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Langzeitprognose für 1.000 Jahre Wie hoch werden die Zinsen im Jahr 3017 sein?

Joachim Fels, Global Economic Advisor bei Pimco. „Die Zinsen sind ziemlich genau dort, wo sie entsprechend der 700-Jahre-Trendlinie sein sollten.“
Joachim Fels, Global Economic Advisor bei Pimco. „Die Zinsen sind ziemlich genau dort, wo sie entsprechend der 700-Jahre-Trendlinie sein sollten.“

Wenn Sie in naher Zukunft einen Notgroschen für Ihre Nachkommen in sehr ferner Zukunft beiseitelegen wollen, aber der Ansicht sind, dass Aktien nicht mehr ganz günstig aussehen, hier ein Vorschlag: Ein dänisches Energieunternehmen hat gerade eine hybride grüne Anleihe mit einem fixen Kupon von 2,25 Prozent pro Jahr ausgegeben. Diese wird im Jahr 3017 fällig, also von heute an in 1.000 Jahren. Berichten zufolge sei das Angebot stark überzeichnet gewesen. Wer bisher glaubte, Investoren würden nicht mehr langfristig denken, wird damit Lügen gestraft.

Diese Millennium-Anleihe hat mich zum Nachdenken gebracht. Wie könnte der Zinspfad in den kommenden 1.000 Jahren aussehen? Dies vorherzusagen ist natürlich unmöglich. Wenn man sich jedoch mit dieser Antwort nicht zufriedengibt, sondern eine fundierte Schätzung vornehmen möchte, kann man historische Daten über Zinssätze betrachten. Je weiter die historischen Daten dabei zurückreichen, umso besser lassen sich die Zinssätze für die kommenden 1.000 Jahre prognostizieren.

Abwärtstrend seit 700 Jahren

Der Harvard-Historiker Paul Schmelzing hat kürzlich einen Datensatz über den risikofreien langfristigen Realzins und die Inflation über die vergangenen 700 Jahre zusammengestellt. Zwar reicht diese Zeitspanne nicht ganz so weit zurück, wie wir in die Zukunft zu projizieren versuchen, gleichwohl erhalten wir hierdurch zumindest Annäherungswerte. Vor diesem Hintergrund sind ein neuer Beitrag von Schmelzing im „Bank Underground“-Blog der Bank of England und ein entsprechendes detailliertes Arbeitspapier zu sehen, die viele nützliche Charts und Statistiken enthalten.

Lassen Sie uns als erste Näherung von einer Mean-Reversion ausgehen. Damit würde das durchschnittliche Zinsniveau in den kommenden 1.000 Jahren dem langfristigen historischen Mittelwert entsprechen. Gemäß Schmelzings Daten betrug der reale risikofreie Zinssatz im Durchschnitt 4,8 Prozent, während die Inflation in den vergangenen 700 Jahren durchschnittlich bei 1,1 Prozent lag. Wenn also die nächsten zehn Jahrhunderte wie die vergangenen sieben sind, sollte der nominale risikofreie Zinssatz durchschnittlich bei 5,9 Prozent liegen und damit deutlich über dem aktuellen Niveau. Ist dies der Fall, dann stehen die Anleger, die gerade die dänische Anleihe mit etwas mehr als zwei Prozent Rendite gekauft haben, auf lange Sicht gesehen recht dumm da.

Ein tieferer Blick in die historischen Daten zeigt jedoch, dass der reale risikolose Zinssatz in den vergangenen 700 Jahren einen klaren Abwärtstrend aufweist. Wenn wir einen linearen Trend über die Daten hinweg erstellen, dann lässt darauf schließen, dass die Zinssätze um 1,6 Basispunkte pro Jahr oder um 1,6 Prozent pro Jahrhundert gesunken sind. Interessanterweise liegt das derzeitige Realzinsniveau sehr nahe an dieser Trendlinie. Es entspricht also eher voll und ganz dem historischen Trend und ist nicht ungewöhnlich niedrig.

Wenn wir dem bekannten Börsenmotte „The trend is your friend“ folgen, wie es viele Marktteilnehmer häufig tun, würde ein fortgesetzter Rückgang der Realzinsen von 1,6 Basispunkten pro Jahr für die nächsten 1.000 Jahre den derzeitigen Realzins von nahe Null auf minus 16 Prozent bis 3017 drücken. Übrigens weist die Inflation während der gesamten 700 Jahre keinen klaren positiven oder negativen langfristigen Trend auf. Nehmen wir also an, dass die historische Inflationsrate von einem Prozent weiterhin Bestand haben wird. Die Zusammenführung dieser beiden Ergebnisse führt zu einem nominalen risikofreien Zinssatz von minus 15 Prozent in 1.000 Jahren. Wäre dies der Fall, dann werden diejenigen, die diese Woche die dänische Millenniumsanleihe gekauft haben, in ferner Zukunft von ihren Nachkommen als Genies angesehen werden.

Natürlich abstrahiere ich das Kreditrisiko insofern, als ich davon ausgehe, dass es den dänischen Emittenten bei Fälligkeit der Anleihe noch geben und er in der Lage sein wird, die Anleihe dann zurückzuzahlen. Außerdem lasse ich auch die Frage beiseite, ob die Zinsen wirklich auf minus 15 Prozent sinken könnten. Dabei gilt es zu berücksichtigen, dass Bargeld in Form von Banknoten und Münzen wahrscheinlich 3017 schon lange verschwunden sein wird, was aber tiefe Negativzinsen möglich machen würde.