekommen.
Insgesamt sehen die Studienautoren den Energieverbrauch von Bitcoin durch die Nutzenseite aufgewogen: Unter Nachhaltigkeitsgesichtspunkten biete die Kryptowährung durchaus auch viele Vorteile.