Kurschance nach verpatztem Börsengang Anleger verkennen den wahren Wert der Sunrise-Aktie
Nicolas Schmidlin, Manager des gemischt anlegenden Profitlich Schmidlin Fonds UI
Der zweitgrößte Mobilfunkanbieter in der Schweiz ist Sunrise Communications. Das Unternehmen befand sich bis Anfang vergangenen Jahres in Besitz des Private-Equity-Unternehmens CVC. Im Februar 2015 erfolgt der Börsengang. Nachdem dieser sich zunächst als Erfolg entpuppt und die Aktie von Sunrise in den ersten Monaten annähernd 20 Prozent an Wert gewinnt, beginnt eine lange Durststrecke, in deren Verlauf die Aktie um die Hälfte an Wert verliert. Den Schritt aufs Parkett kann man damit durchaus als misslungen bezeichnen.
Misslungene Börsengänge können interessante Kaufgelegenheiten darstellen: Die kurze Kapitalmarkt-Historie der Unternehmen kann die Verunsicherung der Marktteilnehmer verstärken und trägt so zur Entstehung einer Übertreibung bei.
Die Entwicklung der Sunrise-Aktie lässt sich folgendermaßen erklären: Als das Unternehmen den neuen Mobilfunktarif „Freedom“ einführte, kam es zu Änderungen im Rechnungswesen. Die Umsätze aus dem Verkauf von Mobiltelefonen werden seither nicht mehr über die Vertragsdauer bilanziert, sondern direkt zum Zeitpunkt des Verkaufs. Die Umstellung führte dazu, dass der operative Gewinn des Unternehmens über einige Quartale höher als die betriebswirtschaftliche Realität ausgefallen ist. In den anschließenden Quartalen waren die Erträge durch diesen Effekt entsprechend rückläufig. Dies hat viele Marktteilnehmer verunsichert.
Daneben drückte ein zweiter Effekt auf die Stimmung der Investoren: Der französische Investor Xavier Niel übernahm Salt, den drittgrößten Telekom-Anbieter in der Schweiz. Der Milliardär hat bereits beachtliche Erfolge bei Investitionen in Telekom-Unternehmen in Frankreich und Israel vorzuweisen. Seine Unternehmen sind für eine aggressive Preis- und Kostenpolitik bekannt – und eben diese fürchten Sunrise-Investoren nun auch in der Schweiz.
Die vergleichsweise hohe Verschuldung und Netzwerk-Nachteile von Salt sprechen allerdings gegen einen Preiskampf. Zudem lassen die kürzlich veröffentlichten Zahlen der Schweizer Telekom-Unternehmen darauf schließen, dass Salt weiter Kunden an Sunrise und den halbstaatlichen Anbieter Swisscom verliert. Der Abgang von nahezu der gesamten Führungsriege von Salt, insbesondere des Vorstands-Chefs Johan Andsjö im vergangenen Dezember, lässt ebenfalls den Schluss zu, dass keine unmittelbare Gefahr besteht.
In der Tat legen Aussagen der Unternehmen und Verlautbarungen des Telekom-Regulators eher nahe, dass es zu einem Zusammenschluss von Sunrise und Salt kommen könnte. Ein solcher Schritt würde es den beiden Unternehmen endlich ermöglichen, sich mit der marktdominierenden Swisscom auf Augenhöhe zu duellieren. Eine Fusion beider Unternehmen könnte erhebliche Synergien erzeugen, unter anderem aus der gemeinsamen Nutzung der Mobilfunkmasten und durch geringere Verwaltungskosten. Weder diese Option noch der fundamentale Wert der Gesellschaft an sich scheint im aktuellen Kurs der Sunrise-Aktie korrekt reflektiert zu sein.
Über den Autor: Nicolas Schmidlin ist Vorstand und Mitgründer der Fondsberatungsgesellschaft Profitlich Schmidlin AG in Köln. Für DER FONDS schreibt er an dieser Stelle in unregelmäßigen Abständen über Sondersituationen an den Aktien- und Rentenmärkten, auf die er durch seine tägliche Arbeit aufmerksam wird.
Hinweis: Zum Verfassungszeitpunkt des Artikels ist der Profitlich Schmidlin Fonds UI in Aktien von Sunrise Communications investiert. Die in dieser Kolumne geäußerten Meinungen und Angaben stellen keine Beratung im Sinne des Wertpapierhandelsgesetzes oder anderer einschlägiger Vorschriften sowie keine Aufforderung zum Kauf, Halten oder Verkauf des dargestellten Wertpapiers dar. Die hier gemachten Angaben dienen lediglich der Information und geben die jeweils persönliche Meinung des Verfassers wieder.
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Die Entwicklung der Sunrise-Aktie lässt sich folgendermaßen erklären: Als das Unternehmen den neuen Mobilfunktarif „Freedom“ einführte, kam es zu Änderungen im Rechnungswesen. Die Umsätze aus dem Verkauf von Mobiltelefonen werden seither nicht mehr über die Vertragsdauer bilanziert, sondern direkt zum Zeitpunkt des Verkaufs. Die Umstellung führte dazu, dass der operative Gewinn des Unternehmens über einige Quartale höher als die betriebswirtschaftliche Realität ausgefallen ist. In den anschließenden Quartalen waren die Erträge durch diesen Effekt entsprechend rückläufig. Dies hat viele Marktteilnehmer verunsichert.
Daneben drückte ein zweiter Effekt auf die Stimmung der Investoren: Der französische Investor Xavier Niel übernahm Salt, den drittgrößten Telekom-Anbieter in der Schweiz. Der Milliardär hat bereits beachtliche Erfolge bei Investitionen in Telekom-Unternehmen in Frankreich und Israel vorzuweisen. Seine Unternehmen sind für eine aggressive Preis- und Kostenpolitik bekannt – und eben diese fürchten Sunrise-Investoren nun auch in der Schweiz.
Die vergleichsweise hohe Verschuldung und Netzwerk-Nachteile von Salt sprechen allerdings gegen einen Preiskampf. Zudem lassen die kürzlich veröffentlichten Zahlen der Schweizer Telekom-Unternehmen darauf schließen, dass Salt weiter Kunden an Sunrise und den halbstaatlichen Anbieter Swisscom verliert. Der Abgang von nahezu der gesamten Führungsriege von Salt, insbesondere des Vorstands-Chefs Johan Andsjö im vergangenen Dezember, lässt ebenfalls den Schluss zu, dass keine unmittelbare Gefahr besteht.
In der Tat legen Aussagen der Unternehmen und Verlautbarungen des Telekom-Regulators eher nahe, dass es zu einem Zusammenschluss von Sunrise und Salt kommen könnte. Ein solcher Schritt würde es den beiden Unternehmen endlich ermöglichen, sich mit der marktdominierenden Swisscom auf Augenhöhe zu duellieren. Eine Fusion beider Unternehmen könnte erhebliche Synergien erzeugen, unter anderem aus der gemeinsamen Nutzung der Mobilfunkmasten und durch geringere Verwaltungskosten. Weder diese Option noch der fundamentale Wert der Gesellschaft an sich scheint im aktuellen Kurs der Sunrise-Aktie korrekt reflektiert zu sein.
Über den Autor: Nicolas Schmidlin ist Vorstand und Mitgründer der Fondsberatungsgesellschaft Profitlich Schmidlin AG in Köln. Für DER FONDS schreibt er an dieser Stelle in unregelmäßigen Abständen über Sondersituationen an den Aktien- und Rentenmärkten, auf die er durch seine tägliche Arbeit aufmerksam wird.
Hinweis: Zum Verfassungszeitpunkt des Artikels ist der Profitlich Schmidlin Fonds UI in Aktien von Sunrise Communications investiert. Die in dieser Kolumne geäußerten Meinungen und Angaben stellen keine Beratung im Sinne des Wertpapierhandelsgesetzes oder anderer einschlägiger Vorschriften sowie keine Aufforderung zum Kauf, Halten oder Verkauf des dargestellten Wertpapiers dar. Die hier gemachten Angaben dienen lediglich der Information und geben die jeweils persönliche Meinung des Verfassers wieder.
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