KPMG-Experte über ICOs „Virtuelle Börsengänge sind Chance und Risiko zugleich“
Was ist ein ICO - im Gegensatz zu einem IPO?
Der Begriff Initial Coin Offering orientiert sich an der englischen Bezeichnung eines klassischen Börsengangs („Initial Public Offering“). Für die BaFin stellt allein schon diese Namenswahl ein Problem dar: Durch die begriffliche Nähe würde der Eindruck erweckt, ICOs seien mit IPOs vergleichbar, was weder technisch noch rechtlich der Fall sei. Neben dem Unterschied im Buchstaben gibt es indes auch wesentliche Gemeinsamkeiten.
- IPOs werden nicht immer nur auf börsennotierte DAX-Unternehmen bezogen, sondern auf jegliche Art eines ersten öffentlichen Angebotes von Wertpapieren. Dies ist unabhängig davon, ob sie sich auf mit Stimmrechten versehene oder stimmrechtslose Aktien oder aber auf Schuldverschreibungen beziehen. Über die Qualität der ausgegebenen Papiere und der sie ausgebenden Unternehmen wird damit keine Aussage getroffen, was in Zeiten des Neuen Marktes zu unliebsamen Überraschungen bei den Anlegern geführt hat. Gerade, wenn junge Unternehmen einen klassischen IPO mit einer geringen Anzahl von Papieren durchführen, gibt es wenig Sicherheiten.
- Im Rahmen von ICOs erwerben Anleger sogenannte Coins oder Tokens. Diese digitalen Gutscheine bieten oft kein Mitspracherecht für Anleger. Sie versprechen zumeist eher die Beteiligung an künftigen Gewinnen oder einen Zugang zum geplanten Service des Unternehmens – In den meisten Fällen ist dies ein Startup. Die BaFin sieht die häufig großen Preisschwankungen als Risiko beim Erwerb von Tokens im Rahmen von ICOs. Aufgrund des häufig sehr frühen und experimentellen Stadiums von ICO durchführenden Unternehmen könnten Anleger im Zweifel auf erworbenen Coins oder Token sitzenbleiben – die angepriesenen Funktionsweisen können also nur schwer überprüft werden.
