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  • Langfristige Renditen: Welcher Pfad liegt vor den Anlegern?

Von in RentenfondsLesedauer: 5 Minuten
EZB-Zentrale in Frankfurt
EZB-Zentrale in Frankfurt: Viele Investoren hoffen auf sinkende Zinsen | Foto: Imago Images / Pond5 Images

Es gibt eine alte Bergsteigerweisheit: „Der Berg gehört dir erst, wenn du wieder unten bist.“ Nach einem spektakulären Anstieg in den letzten Monaten sind die langfristigen US-Renditen auf den höchsten Stand seit Jahrzehnten gestiegen. Die spannende Frage ist nun, wie es weitergeht: Folgt ein rascher Rückgang, ein Plateau oder ein neuer Höchststand, der erst noch erreicht werden muss?

Echtzeit-Geldflussdaten deuten darauf hin, dass viele Anleger auf ein schnelles Absinken der Renditen setzen. Das Tempo der Käufe langlaufender Staatsanleihen, vor allem in den USA, ist so hoch wie seit Jahrzehnten nicht mehr. Die Ratio dahinter: Federal Reserve (Fed) und Europäische Zentralbank (EZB) hätten die Phase der Zinssteigerungen abgeschlossen, im neuen Jahr öffne sich Raum für Zinssenkungsschritte. Dieses Kalkül schürt die Erwartung sinkender Renditen. Die Nachfrage nach langfristigen Anleihen steigt.

Risiken für voreilige Anleger

Tatsächlich war von vielen Analysten großer Geldhäuser gegen Ende des vergangenen Jahres zu vernehmen, dass sie mit baldigen Leitzinssenkungen rechnen. Von der Fed wurden zuletzt, beginnend im März 2024, sechs Zinssenkungsschritte um jeweils 25 Basispunkte erwartet. Für die Eurozone lag der Marktkonsens im Dezember für das Gesamtjahr ebenso bei sechs Zinssenkungen um insgesamt 150 Basispunkte, wobei gegen Ende 2023 die Erwartung an erste Zinsschritte zwischen März und April 2024 zirkuliert wurde.

 

 

Bei entsprechenden Wetten ist jedoch Vorsicht geboten. Zwar gelten 2024 Zinssenkungen sowohl von der Fed als auch der EZB mittlerweile als nahezu sicher. Gleichzeit bemühten sich die US-amerikanischen und europäischen Währungshüter noch Mitte Dezember darum, Erwartungen an eine baldige Zinswende zu bremsen. Denn um den Jahreswechsel gab es einige Indikatoren, die den Desinflationsprozess – und damit baldige Zinssenkungen der Währungshüter – in Frage stellen:

So kühlt sich die Arbeitsmarktlage in den USA und Europa nur langsam ab. In den USA stiegen die Arbeitslosenquote und die Zahl der Anträge auf Arbeitslosenunterstützung zuletzt leicht. Ihnen gegenüber stehen jedoch zahlreiche offene Stellen. Auch in der Eurozone kühlt sich der Arbeitsmarkt ab. Das Lohnwachstum blieb im dritten Quartal 2023 allerdings weiterhin auf einem hohen Niveau.
Kommt vor dem Abstieg ein Plateau – oder gar ein falscher Gipfel?

Infolge des robusten US-Arbeitsmarktes sind auch die Konsumdaten aus den Vereinigten Staaten stabil: Das Verbrauchervertrauen und Einzelhandelsumsätze zeigen keine Rezessionstendenzen, während die Zeichen in der Eurozone auf Stagnation stehen. Starker Konsum und ein angespannter Arbeitsmarkt sind in der Regel schlechte Vorzeichen für einen baldigen Rückgang der Teuerungsraten auf zwei Prozent.

Ein weiterer Risikofaktor bleibt die geopolitische Lage. Durch Spannungen zwischen China und den USA, den andauernden Krieg in der Ukraine und das Risiko eines Flächenbrands in Nahost verschlechtert sich der internationale Handel.

Zusammengenommen deuten die Faktoren auf Angebots- als auch Nachfrageseite auf eine hartnäckige Inflation hin. Rasche Zinssenkungen durch die Fed und die EZB werden dadurch unwahrscheinlicher, sodass die Anleihe-Renditen vorerst auf einem Plateau verbleiben und nur langfristig zurückgehen könnten. Zieht die Inflation noch einmal an, wie es etwa bei einem plötzlichen Angebotsrückgang durch externe Schocks der Fall sein könnte, oder nimmt die Nachfrage überproportional zu, dann droht sogar ein erneuter Anstieg der Teuerungsrate. Das derzeitige Renditehoch würde sich dann als „falscher Gipfel“ vor dem eigentlichen Höhepunkt entpuppen.

Auch die beispiellose Staatverschuldung auf beiden Seiten des Atlantiks ist ein Risiko, dass sich auf die Renditen niederschlagen kann. Besonders gravierend ist die Verschuldung in den USA. Für das abgelaufene Jahr 2023 wird sie laut der Prognose des Internationalen Währungsfonds (IMF) bei 33,2 Billionen US-Dollar gelegen haben – und somit bei 120 Prozent der Wirtschaftsleistung des Landes.

Staatsverschuldung steigt beidseits des Atlantiks

Auch die von Eurostat für die Eurozone prognostizierte Summe von 12,6 Billionen Euro im Jahr 2023 entspricht mittlerweile über 90 Prozent der Wirtschaftsleistung (13,4 Billionen Euro).  Und die Verlangsamung der Staatsverschuldung ist nicht zu erwarten: Laut Prognosen des Haushaltsbüros des US-Kongresses (Congressional Budget Office/CBO) werden die Haushaltsdefizite von 2024 bis 2033 in jedem Jahr 5,5 Prozent des BIP erreichen oder überschreiten. Damit liegen sie deutlich über dem jährlichen Durchschnittsdefizit von 3,6 Prozent des BIP seit 1973. Das spricht für eine ungesunde Dynamik der US-Staatsverschuldung.

 

 

Die Entwicklung der Staats-Schuldenstände dürfte die Renditen durch ein höheres  Angebot auf dem Anleihen-Markt steigen lassen . Dies würde für die Renditen langfristiger Anleihen eher auf ein Plateau auf hohem Niveau hindeuten als auf einen baldigen Abstieg.

Unklarer Abstieg – wie sollten sich Anleger positionieren?

Die Zinsen in den USA und Europa haben das höchste Niveau seit Jahrzehnten erreicht – und könnten auch noch länger auf einem hohen Niveau verbleiben. Für Investoren, die in Anleihen investieren, ist diese Entwicklung ein zweischneidiges Schwert. Denn zum einen drücken Zinssteigerungen die Kurse laufender Anleihen und sorgen damit für Verluste bei bestehenden Investments. Andererseits können Sie aber Grundstein für eine positive Performance in der Zukunft sein.

Quelle Fondsdaten: FWW 2025

 

Investoren tun kurz vor oder während eines Zinsgipfels gut daran, neu emittierte Anleihen zuzukaufen. Denn die verfügen über einen höheren Kupon und können die Rendite eines Portfolios steigern. Trotz zwischenzeitlicher Aufwärtsdynamik werden die Zinsen mittelfristig sinken, was Anlegern in festverzinslichen Wertpapieren eine gute Performance bescheren dürfte. In Erwartung, dass es keine weiteren Zinserhöhungen geben wird, ist der Aufbau von Positionen am längeren Ende der Kurve ein aussichtsreicher Schritt.

Wer sich die Chancen von langfristig hohen Zinsen oder sogar noch steigenden Zinsen nicht entgehen lassen möchte, kann auch Short-Positionen auf Staatsanleihen in Betracht ziehen.
Jeder Alpinist weiß, dass die meisten Unfälle nicht auf dem Weg nach oben, sondern beim Abstieg passieren. Deshalb ist Vorsicht ratsam – besonders, wenn man sich nah dem Gipfel wähnt und der weitere Pfad unklar ist.

 


Über den Autor:

Volker Schmidt arbeitet als Senior-Portfoliomanager des Mischfonds Ethna-Defensiv bei Ethenea.

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