Landgericht München I Prozesswelle um Betriebsschließungs-Policen rollt an

Auftakt der Gerichtsverfahren um corona-bedingte Ansprüche aus Betriebsschließungsversicherungen in der bayrischen Landeshauptstadt: Die auf Versicherungsrecht spezialisierte 12. Zivilkammer des Landgerichts München I hat am Freitag die ersten vier Verfahren von Gaststätten und einer Kindertagesstätte gegen ihre Versicherungsgesellschaften mündlich verhandelt (Aktenzeichen: 12 O 7241/20, 12 O 7208/20, 12 O 5868/20, 12 O 5895/20). Hintergrund ist die Grundsatzfrage, wann und unter welchen Voraussetzungen die Versicherungen für finanzielle Schäden durch Betriebsschließungen während der Corona-Pandemie leisten müssen.
„Die Kammer hielt es grundsätzlich für unproblematisch, dass die Schließungen aufgrund einer Allgemeinverfügung oder Verordnungen des zuständigen bayerischen Ministeriums erfolgten“, erklärt Richter Benjamin Kuttenkeuler. Ob im Einzelfall Ansprüche bestehen, hänge davon ab, wie die Versicherungsbedingungen genau formuliert sind, was man juristisch unter dem Begriff Schließung versteht und wie hoch der Schaden ist: „In allen Versicherungsbedingungen sind einzelne Krankheiten und Infektionen aufgezählt, für die der Versicherungsschutz gelten soll. Zum Teil deckt sich die Aufzählung jedoch nicht mit der Aufzählung des Infektionsschutzgesetzes.“
Außerdem enthalte das Gesetz eine Klausel für unbenannte gefährliche Erreger, so Kuttenkeuler weiter. Diese sei in den Versicherungsbedingungen nicht enthalten. „Im Einzelfall kommt es daher darauf an, ob dem durchschnittlichen Versicherungsnehmer einer Betriebsschließungsversicherung nach der Formulierung in den Versicherungsbedingungen hinreichend klar ist, dass der Versicherungsschutz im Verhältnis zu den Regelungen des Infektionsschutzgesetzes lückenhaft ist“, betonte Susanne Laufenberg als Vorsitzende Richterin der 12. Zivilkammer bei ihrer Einführung. Die Streitparteien können sich nun zu den Hinweisen des Gerichts und den Schriftsätzen der Gegenseite äußern.