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Aktualisiert am 01.04.2016 - 11:45 Uhrin FinanzberatungLesedauer: 5 Minuten

Krisenregionen der Kommunikation „Fondsgesellschaften versteht keiner mehr“

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In der Kürze liegt die Würze

Merken Sie was? Nein. Wie denn auch?. Sprache muss emotionalisieren oder es muss etwas hängen bleiben. Tut es hier nicht. BILD zur Papstwahl vom deutschen Kardinal Ratzinger: „Wir sind Papst!“ Die „taz“ zur Wahl Angela Merkels zur Bundeskanzlerin: „Hurra, es ist ein Mädchen“. Großartig und es bleibt hängen. „Wir sind Zentralverwaltungsvergütung“. Klappt nicht.

Nun kann man von kleinen Prospekten, die final durch Rechtsabteilungen ins Behördendeutsch gepresst werden, natürlich nichts erwarten. Aber leider zieht sich dieser Sprachduktus durchs tägliche Geschäft. „Schweizer Bank lanciert Robo-Berater“ ist die Überschrift eines Google-Alerts von heute Morgen. Das passt schon fast. Hat eine Finanzberatung durch einen Roboter doch etwas ähnlich Mechanisches wie das Wort „lancieren“.

„Lanciert“ wird jedoch den ganzen Tag über. Entweder mit Bezug auf ein neues Produkt oder einen möglichen Gastbeitrag, den eine Presse- oder PR-Abteilung eben gern „lanciert wüsste“. Solche Anfragen – per Telefon oder Mail – kommen dabei ausschließlich als Offerte daher. Und nicht nur das: In der Regel werden diese Offerten zur Lancierung eines Beitrages sogar proaktiv angeboten. Das muss man sich mal vorstellen, so vor dem ersten Kaffee.

Aus dem wahren Leben

Zugegeben, ein Tag im Polizeiressort des Münchner Lokalteils der BILD begann ähnlich sprachlich durchdekliniert. Verdächtige Personen werden nie irgendwo hingebracht oder hingefahren. Es wird stets „verbracht“. Das nervte auch. Nur da war ein Schicksal oder eine Mord-und Totschlag-Geschichte im Hintergrund – also so eine bisschen was aus dem wahren Leben – kein neuer Fonds.

Proaktiv war die Pressestelle der bayerischen Polizei dafür nie. Ich verstehe das Wort nicht. Selbst „aktiv“ wäre schon zu viel. Das „Anbieten“ an sich findet ja schon aus einer aktiven Rolle heraus statt. Der Griff zum Hörer oder der Beginn einer Email ist ja nun schon Aktivität genug. Das muss ja nun nicht noch „proaktiv“ eingeleitet werden.

Steht einer Lancierung der proaktiv angeboten Offerte nichts mehr im Weg, wird es hochinteressant: Top-Performance im Back-Test – noch nie eine schlechte bekommen – , eine Smart-Beta-Variante aus dem Minimum-Varianz-Spektrum plus Hurdle-Rate kommt als Private Placement natürlich von keinem geringerem als dem Market Maker daher. Ja woher denn auch sonst? „Come in and find out“ schrieb die Parfümerie-Kette Douglas mal als Werbe-Botschaft. Was kam beim Konsument an? „Komm rein und finde wieder raus“.

Da wieder rauszufinden ist in der Finanzwelt nicht einfach. Ist doch der Eingang schon schwer zu finden. Das ist keine Beschwerde, man ist ja vom Fach. Aber: Am Ende sollen Botschaften ja den Verbraucher und Anleger erreichen. Zu komplexe Texte sorgen für Funkstörungen und es kommt kaum noch was an. Es muss auch im Fachsegment an den Leser gedacht werden. Das klingt banaler als es ist. Aber eins ist sicher: Es wird kein Finanzprodukt gekauft oder verkauft.

Nie!

Es werden Lösungen gesucht und in Form von Finanzprodukten gefunden, wenn es denn passt. Also müssen Lösungen angeboten werden. Das Problem kurz adressieren. In kurzen Sätzen. Ganz knapp und mit einer kausalen Herleitung. Dann – zack – zur Lösung. Dass am Ende ein Finanzprodukt vertrieben wird, kommt idealerweise gar nicht beim Anleger an. Der ist zufrieden mit der Lösung. Nicht mehr. Und nicht weniger.

Der hier veröffentlichte Beitrag entstammt dem ersten Jahrbuch der HANSAINVEST Hanseatische Investment-GmbH. Darin äußern sich Experten zu Themen, welche die Finanzbranche und die Gesellschaft bewegen. In den kommenden Wochen veröffentlichten wir auf DAS INVESTMENT eine Auswahl von Beiträgen aus dieser Publikation. Lesen Sie darin Erkenntnisse und Wissenswertes aus den Bereichen „Branche und Wirtschaft“, „Portfolio“ und „Öffentlichkeit“. An dieser Stelle ein herzliches Danke an die Autoren und die Initiatoren dieses Sammelwerkes. Das vollständige Jahrbuch in gedruckter Form können interessierte Leser kostenfrei unter der folgenden E-Mail Adresse anfordern: [email protected].

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