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KI-Hype Anleger müssen vorsichtig vorgehen

Von in FondsLesedauer: 7 Minuten
Kunden testen bei Apple neue iPhones an einem langen weißen Tisch
Apple-Kunden testen neue iPhones nach deren Präsentation am 9. September | Foto: Imago Images / Xinhua

Gestern stellte Apple standesgemäß sein neues iPhone 16 im Steve Jobs Theater im kalifornischen Cupertino vor. Das Motto „It’s Glowtime“ hatte bereits im Vorfeld für reichlich Spekulationen gesorgt. Und tatsächlich: Im Mittelpunkt stand die Vorstellung von Apple Intelligence, der firmeneigenen KI-Technologie, welche die neuen iPhones deutlich leistungsfähiger machen soll.

 

 

 

Die KI-Features verbessern zum einen die Interaktion mit dem Gerät, eröffnen zum anderen aber auch völlig neue Anwendungsmöglichkeiten wie etwa smartere Kamerafunktionen oder eine verbesserte Sprachsteuerung durch Siri. Die Künstliche Intelligenz soll zum Teil sogar auf dem Gerät selbst laufen, es ist also keine Internetverbindung notwendig. Doch Apple-Nutzer hierzulande müssen noch warten: Aufgrund von kürzlich beschlossenen EU-Vorgaben werden die KI-Features vorerst nicht nach Europa kommen. 

Künstliche Intelligenz wird für breite Konsumentenschichten zugänglich

Das Beispiel zeigt: KI-Anwendungen dringen immer mehr in den Alltag vor. Nun muss sich zeigen, ob und wie groß die Akzeptanz beim Kunden ist. Darauf wird der Kapitalmarkt in den kommenden Quartalen genau achten. Auch wenn bereits der Handyhersteller Samsung vor Apple auf KI in seinen Geräten gesetzt hat, dürfte das neue iPhone ein guter Stimmungstest sein.

Denn durch die anhaltende KI-Euphorie sind die Erwartungen an die neuen Features hoch. In den nächsten Wochen wird sich zeigen, ob Apple die Erwartungen erfüllen kann oder ob die neue Technologie beim Endkunden floppt. Dann dürfte eine gewisse Ernüchterung – auch am Kapitalmarkt – einsetzen. Das dürften dann vor allem Zulieferer wie die Chiplieferanten zu spüren bekommen. Es wäre ein Dämpfer für die Zukunftstechnologie, deren erhoffte Erfolgsgeschichte im November 2022 begann. 

Welche Unternehmen aus Kapitalmarktsicht auf der Gewinnerseite stehen

Seinerzeit setzte die KI-Software ChatGPT neue Maßstäbe. Für den Aktienmarkt war dies in gewisser Weise der Urknall des KI-Superzyklus. Das interaktiv nutzbare Sprachmodell hatte einen gewaltigen Demonstrationseffekt. Es machte erstmals einer breiten Öffentlichkeit bewusst, dass künstliche Intelligenz eine grundlegend disruptive Technologie sein könnte.

Schnell wurde nach der Einführung klar: Auch die gesellschaftliche und volkswirtschaftliche Bedeutung von generativen KI-Modellen wie ChatGPT und damit die Relevanz für den Kapitalmarkt sind enorm. Als Folge machten Investoren am Kapitalmarkt schnell vermeintliche Gewinner wie Halbleiter, Infrastrukturplattformen oder Software aus. Verlierer waren beispielsweise Callcenter oder Bildungsplattformen. Die Folge waren starke Kursausschläge in beide Richtungen – je nachdem, ob die Unternehmen als Gewinner oder Verlierer eingeschätzt wurden. 

Die Frage, die sich Anleger jetzt stellen: Wie geht es weiter? Steht mein Unternehmen durch den Einsatz von Künstlicher Intelligenz auf der Gewinner- oder Verliererseite? Das wird man erst in der Zukunft wissen und es kommt auf den Einzelfall an. Im Idealfall kann der Einsatz von KI zu einer Effizienzsteigerung durch Automatisierung und optimierte Prozesse führen, was wiederum eine Margenverbesserung und eine bessere Profitabilität zur Folge hat.

Auch bei der Entwicklung von Zukunftstechnologie wie selbstfahrenden Autos oder humanoiden Robotern spielt KI eine entscheidende Rolle. Möglicherweise eröffnen sich dadurch auch ganz neue Geschäftszweige. Langfristig sind aber die großen Internetplattformen bestens aufgestellt, um von der KI zu profitieren. Sie entwickeln eigene Chips, haben Zugriff auf eine enorme Datenmenge, verfügen über große Datencenter und Endnutzergeräte. 

Viele Unternehmen haben mit Blick auf die erhofften Potenziale ihre Investitionen im Bereich KI beziehungsweise Machine Learning enorm hochgefahren. Während zu Beginn noch KI-Vorreiter wie Alphabet, Microsoft, Amazon und Meta zu den größten Nachfragern für KI-Prozessoren zählten, machen sie mittlerweile weniger als die Hälfte der Nachfrage aus.

Das heißt, dass sich die Nachfrage nach KI-fähigen Chips deutlich verbreitert hat und auch traditionelle Unternehmen und Staaten eine eigene KI-Infrastruktur aufbauen. Anhand der globalen Halbleiter-Umsätze lässt sich die Größe des aktuellen Investitionszyklus gut ablesen. Mit jeder neuen Tech-Ära haben sich die globalen Halbleiterumsätze verdoppelt, beispielsweise in der Phase PC und Internet. Ähnliches ist auch für das Zeitalter Cloud und KI zu erwarten. 

Ob sich die enormen Investitionen der Unternehmen auszahlen, wird sich erst in den nächsten Jahren zeigen. Zunächst profitierten die Unternehmen, die unverzichtbare Komponenten für KI anbieten. Bisher waren das die Chiphersteller, die an der Börse bis vor wenigen Wochen auch entsprechend gefeiert wurden. Mittlerweile dominieren aber die Sorgen, dass die Investitionen von KI-orientierten Unternehmen deutlich zurückgehen könnten. Denn so aufsehenerregend die Anwendungen sind: Wie erfolgsversprechend sie im geschäftlichen Sinne sind, muss sich erst noch zeigen. 

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Momentan bleibt das dominante Thema an den Märkten, ob und wie schnell sich die Investitionen für die Unternehmen und ihre Aktionäre auszahlen werden. Das hat Anfang August zu einer Korrektur bei KI-nahen Werten geführt. Positiv ist daran, dass dadurch die Konzentration an den Aktienmärkten abgenommen hat. Es setzen nicht mehr alle Investoren auf eine kleine Anzahl von Hoffnungsträgern. Vielmehr hat der Markt in der Breite an Stärke gewonnen.

Anleger sollten in dieser Phase auch bei KI-nahen Titeln stark differenzieren. Kursrückschläge bieten selektive Chancen, etwa bei Plattform-Unternehmen, die über anhaltend robustes Wachstum im operativen Geschäft verfügen. Durch die jüngste Korrektur ist das Kurs-Gewinn-Verhältnis (KGV) bei Tech-Unternehmen wieder leicht zurückgekommen, verharrt aber weiterhin auf erhöhten Niveaus. Von den Bewertungsniveaus der 2000er Jahre während der Dot-Com-Bubble sind die Aktien aber immer noch weit entfernt.

Die Entzauberung der Technologieschwergewichte führt zu Anlagechancen

Trotz der jüngsten Zweifel sind die Erwartungen an KI zuletzt wieder angestiegen. Damit erhöht sich aber auch die Gefahr für Enttäuschungen hinsichtlich der Adaptionsgeschwindigkeit. Das könnte sich in Form von sinkenden Aktienkursen an den Kapitalmärkten widerspiegeln. Hiervon wären vor allem Halbleiterhersteller, die ohnehin eine zyklische Struktur aufweisen, betroffen. Daher nehmen wir in diesem Sektor aktuell eine eher neutrale Haltung ein.

Mittel- und langfristig ändert sich allerdings nichts an der positiven Grundeinstellung gegenüber KI-Werten. Das Wachstum hält an, auch wenn sich die Zuwachsraten nicht auf dem hohen Niveau der letzten Quartale werden halten können. Denn die Anwendung von Künstlicher Intelligenz steht momentan erst am Anfang. In Zukunft wird sie zahlreiche neue Anwendungsgebiete erschließen, die sich heute womöglich noch gar nicht abzeichnen. 

 


 

Über den Autor: 

Benjardin Gärtner arbeitet als Leiter Fondsmanagement Aktien bei der Frankfurter Fondsgesellschaft Union Investment.

 

 

 

 

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