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Krisenregionen der Kommunikation „Fondsgesellschaften versteht keiner mehr“

Aktualisiert am in FinanzberatungLesedauer: 5 Minuten
Malte Dreher, Chefredakteur von DASINVESTMENT über Mitteilungen von Fondsgesellschaften: „Das versteht keiner mehr“. Foto: Anna Mutter
Malte Dreher, Chefredakteur von DASINVESTMENT über Mitteilungen von Fondsgesellschaften: „Das versteht keiner mehr“. Foto: Anna Mutter
Ein Kommentar von Malte Dreher, Chefredakteur von DAS INVESTMENT

Der arme Übersetzer war überfordert. Erst fiel die Technik aus. Statt einer Simultanübersetzung des englischsprachigen Referats über die Tücken und Chancen von Rohstoffinvestitionen in die Kopfhörer des Publikums zu übertragen, wurde der ganze Saal über Lautsprecher beschallt. Dann fiel auch noch das für Rohstoffspekulanten übliche Vokabular: Contango und Backwardation, gefolgt von Besonderheiten der Schweinebauch-Derivate: „In den USA“, so der Redner auf Englisch, „hat jeder einen entfernten Verwandten, der mit Spekulationen auf Schweinebäuche ein kleines Vermögen verloren hat“.

„In den USA“, so der Simultanübersetzer in den vollen Raum, „hat jeder einen entfernten Verwandten, der sein Leben in der Schweinebucht gelassen hat“.

Das hatte Unterhaltungswert.

Nun sind solche Dissonanzen zwischen Sender und Empfänger kein Phänomen der Finanzindustrie. Je spezialisierter eine Branche daher kommt, umso komplexer fällt das Vokabular aus. Das ist bekannt. Verklausulieren und die Verwendung ausgewiesenen Fachvokabulars sind Selbstzweck und -schutz und Ausweis echten Expertentums.

Bullshit!

„Man muss denken wie die wenigsten und reden wie die meisten“, sagte Arthur Schopenhauer, Philosoph. Gunther Blobel, Biochemiker und Nobelpreisträger, ist folgender Satz zuzuschreiben: „Wenn du deiner Großmutter nicht erklären kannst, was du tust, dann hast du es vielleicht selbst nicht ganz verstanden.“ Am besten ist der hier: „Entschuldige die Länge des Briefes, ich hatte keine Zeit mich kurzzufassen“, so ein Schreiben Goethes an einen Freund.

Wurmsätze und Monsterwörter

Es gibt einen Verständlichkeits-Index der Hohenheimer Universität. Der geht von 0 bis 20. Je höher der Wert, desto einfacher ist die Kost. Eine Doktorarbeit erreicht einen durchschnittlichen Wert von 4,2. Das ist kurz vor völlig unverständlich. Am langen Ende aber egal, hält sich das öffentliche Interesse an Dissertationen doch in der Regel in Grenzen. Ganz anders bei der BILD-Zeitung. Die kommt auf einen massenkompatiblen Wert von 16 Punkten. Das versteht jeder. Man mag die BILD-Zeitung oder nicht. Gleichwohl ist eine Ausbildung für junge Redakteure dort brillant und nicht selten suchen ausgewiesene schöngeistige Tages- und Wochenzeitungen ihren Nachwuchs exklusiv bei der BILD.

Berichte von Fondsgesellschaften erreichen auf dem Verständlichkeits-Index einen Wert von 3,7. Das versteht keiner mehr. Fast die Hälfte der Sätze haben mehr als 20 Wörter. Ein großes deutsches Fondshaus bringt es auf einen Satz mit 123 Wörtern. Das darf Thomas Mann, aber doch kein Geldhaus, das Kunden informieren möchte.

Dabei sind es mitnichten nur lange Sätze. Die Wörter haben es schon in sich: „rechnungslegungsrelevant“, „Unternehmensführungsstandards“ oder die „Zentralverwaltungsvergütung“. Soviel Buchstaben kann man gar nicht auf seinem Scrabble-Brettchen sammeln.

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