Altersvorsorge in Deutschland Lebensversicherung: Warum der Garantiezins trotz Zinswende im Keller bleibt
Die rekordhohe Inflation hat im vorigen Jahr die Europäische Zentralbank (EZB) dazu gezwungen, auch im Euroraum eine Zinswende einzuleiten. In mehreren Schritten ließen die Notenbanker den Leitzins auf aktuell 3,00 Prozent steigen. „Die höheren Zinsen stellen für die Profitabilität der Lebensversicherer eine Entlastung dar“, erklärt Lars Heermann, Bereichsleiter Analyse und Bewertung bei Assekurata. Die geänderten Rahmenbedingungen sind Thema der aktuellen Marktstudie zu Überschussbeteiligungen und Garantien von Lebensversicherern, die das Kölner Analysehaus in der vorigen Woche veröffentlicht hat.
Laut Heermann profitieren die Anbieter derzeit insbesondere von verbesserten Finanzierungsbedingungen für die Garantieverpflichtungen. „Die extrem niedrigen Zinsen der vergangenen Jahre trafen die Lebensversicherer ertragsseitig besonders bei der Erfüllung der Altgarantien in den Beständen.“ Bereits seit 2011 mussten die Lebensversicherer daher eine Zinszusatzreserve (ZZR) aufbauen. Aufgrund der nun deutlich höheren Marktzinsen ist der für ihre Berechnung geltende Referenzzins für 2022 erstmals in der ZZR-Historie nicht weiter gesunken, sondern stabil bei 1,57 Prozent geblieben.
Das Ende der Niedrigzinsphase kommt den Lebensversicherern somit zu gute, da sie nicht länger Geld in der Zinszusatzreserve (ZZR) zurücklegen müssen. Stattdessen verzeichnete die Branche im vorigen Jahr bereits erste Rückflüsse aus dem Reservetopf in Höhe von etwa 4 Milliarden Euro. Und das wird durch den Bestandseffekt aus auslaufenden Altverträgen begünstigt, erwartet der Assekurata-Chefanalyst. In Summe belief sich der ZZR-Bestand Ende 2022 auf etwa 92 Milliarden Euro. Zum Vergleich: Im Vorjahr war er noch um zusätzliche 10 Milliarden Euro auf 96 Milliarden Euro aufgefüllt worden.
Referenzzins bleibt auch weiterhin stabil
Hallo, Herr Kaiser!
Wie in den vergangenen Jahren hat die Kölner Rating-Agentur auch diesmal einen Ausblick für die ZZR erstellt. Deren weitere Entwicklung hängt nicht nur von der individuellen Bestandsstruktur der Versicherer ab, sondern maßgeblich auch vom allgemeinen Zinsumfeld. Laut der Assekurata-Studie können sich die Versicherer begründete Hoffnung machen, auch in Zukunft ZZR-Mittel abbauen zu können. „Von einem kurzfristigen Rückgang der Marktzinsen ist in Anbetracht der weiteren angekündigten Zinsschritte der EZB und der noch immer sehr hohen Inflation im Euroraum nicht auszugehen“, prognostiziert Heermann.
Kein neuer Bedarf an ZZR absehbar
Doch auch im Fall einer erneuten Abwärtsbewegung der Zinsen ist zunächst nicht von einem Rückgang des Referenzzinses auszugehen. Dies ergibt sich aus der zugrunde liegenden Berechnungsmethodik des Referenzzinses, für den Assekurata im Rahmen der Marktstudie drei verschiedene Zukunftsszenarien simuliert hat. Die Verläufe sind in der Abbildung unten dargestellt. In allen drei Szenarien bleibt der Referenzzins in den kommenden Jahren konstant.
Im Basis-Szenario, das eine Fortschreibung des aktuellen Zinsniveaus über den kompletten Prognosezeitraum unterstellt, würde der Referenzzins im Jahr 2027 erstmals ansteigen und den Abbau der ZZR zusätzlich beschleunigen. Im Positiv-Szenario tritt dieser Fall bereits 2026 ein, im Negativ-Szenario würde sich der Referenzzins dann jedoch leicht reduzieren. Aber auch hier wäre die Branche bis einschließlich 2026 in der Abbauphase.