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Lara Pellini zum Konsumverhalten „Chinas Millennials haben eine Entwicklungsphase übersprungen“

Lara Pellini, Analystin für Einzelhandel und Luxusgüter bei Capital Group: „Der Einkauf selbst ist ein Erlebnis, egal ob online oder im Laden.“
Lara Pellini, Analystin für Einzelhandel und Luxusgüter bei Capital Group: „Der Einkauf selbst ist ein Erlebnis, egal ob online oder im Laden.“ | Foto: Capital Group

Frau Pellini, wie sehr verändern Millennials den Einzelhandel? Und wann ließen sich erstmals Änderungen beobachten?

Lara Pellini: Die Millennials haben den Einzelhandel zweifellos verändert. Sie sind die ersten Digital Natives. Bei Käufen wollen sie problemlos zwischen Mobiltelefon, PC, Tablet und Ladengeschäft wechseln. Vielleicht haben sie bei einer einzigen Kaufentscheidung Kontakt zu all diesen Vertriebskanälen. Die Einzelhändler müssen sich daran anpassen.

Millennials sind aber nicht allein für Veränderungen verantwortlich. In gewisser Weise reagieren sie mindestens ebenso stark auf den technischen Fortschritt wie sie ihn ermöglichen. Die Innovationen kamen zur rechten Zeit, sodass Einzelhändler und ihre Kunden jetzt verschiedene Vertriebskanäle nutzen können. Es ist noch nicht lange her, dass Einzelhändler mit E-Commerce keinen Erfolg hatten. Vielleicht war die Zeit noch nicht reif.

Der mittlerweile nicht mehr existente Online-Lebensmittelhändler Webvan ist ein gutes Beispiel. Gegründet wurde das Unternehmen auf dem Höhepunkt der Dotcom-Blase, doch dann konnte es die Kosten nicht wieder einspielen. Der Versuch, eine eigene Endkundennachfrage zu schaffen, erwies sich als zu teuer. Ohne ein schnelles Breitbandinternet machte der Online-Kauf einfach keinen Spaß. Erst im Jahr 2007 kam das erste iPhone an den Markt. Über Käufe via Smartphone dachte man damals noch nicht einmal nach. 18 Jahre später gibt es diese Probleme nicht mehr. Für die Millennials – aber auch für die Generation X und die Generation Z – ist der Online-Handel heute etwas völlig anderes.

Studien sind zu dem Ergebnis gekommen, dass den Millennials das Einkaufserlebnis viel wichtiger ist als die Waren selbst. Wie können Einzelhändler darauf reagieren?

Pellini: Der Einkauf selbst ist ein Erlebnis, egal ob online oder im Laden. Einzelhändler müssen dies ausnutzen. Die wahren Meister sind hier Luxusgüterunternehmen. Dies überrascht nicht, denn 85 Prozent des Wachstums des Luxusgütermarktes entfallen auf Millennials.

Natürlich kann man sich im Laden mit einem Produkt beschäftigen. Viel wahrscheinlicher ist es aber, dass der Einkauf online beginnt, vielleicht inspiriert durch einen Instagram-Post und gefolgt von Recherchen zum Produkt und seinem Preis. Vielleicht geht der Kunde danach ins Geschäft, um zu kaufen. Luxusgüterunternehmen achten darauf, dem Kunden dann ein angenehmes Einkaufserlebnis zu bereiten. Marken wie Gucci und Moncler machen aus dem Kauf eine Zeremonie, denn sie wissen, dass sich ihre Kunden wertgeschätzt fühlen wollen. Ebenso wichtig ist der Service nach dem Kauf. Man nimmt die Adresse auf, um den Kunden zu speziellen Events oder Promotions einladen zu können. Bei alldem hat der Kunde den Eindruck, zu einem exklusiven Kreis zu gehören. Luxusmarken wollen einen loyalen Kundenstamm aufbauen, indem sie ihren Kunden exklusive Erlebnisse bieten, die alle Sinne ansprechen. Eine Möglichkeit hierzu ist, Prominente zu Markenbotschaftern zu machen – Sportler, Musiker, Menschen aus der Mode- und der Kulturszene. Die Kunden, insbesondere die Millennials, folgen diesen Personen vielleicht schon in den sozialen Medien und kennen sie daher bereits. Darüber hinaus können Kunden den Eindruck gewinnen, dass die Marke Teil ihres Lebens ist. Der Einzelhandel wünscht sich genau das.

Mit Markenbotschaftern kann man auch die Reichweite steigern und damit den Einzelhändler einem größeren Publikum bekannt machen. Zugleich müssen Luxusmarken aber sicherstellen, dass ihr Angebot als knapp und exklusiv wahrgenommen wird. Vielleicht wird eine Sonderkollektion aufgelegt, eine sogenannte Capsule Collection, bestehend aus den wichtigsten und einflussreichsten Teilen der Hauptkollektion. Vielleicht wird auch mit Prominenten zusammengearbeitet oder ein Produkt mit begrenzter Stückzahl an den Markt gebracht – eine Limited Edition.

Bei alldem muss die Marke authentisch bleiben. Weil die digitale Welt global ist, kann schon ein einziges Foto im Internet sehr viel Schaden anrichten – wenn es etwa zeigt, dass eine angeblich in Italien hergestellte Tasche in Wahrheit aus China stammt.