Christin Jahns

Marktturbulenzen Kurssturz an den Börsen – woran es liegt und was du jetzt tun solltest

Menschen in Panik vor roten Börsenkursen
Die erhöhte Volatilität an den Märkten spiegelt sich im VIX-Index wider, dem sogenannten Angstbarometer der Wall Street, der auf den höchsten Stand seit Oktober 2023 gestiegen ist.
© Christin Jahns mit Canva-KI
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Die globalen Aktienmärkte erlebten zuletzt einen plötzlichen und heftigen Ausverkauf. Der japanische Nikkei-Index verzeichnete mit einem Rückgang von rund 12 Prozent am 5. August 2024 den größten Tagesverlust seit 1987. Auch andere wichtige Indizes wie der S&P 500, der MSCI World und der Dax erlitten erhebliche Verluste.

Dieser Ausverkauf wurde durch eine Kombination von Faktoren ausgelöst, die viele Investoren dazu veranlassten, Positionen in verschiedenen Anlageklassen aufzulösen.

Die Hauptursachen für die Kursverluste

  • Rezessionsängste: Der überraschend schwache US-Arbeitsmarktbericht für Juli hat Befürchtungen einer bevorstehenden Wirtschaftsflaute verstärkt. Mit nur 114.000 neuen Jobs außerhalb der Landwirtschaft und einem Anstieg der Arbeitslosenquote auf 4,3 Prozent deutet sich eine Abkühlung an.
  • Geopolitische Spannungen: Die sich zuspitzende Situation im Nahen Osten, insbesondere zwischen Israel und dem Iran, trägt zur Verunsicherung der Investoren bei.
  • Geldpolitik der Zentralbanken: Die US-Notenbank Federal Reserve hat angekündigt, die Zinsen frühestens im September zu senken, was von vielen Investoren als zu spät empfunden wird. Gleichzeitig hat die Bank of Japan überraschend die Zinsen angehoben, was zusätzlichen Druck auf die Aktienmärkte ausübte.
  • Auflösung von Carry Trades: Die Zinserhöhung der Bank of Japan führte zur Auflösung sogenannter Yen-Carry-Trades. Dabei hatten Investoren Geld im Niedrigzinsland Japan geliehen und in Hochzinsländern wie den USA investiert. Die plötzliche Aufwertung des Yen um über 8 Prozent verursachte erhebliche Verluste, die zu einem Ausverkauf an den japanischen Börsen führte.
  • Überbewertung der Märkte: Experten wie Stephen Dover vom Franklin Templeton Institute weisen darauf hin, dass die Bewertungen am US-Aktienmarkt bereits seit einiger Zeit überzogen waren und wenig Spielraum für Enttäuschungen ließen.
  • Technologiesektor unter Druck: Auch die US-amerikanischen Technologieunternehmen, die in diesem Jahr maßgeblich zu den Kursgewinnen beigetragen haben, zeigten auf einmal Schwächen. Unternehmen wie Nvidia und Microsoft mussten deutliche Kursrückgänge hinnehmen. Dies schürte die Angst, dass der KI-Boom am Ende sein könnte.

In Kombination haben diese Faktoren zu einem sprunghaften Anstieg der Marktvolatilität und einer Flucht in als sicherer geltende Anlagen geführt. Die erhöhte Volatilität an den Märkten spiegelt sich im VIX-Index wider, dem sogenannten Angstbarometer der Wall Street, der auf den höchsten Stand seit Oktober 2023 gestiegen ist.

 

Börsenbeben: Wie du dich als langfristiger Anleger richtig verhältst

Die Turbulenzen an den Finanzmärkten haben viele Anleger verunsichert. Die Performancedaten leuchten rot – solltest du deine Strategie lieber ändern? Warum es gerade in volatilen Zeiten so wichtig ist, einen kühlen Kopf zu bewahren und wie du am besten vorgehst.

Langfristige Perspektive im Blick behalten

Auch wenn kurzfristige Schwankungen beunruhigend sein können, zeigt die Historie, dass sich Aktienmärkte langfristig nach oben bewegen. „Wir haben das mal für den MSCI World durchgerechnet“, erklärt Thomas Kehl von Finanzfluss im Podcast „Expedition Investment“. „Über alle Perioden ab 13 Jahren, egal welche man ausgesucht hat, gab es keine Laufzeiten, die eine Negativrendite hatten. Im schlechtesten Fall hatte man eine kleine positive Rendite, aber nie eine negative. Wenn man dann noch ein, zwei Jahre dranhängt hat, ist man in der Regel auch wieder sehr nah am Durchschnitt dran. Deswegen sagt man oft: 10 bis 15 Jahre sollte man Zeit haben, bis man sein Geld wieder braucht, weil man dann auch die Chance hat, Finanzkrisen, die völlig normal sind am Kapitalmarkt, auszusitzen.“

Stephen Dover vom Franklin Templeton Institute betont zudem, dass es noch zu früh sei, aus den aktuellen Daten auf eine US-Rezession zu schließen. Auch andere Experten mahnen zur Besonnenheit und sehen in den aktuellen Verwerfungen eher eine Korrektur überbewerteter Märkte als den Beginn einer langfristigen Krise. Für diese Theorie spricht, dass der Nikkei 225 nach seinem historischen Absturz am 5. August 2024 bereits am folgenden Tag (6. August 2024) eine spektakuläre Erholung erlebte und mit einem Plus von 9,4 Prozent den größten Tagesgewinn seiner Geschichte verzeichnete.

Wenn du langfristig Vermögen aufbauen willst, verkaufe deine Wertpapiere jetzt nicht aus Panik. Kursrückschläge gehören an der Börse dazu. Wenn du weißt, dass du schnell nervös wirst, schaue in solchen Zeiten besser nicht in dein Depot, sondern sitze die Turbulenzen aus und halte an deiner Strategie fest.

Nur wenn du in sehr spezielle ETFs oder Fonds investiert hast, solltest du eventuell darüber nachdenken, in einen breiter gestreuten Fonds umzuschichten. Warte aber auch dafür lieber auf ruhigere Zeiten – in Krisen zu verkaufen, ist meist der sicherste Weg, um Verluste einzufahren.

Das musste auch Julian-André Winter schmerzhaft erfahren. In der Finanzkrise 2008 hat der Geschäftsführer des digitalen Vermögensverwalters „easyfolio“ 12.000 Euro verloren, wie er bei „Expedition Investment“ erzählt. Winter hat bereits als Schüler angefangen, für eine Apotheke Medikamente auszufahren. Das Geld, das er dabei verdiente, investierte er nach einem Praktikum bei der Volksbank in einen global gestreuten Aktienfonds. „Natürlich muss man im Nachhinein fragen, war es das richtige Produkt, war es die richtige Beratung und die Betreuung danach gab es natürlich auch nicht mehr“, sagt Winter heute. „Dann kam irgendwann die Finanzkrise, die Emotionen und es fehlte die hilfreiche Hand, damit umzugehen. Das führte dann dazu, dass man zum schlecht möglichsten Zeitpunkt seinen Fonds, sein Investment verkauft hat und das waren dann diese knapp 12.000 Euro Verlust. Das war damals, mit 19, 20 Jahren, fast alles Ersparte, was man hatte. Umso ärgerlicher, wenn man heute weiß, dass man es hätte besser machen können.“

Seine Verkaufsentscheidung damals erklärt Winter mit den Emotionen, die mit so einem Investment zusammenhängen, wenn man jung ist, einen Großteil seines Geldes auf eine Karte gesetzt hat und dann immer mehr Crash-Meldungen auf einen einprasseln. Irgendwann, sagt er, sei man dann überzeugt davon, dass es noch weiter runtergehe, und man lieber aussteigen sollte, um nicht alles zu verlieren. „Wenn man dann aber sieht, okay, hättest du ein paar Monate gewartet, dann wäre es schon viel besser. Hättest du ein bis zwei Jahre mehr gewartet, dann hättest du kaum noch einen Verlust gemacht, ist das natürlich sehr ärgerlich.“

Vom Investieren abgehalten, hat ihn das nicht. Allerdings würde Winter heute nie mehr alles auf ein Wertpapier setzen. Und auch sonst hat er aus der Erfahrung viel gelernt. „Heute weiß ich, dass es nach jeder Krise auch weider nach oben geht.“ Zudem rät er, ruhig und besonnen zu bleiben, wenn die Kurse fallen. Sich unbedingt mit anderen Menschen aus dem Finanzsektor auszutauschen und viel zu recherchieren. Und: Die eigenen Emotionen zwar zuzulassen und zu verarbeiten, aber finanzielle Entscheidungen nicht aus Angst heraus zu treffen.  

Hans-Peter Erb, Professor für Sozialpsychologie an der Helmut-Schmidt-Universität der Bundeswehr in Hamburg, rät zudem, sich schon vor dem Investieren zu fragen, wie lange man einen ETF halten will, wenn er nicht so läuft, wie man sich das vorgestellt hat, um Panikentscheidungen zu vermeiden. 

The trend is your friend – oder doch nicht?

Die Morningstar-Studie „Mind the Gap“ zeigt, dass Anleger oft zu spät in erfolgreiche Fonds einsteigen – nämlich dann, wenn die Kurse bereits gestiegen sind und dann zu früh wieder aussteigen, weil sie es nicht schaffen, die Durststrecken auszusitzen. Dies führt häufig zu Enttäuschungen, wie das Beispiel des iShares Global Clean Energy ETF zeigt. Dies führt zu einer Diskrepanz zwischen der Fondsperformance und der tatsächlichen Rendite der Anleger.

Eine wichtige Erkenntnis der Studie ist daher, dass Anleger konsequent an der Buy-and-Hold-Strategie festhalten und gleichzeitig breit diversifizierte Portfolios mit geringeren Schwankungen bevorzugen sollten. Damit lassen sich oft bessere Renditen erzielen. Wer allerdings jeder Börsennachricht hinterherläuft und mit hochvolatilen Produkten jedem Trend nachjagt, übersieht, dass Börsennachrichten vor allem auf vergangenen Entwicklungen basieren und vergangene Kursbewegungen erklären. An der Börse geht es aber um die Zukunft. 

 

Hin und her macht Taschen leer: Häufiges Handeln vermeiden

Studien zeigen, dass zu aktives Handeln die Rendite schmälern kann. Die aktivsten Händler bleiben im Schnitt 6,5 Prozent pro Jahr hinter dem US-Markt zurück. Halte stattdessen lieber an deiner langfristigen Strategie fest, auch wenn es an den Märkten mal turbulent zugeht. Nicht umsonst besagt eine bekannte Börsenweisheit: „Hin und her macht Taschen leer.“

Depot und Strategie regelmäßig überprüfen

Auch wenn zu häufiges Handeln kontraproduktiv ist, lohnt es sich, dein Portfolio vierteljährlich oder jährlich zu überprüfen und bei Bedarf anpassen. So stellst du sicher, dass deine Anlagestrategie weiterhin zu deinen Zielen passt und dein Depot trotz Kursschwankungen ausbalanciert bleibt.

Diversifikation: Qualität und Streuung als Absicherung

In Phasen wirtschaftlicher Verlangsamung entwickeln sich Wachstumswerte und Qualitätstitel oft besser als Substanzwerte. Eine breite Streuung über verschiedene Märkte, Sektoren und Anlageklassen kann helfen, Risiken zu minimieren.

Insbesondere dem MSCI World wird oft vorgeworfen, dass sein Name irreführend sei, da der Index von US-Unternehmen dominiert wird. Wenn du bislang ausschließlich in einen ETF auf den MSCI World investierst, könntest du daher darüber nachdenken, zusätzlich in einen Europa- und einen Schwellenländer-ETF oder -Fonds beziehungsweise in weitere Anlageklassen wie Anleihen, Gold oder Bitcoin zu investieren. Auf diese Weise deckst du einen größeren Teil der wirtschaftlichen Welt ab und kannst Schwächephasen der US-Wirtschaft durch mögliche Rallys in den aufstrebenden Märkten, auf dem alten Kontinent oder bei anderen Anlageklassen ausgleichen.

Billig nachkaufen: Verwerfungen als Chance nutzen

Statt in Panik zu verfallen, kannst du niedrigere Kurse nutzen, um bei hochwertigen Aktien nachzukaufen oder neu einzusteigen. „Heute weiß ich, dass in jeder Krise auch eine Chance liegt. Daher habe ich immer ein bisschen Geld zurückgelegt, dass man in solchen Situationen nutzen kann, um günstig nachzukaufen“, sagt Julian-André Winter. Auch als Sparplaninvestor hast du einen Vorteil, wenn du deine Sparrate nicht änderst. Denn: Für den gleichen Betrag bekommst du nun mehr Anteile.

Keine Panik: Langfristige Strategie beibehalten

In turbulenten Börsenzeiten ist es entscheidend, nicht in Aktionismus zu verfallen. Anleger sollten daher an ihrer langfristigen Strategie festhalten, Kursschwächen zum günstigen Einstieg nutzen sowie auf Qualität und breite Streuung setzen. Auf diese Weise kannst du auch Schwächephasen gestärkt überstehen und langfristig von den Chancen der Finanzmärkte profitieren.

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