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Keine „Zombies“ mehr Kreditversicherer warnt vor Firmenpleiten durch steigende Zinsen

Das EZB-Gebäude in Frankfurt
Das EZB-Gebäude in Frankfurt: Hebt die Europäische Zentralbank den Leitzins an, geht es nicht überlebensfähigen Firmen, den sogenannten "Zombieunternehmen" an den Kragen. | Foto: Imago Images / Fotostand

„Heben die USA und Großbritannien die Leitzinsen in größeren Schritten – also um 1 Prozent oder mehr – an, drohen zahlreichen Unternehmen Zahlungsschwierigkeiten“, sagt Thomas Langen, Senior Regionaldirektor für Deutschland, Mittel- und Osteuropa bei Atradius. Denn steigende Leitzinsen würden auch die Kosten für Unternehmenskredite in die Höhe treiben. Damit steige auch die Wahrscheinlichkeit, dass einige Firmen ihren Verbindlichkeiten nicht mehr nachkommen können. „Dann werden sich die Firmeninsolvenzen in diesem Jahr noch einmal stärker erhöhen als kürzlich angenommen.“

Atradius rechnet, dass die US-Notenbank Fed und die Bank von England die Zinsen in den kommenden Monaten zunächst in kleinen Schritten steigern und die Auswirkungen in der ersten Jahreshälfte noch moderat bleiben.

In Deutschland: Höhere Lohnkosten, Material- und Energierpreise

Auch die deutsche Wirtschaft wird laut Atradius die Auswirkungen der Notenbankentscheidungen zu spüren bekommen. In der Corona-Krise haben sich die Schulden in nahezu allen Branchen erhöht. Gleichzeitig steigen die Belastungen durch höhere Lohnkosten – 2022 stehen für rund zehn Millionen Arbeitnehmer Tarifverhandlungen an – sowie höhere Material- und Energiepreise.

„Bei den Automobilzulieferern dürfte die Neuverschuldung insgesamt etwas über dem Durchschnitt liegen“, sagt Langen. Viele von ihnen waren zuletzt nicht nur den Belastungen der Corona-Pandemie und steigenden Materialkosten ausgesetzt, sondern mussten auch erheblich in ihr Geschäftsmodell investieren und neue Produkte entwickeln, um angesichts fortschreitender Elektromobilität weiter gefragt zu sein.

„Darüber hinaus könnten die steigenden Zinsen auch bei Private-Equity-Konstrukten und auf lange Sicht bei Unternehmen aus konsumnahen Branchen die Zahlungsunfähigkeit zur Folge haben“, so der Atradius-Manager.

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Die kommenden 6 Monaten entscheiden

Die Weichen für das Ausmaß der Insolvenzrisiken werden aus Sicht von Atradius innerhalb der kommenden sechs Monate gestellt. Dabei dürften psychologische Komponenten und die Erwartungen der Unternehmen eine bedeutende Rolle spielen. Erreicht die Zinserhöhung für Unternehmen kumuliert die Marke von 1 Prozent oder mehr, könnten die Marktteilnehmer mit höheren Zinsen in den kommenden zwei bis drei Jahren rechnen und entsprechend handeln.

Die hohe Inflation könnte auch die EZB unter Druck setzen, ihre bisherige Strategie zu ändern und den Leitzins anzuheben. Viele südeuropäische Volkswirtschaften würden dann aufgrund ihrer hohen Staatsverschuldung einer höheren Zinsbelastung ausgesetzt sein.

Zieht EZB nicht mit, droht Abwertung des Euro

Bleibt es jedoch bei den unterschiedlichen Strategien der EZB und der Fed, ergeben sich laut Atradius auch neue Geschäftschancen, etwa für Exporteure im Euroraum: Je mehr sich die Zinsschere zwischen den USA und Europa vergrößert, desto stärker könnte der Euro gegenüber dem Dollar an Wert verlieren. Ausführende europäische Unternehmen könnten dann profitieren, da sich ihre Produkte dann zu günstigeren Preisen in den USA anbieten lassen.

Durch die Corona-Hilfspakete sind auch zahlreiche so genannte „Zombieunternehmen“ entstanden – Firmen, deren Geschäftsmodell ohne Unterstützungsmaßnahmen nicht mehr marktfähig ist und die eigentlich schon längst insolvent sind. „Von ihnen geht ein hohes Risiko für gesunde Firmen aus, einen Zahlungsausfall zu erleiden“, sagt Langen. Eine Zinserhöhung könnte dazu beitragen, dass Zombiefirmen noch schneller Insolvenz anmelden müssen und vom Markt genommen werden.

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