Solvenzberichte 2020
Kapitalpuffer deutscher Versicherer schwinden im Krisenjahr
Die deutsche Assekuranz hat wieder Berichte zu ihrer Solvabilität und Finanzlage nach dem EU-Regelwerk Solvency II abgeliefert. Demnach verzeichnen die Anbieter in der Sparte Leben eine sinkende Kapitalausstattung während sich die die privaten Krankenversicherer auf hohem Niveau behaupten.
Eingang des Generali-Gebäudes in München: Die Dialog, der Maklerversicherer der Generali in Deutschland, weist mit 811,6 Prozent die höchste SCR-Quote nach Abzug der VA und ÜM auf. Zum Vergleich: Marktweit fällt diese Kennzahl für die rund 80 deutschen Lebensversicherer mit 203,9 Prozent um rund 45 Prozentpunkte spürbar geringer aus als im Vorjahr.| Foto: Generali Deutschland AG
Das vergangene Geschäftsjahr war infolge der Corona-Pandemie auch für die Versicherungswirtschaft außergewöhnlich. Das zeigen die Solvenzquoten für 2020, bei denen zwei Bilanzwerte gegenübergestellt werden. Auf der einen Seite steht die Solvenzkapitalanforderung beziehungsweise Solvency Capital Requirement (SCR).
Diesen Kapitalpuffer würde eine Versicherungsgesellschaft benötigen, um Verpflichtungen auch dann noch erfüllen zu können, falls sich die wirtschaftlichen Rahmenbedingungen für den institutionellen Großanleger einmal dramatisch verschlechtern sollten. Damit soll für ein Ereignis vorgesorgt werden, das statistisch gesehen nur alle 200 Jahre auftritt.
>>Vergrößern! Quelle: map-report 919
Um die sogenannte SCR-Quote zu berechnen, werden die anrechnungsfähigen Eigenmittel des Unternehmens zu den SCR ins Verhätnis gesetzt. Dabei dürfen die Versicherer anstelle einer Standardformel auch ein individuelles Modell anwenden. Zudem sind Übergangsmaßnahmen sowie Erleichterungen...
Dieser Artikel richtet sich ausschließlich an professionelle Investoren. Bitte melde dich daher einmal kurz an und mache einige berufliche Angaben. Geht ganz schnell und ist selbstverständlich kostenlos.
Das vergangene Geschäftsjahr war infolge der Corona-Pandemie auch für die Versicherungswirtschaft außergewöhnlich. Das zeigen die Solvenzquoten für 2020, bei denen zwei Bilanzwerte gegenübergestellt werden. Auf der einen Seite steht die Solvenzkapitalanforderung beziehungsweise Solvency Capital Requirement (SCR).
Diesen Kapitalpuffer würde eine Versicherungsgesellschaft benötigen, um Verpflichtungen auch dann noch erfüllen zu können, falls sich die wirtschaftlichen Rahmenbedingungen für den institutionellen Großanleger einmal dramatisch verschlechtern sollten. Damit soll für ein Ereignis vorgesorgt werden, das statistisch gesehen nur alle 200 Jahre auftritt.
Um die sogenannte SCR-Quote zu berechnen, werden die anrechnungsfähigen Eigenmittel des Unternehmens zu den SCR ins Verhätnis gesetzt. Dabei dürfen die Versicherer anstelle einer Standardformel auch ein individuelles Modell anwenden. Zudem sind Übergangsmaßnahmen sowie Erleichterungen bei den Rückstellungen zulässig.
Solvenzquote von mindestens 100 Prozent?
Im Ergebnis kann man die aufsichtsrechtlich relevanten Solvency-II-Quoten einschließlich aller Übergangsmaßnahmen nicht direkt vergleichen. Denn je nach Methode weiche die Quote um mehrere hundert Prozentpunkte ab. Der aktuell veröffentlichte Map-Report 919 trage daher den verschiedenen Berechnungsformeln Rechnung.
Die SCR-Quote wird daher sowohl mit Volatilitätsanpassung (VA) und Übergangsmaßnahmen (ÜM) als auch ohne jegliche Hilfsmaßnahmen abgebildet. In den Grafiken werden nur jene Gesellschaften berücksichtigt, bei denen die jeweiligen Übergangshilfen auch angewendet wurden. Das verdeutliche den Einfluss einer Maßnahme auf die Bedeckungsquote.
Volatilitätsanpassung, Übergangsmaßnahmen
Für die Berechnung der SCR haben 71 Lebensversicherer die Standardformel und zehn Unternehmen zumindest teilweise ein internes Modell verwendet. Von den Krankenversicherern wendeten die Allianz, Axa, DKV und Generali vollständige interne Modelle an. Die weiteren 33 Anbieter verwendeten die Standardformel.
Von den 71 untersuchten Lebensversicherern wendeten 55 die ÜM für versicherungstechnische Rückstellungen gemäß Paragraf 352 des Versicherungsaufsichtsgesetzes und die VA nach Paragraf 82 an. Vier nutzten ausschließlich die ÜM für versicherungstechnische Rückstellungen, während sich elf nur der VA bedienten.
Die ÜM für risikofreie Zinssätze gemäß Paragraf 351 des Versicherungsaufsichtsgesetzes wurde von der WWK sowie erstmalig von der Credit Life in Kombination mit der VA angewendet. Die Allianz hat 2020 gewechselt: Während sie 2019 lediglich die VA anwendete, nutzte sie jetzt auch die ÜM bei den versicherungstechnischen Rückstellungen.
Solvenzquoten der Lebensversicherer
Die aufsichtsrechtlich relevante SCR-Quote der gesamten Lebensversicherungsbranche berechnet sich aus den anrechenbaren Eigenmittel im Verhältnis zum SCR inklusive Übergangsmaßnahmen. Sie beläuft sich branchenweit auf 381,2 Prozent. Im Vergleich zum Jahr 2019 ist die Kennzahl damit um rund 41 Prozentpunkte gefallen.
Die Spannweite zwischen den einzelnen Anbietern ist dabei noch immer sehr breit: Den höchsten Wert verzeichnet die Victoria mit einer Quote von 727,6 Prozent. Und auch die Anbieter LV1871 (711,6 Prozent), LVM (702,2) und Swiss Life (681,4) übertreffen die geforderte Bedeckungsquote von mindestens 100 Prozent um das rund Siebenfache.
Übergangshilfen geben deutlichen Auftrieb
Insbesondere die ÜM bei den versicherungstechnischen Rückstellungen haben die Solvenzquoten der Lebensversicherer verbessert: Vielfach beträgt der Unterschied zwischen der Basisquote (ohne VA und/oder ÜM) und dem aufsichtsrechtlichen Nachweis mehr als 200 Prozentpunkte. Teilweise sind es sogar bis zu 500 Prozentpunkte.
Nach Abzug der VA und ÜM fällt die marktweite Quote mit 203,9 Prozent um rund 45 Prozentpunkte spürbar geringer aus als im Vorjahr. Die höchste Quoten haben die Anbieter Dialog (811,6 Prozent), Europa (807,6). Die geringsten Werte verzeichnen die Landeslebenshilfe und Süddeutsche mit 0,0 Prozent sowie VRK und Öffentliche Oldenburg mit 2,8 beziehungsweise 10,4 Prozent.