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Künstliche Intelligenz in der Finanzbranche „Der Mensch wird niemals überflüssig“

Bernhard Langer ist als Investment-Chef Quantitative Strategies weltweit für die quantitativen Aktienstrategien von Invesco zuständig.
Bernhard Langer ist als Investment-Chef Quantitative Strategies weltweit für die quantitativen Aktienstrategien von Invesco zuständig. | Foto: Martin Joppen

DAS INVESTMENT: Herr Langer, Sie blicken auf einige Jahre Berufserfahrung im Portfoliomanagement zurück. Kommt jetzt der Zeitpunkt, an dem Sie sich dank Künstlicher Intelligenz entspannt zurücklehnen können?

Bernhard Langer: Schön wär’s, aber so weit sind wir noch lange nicht. Künstliche Intelligenz wird zwar immer wichtiger, ist aber noch in einem frühen Stadium, vor allem im Asset Management. Momentan wird zwar sehr viel mit der KI experimentiert, aber ein größerer Durchbruch steht noch aus. Und man muss eines klarstellen: Beim Einsatz Künstlicher Intelligenz geht es nicht darum, dass die Maschine alle Anlageentscheidungen alleine trifft, sondern darum, das Zusammenspiel zwischen Mensch und Maschine weiter zu optimieren. In etwa so, wie wenn Sie einen Autopiloten fortlaufend verbessern, um ihn benutzerfreundlicher für den Piloten zu machen. Dass der Mensch irgendwann überflüssig wird, schließe ich aus.

Halten Sie die Einsatzmöglichkeiten der KI im Wirtschaftsleben für überschätzt?

Langer: Es wird momentan eine Menge über KI gesprochen. Wieder übrigens: Vielleicht erinnert sich der eine oder andere noch an die Diskussion um neuronale Netze vor einigen Jahren. Die realen Einsatzmöglichkeiten sind aktuell aber noch begrenzt. Im Medizinbereich setzt man sie zielgerichtet und durchaus erfolgreich beim Hautkrebs-Screening ein. Im Wirtschaftsleben spielt die KI aber noch keine so große Rolle. Das wird sich aber ändern.

Welche KI-Ansätze liefern für das Portfoliomanagement keinen Nutzen?

Langer: Aus unserer Sicht ist entscheidend, ob die Frage die richtige für die Künstliche Intelligenz ist. Im Grunde ist sie dann am besten, wenn man viele Beobachtungen hat, von denen das System lernen kann. Beispielsweise, ob sich eine hohe Zuversicht beim Firmen-Management in einer positive Kursentwicklung der entsprechenden Aktie niederschlägt. Dazu gibt es über die Jahre Zehntausende von Beobachtungen. Eine Zahl, die bei der Bilderkennung noch sehr gering wäre.

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Was wäre eine falsche Frage?

Langer: Mit einer Frage wie „Läuft Value im nächsten Monat?“ tut sich Künstliche Intelligenz schwer. An Daten hat man lediglich eine Zeitreihe von ein paar Hundert Monaten. Große Skepsis ist vor allem bei intransparenten Prognosen angebracht. Als Anwender kann und muss ich verstehen, was die Auslöser sind. Ich muss daran denken, dass sich Märkte verändern werden – auch in Reaktion auf die Analyse der KI. Gleichzeitig hat sie in bestimmten Bereichen aber durchaus ihre Existenzberechtigung und schafft Mehrwerte.

Sie erwähnten die Zuversicht des Firmen-Managements. Was kann eine KI daraus ableiten?

Langer: Eine Spracherkennung kann herausfinden, wie optimistisch oder pessimistisch eine Unternehmensführung in Bezug auf das eigene Unternehmen ist. Das nennt man Natural Language Processing, kurz NLP, und ist eine Variante Künstlicher Intelligenz. Und das Beste ist: Sie funktioniert. Bei Bilanzpressekonferenzen haben Sie einerseits das abgelesene Skript des Unternehmenschefs oder Finanzvorstands, andererseits die Fragerunde im Anschluss. Mit dem abgelesenen Skript fangen Sie wenig an. Denn die klassische Unternehmensberichterstattung, also Geschäfts-, Quartalsberichte und Unternehmenspräsentationen, vermeiden die unbeabsichtigte Preisgabe von Informationen. Interessant wird es erst in der Fragerunde. Da wird Tacheles geredet. Und genau hier setzt die NLP-Spracherkennung an. Wir suchen also nach weniger stark vorbereiteter Kommunikation und werden bei den Fragerunden auch fündig – insbesondere bei den Antworten auf Analystenfragen.

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