Krisenherde in Europa Schwäne im Schwarm
Die Idee des Schuldenschnitts war mit dem Amtsantritt zwar schnell wieder vom Tisch, vom Konfrontationskurs gegen Brüssel wich die Populisten-Regierung um den parteilosen Premierminister Giuseppe Conte jedoch nie ab. Im Gegenteil: Mal fordert die von Innenminister Matteo Salvini geführte rechtsextreme Lega ein Limit für die Abstände der Staatsanleihe-Renditen in der Eurozone. Mal zündelt Fünf-Sterne-Chef Beppe Grillo, indem er die Mitgliedschaft der immerhin drittgrößten Volkswirtschaft im Euro-Raum doch wieder infrage stellt. So forderte der ehemalige Komiker jüngst ein Referendum über den Austritt seines Landes aus dem gemeinsamen Währungsraum: „Lasst das italienische Volk darüber entscheiden, ob es im Euro bleiben will.“ Als Reaktion auf Grillos Worte kletterten die zweijährigen Anleiherenditen weiter nach oben auf aktuell mehr als ein Prozent.
Und dabei wird es wohl nicht bleiben, sollte die Regierung kostspielige Pläne wie etwa ein Grundeinkommen für Einkommensschwache umsetzen und damit den Schuldenberg noch höher auftürmen. „Es drohen erhebliche Konflikte innerhalb der Regierung und mit der Europäischen Union“, warnt Commerzbank-Chefvolkswirt Jörg Krämer.
Zusätzliche Störfeuer für Europas Zusammenhalt entfacht Salvini, der in der Flüchtlingskrise Härte demonstriert. Und das erfolgreich: Nachdem er Schiffen, die aus dem Meer gerettete Menschen an Bord hatten, das Einlaufen in italienische Häfen verweigerte, schossen die Umfragewerte der Lega nach oben. Inzwischen liegt der kleine Koalitionspartner schon gleichauf mit der Fünf-Sterne-Partei. „Dieses Vorgehen hat die Popularität der Regierung insgesamt weiter steigen lassen“, sagt Krämer. Die Werte dürften Lega und Fünf-Sterne ermutigen, auch ihre anderen Versprechen umzusetzen, so der Chefvolkswirt. Denn anderenfalls drohe ihnen wohl bei der nächsten Wahl ein Desaster.
Stattdessen verfügt die Koalition Meinungsforschern zufolge zurzeit über die höchste Zustimmung, die einer Regierung seit zwölf Jahren zuteil wurde. Zu den Ursachen zählt, dass viele Italiener die EU für die drängenden Probleme ihres Landes wie hohe Jugendarbeitslosigkeit und maues Wirtschaftswachstum verantwortlich machen. Letzteres markiert mit 1,1 Prozent pro Jahr sogar das Schlusslicht der Eurozone.