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EZB-Sitzung „Langatmig und teils nur schwer nachzuvollziehen“

Gebäude der Europäischen Zentralbank in Frankfurt am Main
Gebäude der Europäischen Zentralbank in Frankfurt am Main: Mehr Anleihen in den kommenden drei Monaten. | Foto: Imago Images / Jan Huebner

Otmar Lang, Chefvolkswirt der Targobank

Die Aufregung war bei der EZB in den letzten Tagen groß. Es drehte sich alles um die Frage, wie der jüngste Anstieg der Anleiherenditen abgefangen werden kann. Zahlreiche EZB-Experten hatten sich bereits im Vorfeld der heutigen Sitzung dazu geäußert und so ziemlich alles in den Raum geworfen, was an Maßnahmen möglich ist: Angefangen von einer Aufstockung der Anleihekäufe über eine Ausdehnung des Rahmens des Corona-Anleihekaufprogramms PEPP, eine Kontrolle der Zinskurve (Yield Curve Control) bis hin zur Senkung des Einlagezinssatzes.

Heute hat EZB-Chefin Christine Lagarde in der Pressekonferenz für klare Verhältnisse gesorgt. Zur Begrenzung des Renditeanstiegs will die Europäische Zentralbank ihr Anleiheankaufprogramm für die nächsten drei Monate forcieren.

Diese Linie macht Sinn. Denn nicht jeder Renditeanstieg ist ein geldpolitisches Problem, welches einer scharfen geldpolitischen Antwort mit Langzeitwirkung bedarf. Vor allem angesichts der Tatsache, dass sich die Renditen für Staatsanleihen mit einer Restlaufzeit von zehn Jahren gerade mal um 0,3 Prozentpunkte nach oben bewegt hatten. Hinzu kommt: Die anziehenden Inflationserwartungen verbunden mit einem sich verbessernden Konjunkturausblick sind doch genau der Mix, den sich die EZB-Entscheider schon so lange wünschen.

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Die Europäische Zentralbank will mit ihrer jüngsten Maßnahme sicherstellen, dass die wirtschaftliche Erholung nicht doch noch auf halbem Weg stecken bleibt. Kritiker mögen bemängeln, dass die EZB dabei auch die Refinanzierungskosten der Regierungen im Auge behält. Aber aus diesem Dilemma wird sie so bald nicht herauskommen.

Friedrich Heinemann, Leiter des Forschungsbereichs „Unternehmensbesteuerung und Öffentliche Finanzwirtschaft" am ZEW Mannheim

Es ist gut, dass sich die Tauben im EZB-Rat dieses Mal noch nicht völlig durchgesetzt haben und der Rat nicht verfrüht eine neuerliche Erhöhung der PEPP-Obergrenze beschlossen hat. Es wäre völlig übertrieben, den Anstieg der Anleiherenditen seit Jahresanfang zu dramatisieren. Man muss dabei auch das Niveau betrachten: Sogar die griechischen Zehn-Jahres-Zinsen liegen derzeit unter einem Prozent. In realer Betrachtung sind die Renditen aller Euro-Staatsanleihen negativ.

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