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Kreislauf des Grauens Wallwitz, Reuss und Pesarini über drohende Deflation

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DAS INVESTMENT.com: Wie sollen sie denn sonst der Schuldenfalle entkommen?

von Wallwitz: Ich halte es für wahrscheinlicher, dass es über Schuldenschnitte laufen wird. Siehe Griechenland. Da haben irgendwann alle mehr oder weniger freiwillig verzichtet. Und falls es letztendlich doch die Inflationierung sein wird, ist es wichtig, dass die Differenz zwischen der Teuerungsrate in Südeuropa und Kerneuropa relativ hoch ist.

Steigen die Preise bei uns zum Beispiel um 4 Prozent und in Italien um ein Prozent, ist alles wunderbar. Dann nimmt die Wettbewerbsfähigkeit in der Peripherie zu, und die Ungleichgewichte werden geringer. Es kommt also weniger auf die absolute Höhe der Inflation an als auf die Relation.

Reuss: Ich halte die Inflationierung für das naheliegendste Szenario. Derzeit sind die Geberländer in Europa vielleicht restriktiv. Sie wollen, dass die Sorgenkinder aus Südeuropa erst einmal ihre Staatshaushalte in Ordnung bringen. Sie wollen nicht ihr Geld in ein Fass schütten, das keinen Boden hat. Danach dürfte dann das Ziel eine gesunde Inflation sein, um die eigenen Schulden wegzuinflationieren. Von einer Hyperinflation gehe ich übrigens nicht aus.

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DAS INVESTMENT.com: Wieso unternimmt die EZB bei einer Teuerung von nur noch 0,5 Prozent nichts?

Reuss: Die Teuerung ist keine Messgröße, die Sie mal eben so am Tacho einfach einstellen können. Sie ist eine Folge verschiedener Maßnahmen der EZB. Derzeitige Achillesferse in Europa ist die Kreditvergabe der Banken an den Mittelstand. Vor allem in Südeuropa läuft da nicht viel. Das ist Mario Draghis Problem.

Zuerst hat er die Großbanken großzügig mit Liquidität ausgestattet. Mit dem Geld haben die Banken dann aber Staatsanleihen gekauft. Ein wunderbares Geschäft. So hat die Unicredit italienische Staatsanleihen für schätzungsweise 50 Milliarden Euro auf dem Buch. Bei der EZB bekam sie das Geld für ein Prozent Zinsen und hat in der Spitze der Krise dafür 6,5 Prozent bei den Staatsanleihen bekommen.

Daher gibt es kein Interesse, Kredite rauszugeben, die man obendrein auch noch mit haftendem Eigenkapital unterlegen muss. Draghi muss sich also andere Wege suchen, die Kreditvergabe anzukurbeln.



DAS INVESTMENT.com: Welche Möglichkeiten hätte er?

Reuss: Asset Backed Securities wären eine Möglichkeit. Allerdings traut sich niemand, den seit der Finanzkrise verunglimpften Begriff in den Mund zu nehmen. Dennoch wird es auf etwas Vergleichbares hinauslaufen. Die Banken dürfen dann Mittelstandskredite verbriefen und bei der EZB refinanzieren.

Je weiter die Kreditvergabe sinkt und damit der Druck steigt, desto größer wird die Bereitschaft zu solchen Schritten. Die niedrige Kreditvergabe ist übrigens auch der Grund für die derzeitigen deflationären Tendenzen. Draghis jüngste Kommentare deute ich so, dass er das genauso sieht und nur noch nicht das geeignete Instrument gefunden hat.
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