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Kryptos im Depot: Ein bisschen Pfeffer bitte
Vor weniger als zwei Jahren, im November 2022, hätte das Sentiment am Kryptomarkt kaum schlechter sein können. Damals wurde bekannt, dass die auf den Bahamas ansässige Kryptobörse FTX einen Insolvenzantrag stellen muss. Die bekannteste Kryptowährung, Bitcoin, wurde damals zu etwa 17.000 US-Dollar gehandelt.
Vermögensverwalter und Fondshäuser, die sich zu dem Zeitpunkt schon intensiv mit der Aufnahme von Kryptowährungen in ihre Anlagestrategien beschäftigt hatten, legten das Thema erst mal zurück in die Schublade. Obwohl Investoren in Europa bereits eine Reihe von Exchange-Traded-Products (ETPs) für ein Engagement in den Kryptomarkt nutzen konnten, wollte kaum noch jemand etwas davon wissen. Im Fachjargon spricht man hierbei vom Kryptowinter.
Doch nur 14 Monate später ist der Hype um Bitcoin und Co. zurück. Spätestens seit der Genehmigung der Bitcoin-Spot-ETFs in den Vereinigten Staaten durch die Securities and Exchange Commission (SEC), der dortigen Wertpapieraufsichtsbehörde.
Von Null auf 200 Milliarden Euro
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Vor weniger als zwei Jahren, im November 2022, hätte das Sentiment am Kryptomarkt kaum schlechter sein können. Damals wurde bekannt, dass die auf den Bahamas ansässige Kryptobörse FTX einen Insolvenzantrag stellen muss. Die bekannteste Kryptowährung, Bitcoin, wurde damals zu etwa 17.000 US-Dollar gehandelt.
Vermögensverwalter und Fondshäuser, die sich zu dem Zeitpunkt schon intensiv mit der Aufnahme von Kryptowährungen in ihre Anlagestrategien beschäftigt hatten, legten das Thema erst mal zurück in die Schublade. Obwohl Investoren in Europa bereits eine Reihe von Exchange-Traded-Products (ETPs) für ein Engagement in den Kryptomarkt nutzen konnten, wollte kaum noch jemand etwas davon wissen. Im Fachjargon spricht man hierbei vom Kryptowinter.
Doch nur 14 Monate später ist der Hype um Bitcoin und Co. zurück. Spätestens seit der Genehmigung der Bitcoin-Spot-ETFs in den Vereinigten Staaten durch die Securities and Exchange Commission (SEC), der dortigen Wertpapieraufsichtsbehörde.
Von Null auf 200 Milliarden Euro
Innerhalb von vier Monaten erreichten die neu aufgelegten Produkte ein Handelsvolumen von über 200 Milliarden US-Dollar. Für Investoren bildet dies einen wichtigen Meilenstein, der das Narrativ der Adaption von Kryptowährungen durch institutionelle Investoren bedient. Letztlich stehen nun die Tore für einen Investorenkreis offen, dessen Kapital den Preis von Bitcoin in neue Höhen katapultieren könnte.
Hier in Deutschland, wo Technologie und Fortschritt häufig erst in anderen Teilen der Welt vorgelebt werden müssen, haben Investoren eigentlich schon seit mehreren Jahren die Möglichkeit, Krypto währungen in ihre Anlagestrategie zu integrieren. Die bereits etablierten ETPs können von aktiv verwalteten Publikumsfonds und Vermögensverwaltern – unter Einhaltung regulatorischer Anforderungen – börslich gehandelt werden.
Damit ist der Weg auch hierzulande frei, was uns zur Frage dieses Artikels bringt: Wie lassen sich Kryptowährungen sinnvoll in ein diversifiziertes Portfolio einbauen?
In unserer Analyse zu dem Thema haben wir uns auf Bitcoin fokussiert. Die bekannteste Kryptowährung dürfte für viele die logische erste Wahl darstellen. Auch, weil Bitcoin das für viele Investoren wichtige Narrativ des endlichen Vermögenswerts bedient und sich damit als digitales Gold etabliert.
Andere Teile des Kryptomarkts entwickeln sich eher zu einer Erweiterung des Markts für Nebenwerte. Wir sprechen dabei gerne von tokenisierten Venture-Capital-Investitionen, die ein Engagement in kleinstkapitalisierte Unternehmen ermöglichen. Das bedeutet, der Chance auf besonders hohe Kursgewinne steht ein hohes Risiko für Totalverlust gegenüber.
Wir diskutieren also die mögliche Rolle von Bitcoin in einem Portfolio, wofür wir uns zunächst den dafür entscheidenden Charakteristika der Kryptowährung widmen. Da wäre zum einen die Chance auf verhältnismäßig hohe Kursgewinne. Zwar lassen sich die bisherigen Renditen wahrscheinlich nicht wiederholen.
Doch die Marktkapitalisierung des Bitcoin liegt immer noch weit hinter den traditionellen Anlageklassen zurück. Fließt nur ein Prozent des Kapitals aus dem globalen Anleihemarkt, der etwa 130 Billionen US-Dollar groß ist, in Bitcoin, entspräche dies bereits der aktuellen Marktkapitalisierung (Stand: April 2024). Mit zunehmender Adaption und Reife des Kryptomarkts dürfte das Renditepotenzial attraktiv bleiben, sich aber sukzessive verringern.
Die Prämie dafür, dass man den komplizierten Weg vorbei an den herkömmlichen Börsen gehen muss, dürfte bald auf null gehen. So viel zur Chance. Auf der anderen Seite der Medaille steht bekanntlich das Risiko. Eine erste Beobachtung: In den vergangenen zwölf Jahren fielen die Verlustphasen der Kryptowährung schrittweise niedriger aus. Auch wenn Anleger im jüngsten Zyklus noch einen Kursverlust von gut 75 Prozent gegenüber dem Allzeithoch aushalten mussten, könnte die steigende Akzeptanz der Kryptowährung zu einer Fortsetzung des Trends geringerer Verlustphasen führen.
Zusammengefasst: Wir trauen Bitcoin auch künftig eine Outperformance gegenüber risikoreichen Anlagen wie dem Aktienmarkt zu. Das Verhältnis aus Chance und Risiko bleibt interessant. Nachdem die Etablierung der Anlageklasse ihren Höhepunkt erreicht, dürften sich jedoch sowohl die Renditeerwartung als auch die Schwankungsanfälligkeit schrittweise normalisieren.
Von größerer Bedeutung könnte allerdings diese Beobachtung aus dem vergangenen Jahr sein. Es geht um den möglichen Beitrag von Bitcoin zur Diversifikation eines Portfolios, charakterisiert durch dessen Korrelation mit den gängigen Anlageklassen. Vor dem Ausbruch der Covid-19-Pandemie hoben Bitcoin-Fans gerne die niedrige Korrelation zwischen Bitcoin und dem Aktienmarkt hervor (siehe Abbildung unten). Doch in den Folgejahren änderte sich das Bild. Bitcoin korrelierte deutlich stärker mit dem Aktienmarkt.
Gute Argumente für Multi Asset
Ein Faktor, der den Mehrwert des Bitcoin in Multi-Asset-Portfolios schmälerte, da Investoren die Kryptowährung verstärkt als riskante Anlageklasse mit hohem Beta zum Aktienmarkt einordneten.
Die hohe Korrelation entpuppte sich allerdings als ein vorübergehendes Phänomen. Der Chart zeigt, dass sich Bitcoin und Aktienmarkt derzeit wieder relativ unabhängig voneinander entwickeln. Trotz zunehmender Reife scheint Bitcoin also eine gewisse Eigenständigkeit beizubehalten. Eine für Multi-Asset-Fans durchaus relevante Erkenntnis. Ähnlich wie Gold behält Bitcoin somit das Potenzial, die Diversifikation eines Portfolios zu verbessern. Angenommen, wir entscheiden uns für die Aufnahme von Bitcoin in ein Portfolio.
In dem Fall stellt sich die Frage, welche Anlageklasse nun den Platz für Bitcoin räumen soll. Unsere Analysen legen nahe, dass der Anleihebereich hierfür ein geeignetes Bauernopfer wäre. Denn Bitcoin und Anleihen verhalten sich, wie anhand der Korrelation gezeigt werden kann, phasenweise unterschiedlich zum Aktienmarkt.
Ein Portfolio erhält durch den Tausch also eine gute Chance auf positive Diversifikationseffekte. Außerdem scheint das Verhältnis aus Chance und Risiko in Zeiten hoher Inflationsraten eher zugunsten von Aktien als von Anleihen zu laufen.
Zur selben Einschätzung gelangte übrigens auch unsere Umfrage zu dem Thema auf Linkedin. 41 Prozent der Teilnehmer würden Anleihen für Bitcoin aus dem Portfolio nehmen. Für ein Drittel der Befragten soll Bitcoin erst mal keine Rolle in der Portfoliokonstruktion spielen.
Nachdem wir uns die relevanten Charakteristika von Bitcoin angeschaut haben, kommen wir zur Kernfrage: Welches Gewicht kann man einem Vermögenswert wie Bitcoin im Portfolio zuteilen? Hier- für haben wir uns, ausgehend von einer klassischen 60/40-Mischfondsstrategie, verschiedene Szenarien angeschaut. 60/40 bedeutet, dass 60 Prozent in Aktien angelegt werden und 40 Prozent in Anleihen.
Bitcoin statt Anleihen
Im Rahmen eines Backtests haben wir die wilden Anfangsjahre der Bitcoin-Geschichte ausgeklammert und mit dem Start im Februar 2017 einen Zeitraum ausgewählt, der sowohl gute als auch schlechte Performance-Jahre umfasst.
Aus dem 60/40-Portfolio haben wir ein 60/35/5-Portfolio gemacht und die Entwicklung der beiden miteinander verglichen. Die Zielgewichte wurden jeweils zum Jahresende überprüft und wiederhergestellt.
Das Ergebnis: Mehr als 10 Prozent Renditeunterschied pro Jahr. Allerdings mit deutlich höherer Volatilität und einem maximalen Wertverlust von über 20 Prozent. Nicht jeder Portfoliobesitzer ist bereit, derart große Sprünge im Risiko hinzunehmen. Aus diesem Grund haben wir die Übung wiederholt. Diesmal mit einem 60/38/2-Portfolio. 2 Prozent eines Portfolios in Bitcoin anzulegen mag marginal wirken. Doch die Ergebnisse können sich sehen lassen. Die Tabelle auf Seite 14 oben zeigt die relevanten Kennzahlen der drei getesteten Portfolios. Für das 60/38/2-Portfolio kommt die Rendite von 10,5 Prozent pro Jahr ohne hohen Aufpreis beim Risiko. Denn der maximale Wertverlust, den ein Investor während des Anlagezeitraums hätte aushalten müssen, liegt lediglich 0,9 Prozent höher als im 60/40-Portfolio.
Der ein oder andere Leser mag sich zurecht die Frage nach dem Einstiegszeitpunkt stellen. Natürlich fällt das Ergebnis besser aus, wenn Sie Ihr initiales Engagement im Kryptowinter aufbauen. Doch unsere Analyse zeigt auch, dass das 60/38/2-Portfolio über einen Anlagezeitraum von zwei Jahren, unabhängig vom Einstiegszeitpunkt, in 88 Prozent der Zwei-Jahres-Perioden besser als das 60/40-Portfolio gelaufen wäre. Ein aus unserer Sicht überzeugendes Ergebnis.
Um nicht Geschädigter verhaltensökonomischer Fallstricke zu werden, würden wir Vermögenswerte dieser Art übrigens stets mit einem gewissen Buy-and-hold-Ansatz ins Portfolio einbetten. Durch regelmäßiges Rebalancing, das zum Beispiel quartalsweise umgesetzt werden könnte, wäre dennoch ein gewisses Risikomanagement vorhanden.
Darüber hinaus besitzt der Kryptomarkt als noch junge Anlageklasse den Charme, dass technische Indikatoren, wie beispielsweise der 52-Wochen-Durchschnitt des Bitcoinpreises, eine hohe Güte als Signal für eine Über- oder Untergewichtung der Kryptowährung bieten.
Selbstredend ist die geeignete Strategie für ein Portfolio individuell und hängt von mehreren Faktoren ab, einschließlich der Risikotoleranz des Anlegers und seinen finanziellen Zielen. Ebenso gilt es festzuhalten, dass vergangene Entwicklungen keine Garantie für künftige Renditen darstellen. Unsere Analysen dienen nicht als Anlageberatung, sondern lediglich als Hilfestellung, um sich dem Thema aus einer praktischen Perspektive zu nähern.
Hinsichtlich der Rolle von Bitcoin in einem diversifizierten Portfolio vertreten wir die Auffassung, dass eine Kombination aus Buy-and-hold, regelbasierten Rebalancings und aktiven Anlageentscheidungen in Abhängigkeit fundamentaler und quantitativer Faktoren einen signifikanten Mehrwert liefern kann. Für Investoren scheint sich die Möglichkeit zu bieten, einem Portfolio die Chance auf höhere Renditen zu geben, ohne dafür zwingend größere Schwankungen und Verlustphasen in Kauf nehmen zu müssen.
Über den Autor:
Philipp Emanuel Eisel bietet mit seiner in Frankfurt ansässigen Gesellschaft EE Capital Management Research und Financial-Content-Services an. Zuvor leitete Eisel bis ins Jahr 2022 den Kapitalmarktbereich von Scalable Capital.