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L’Echiquier-Manager Olivier de Berranger über Europas Aktienmärkte „Der schwache Euro ist der Haupttreiber für weitere Kursgewinne“

Olivier de Berranger betreut bei der Pariser Investmentboutique Financière de L’Echiquier den Mischfonds Echiquier Arty
Olivier de Berranger betreut bei der Pariser Investmentboutique Financière de L’Echiquier den Mischfonds Echiquier Arty
DER FONDS: Europäische Aktienmärkte hatten ein famoses erstes Quartal. Der Dax ist um rund 20 Prozent gestiegen, der französische Cac-40 fast ebenso stark. Hat Sie diese Entwicklung überrascht?

Olivier de Berranger:
Nein. Es gibt sehr gute Gründe für das Comeback der europäischen Aktienmärkte, nachdem die Wirtschaft 2014 eher schwach lief. Das Bruttoinlandsprodukt der Eurozone ist heute immer noch niedriger als 2008. Es ist die einzige größere Region in der Welt, die sich in den vergangenen sieben Jahren so schlecht entwickelt hat. Wir denken, dass sich das ändern wird.

Weil die EZB die Geldschleusen geöffnet hat?

Zum einen, ja. Aber es gibt zwei weitere, zurzeit sehr präsente Faktoren: die niedrigen Öl- und Rohstoffpreise und den Währungseffekt durch den schwachen Euro. Diesen sehen wir als Haupttreiber für die Aktienmärkte der Eurozone, der bisher nicht ausreichend berücksichtigt wird. Der Effekt wird sich erst in den im ersten und zweiten Quartal 2015 erzielten Unternehmensergebnissen richtig zeigen.

Die Währung ist der Haupttreiber, nicht die EZB-Liquidität?

Liquidität hat 2014 die Märkte angetrieben. 2015 wird sicher wieder ein gutes Jahr für den Index, aber auch ein sehr gutes Jahr für Stockpicker. Die Entwicklungen einzelner Aktien werden stark voneinander abweichen. Wir versuchen Unternehmen zu finden, die besonders gut von den makroökonomischen Entwicklungen wie der schwachen Währung und den niedrigen Ölpreisen profitieren.

Haben Sie ein Beispiel?

Vor fünf Monaten haben wird das französische Pharma-Unternehmen Sanofi verkauft und dafür den finnischen Papier-Hersteller UPM aufgenommen. Sanofi hat sich seitdem seitwärts entwickelt. UPM ist 60 Prozent gestiegen. Warum? Als Papier-Produzent hat UPM von niedrigen Energiepreisen profitiert und auch vom Währungseffekt, da das Unternehmen stark im Dollarmarkt aktiv ist.

Welche Sektoren werden vom Währungseffekt besonders profitieren?

Alle exportorientierten Unternehmen, die Luftfahrt, die Autoindustrie. Letztlich alle Unternehmen, die in der Eurozone angesiedelt und in den globalen Märkten aktiv sind und so vor allem Einnahmen in Dollar erzielen.

Ihr Fonds kann zwischen 0 und 50 Prozent in Aktien investieren. Sind Sie an der Obergrenze?

Unser Maximum war bisher 42 Prozent, die Benchmark liegt bei 25 Prozent Aktien. Seit Jahresanfang bis Ende März war der Fonds zu rund 37 Prozent in Aktien investiert.

Warum nicht höher?

Europäische Aktien sind fair bewertet, aber nicht mehr wirklich günstig, sonst hätten wir auch mehr investiert. Der MSCI Europe handelt etwa zum 16-fachen der Gewinne für 2014. Das entspricht dem langfristigen Durchschnitt.

Und wie ist der Fonds jetzt aufgestellt?

Wir haben einige Gewinne mitgenommen und den Aktienanteil auf 31 Prozent heruntergefahren. Jetzt warten wir ab, ob sich im ersten und zweiten Quartal die verbesserten makroökonomischen Aussichten für die Eurozone auch in den Unternehmenszahlen niederschlagen. Sollte dies nicht der Fall sein, senken wir die Quote weiter Richtung 25 Prozent. Wenn sich die Gewinne pro Aktie hingegen verbessern, stocken wir wieder auf, sobald sich Kaufgelegenheiten zu günstigeren Preisen als aktuell bieten.

Auf der Rentenseite verzichten Sie zurzeit auf Staatsanleihen. Hat Europas Peripherie nichts mehr zu bieten?

Wir finden bei Staatsanleihen einfach keine Anlagemöglichkeiten. 2011 hatten wir zum Beispiel ein Viertel des Bond-Portfolios in Italien investiert. Allerdings haben wir schon damals Unternehmensanleihen bevorzugt. Die Renditen waren höher und die Risiken niedriger. Auch jetzt bieten Unternehmensanleihen die besseren Chancen.

Bevorzugen Sie High Yields oder Investmentgrade-Papiere?

Wir waren von 2011 bis 2014 sehr stark in High Yields investiert. Aber seit Mitte vergangenen Jahres haben wir unser Engagement dort zurückgefahren. Die Rendite ist nicht mehr hoch genug für das eingegangene Risiko.

Wo investieren Sie stattdessen?

Wir bevorzugen nachrangige Bankanleihen. Zurzeit steckt etwa die Hälfte des Bond-Portfolios in Finanztiteln, vor ein paar Jahren waren es nicht einmal 10 Prozent.

Diesen Markt haben in jüngster Zeit viele Anleger für sich entdeckt. Da müssen die Renditen entsprechend heruntergekommen sein.

Ja, sie sind gefallen. Aber wir haben noch sehr gute Quartale vor uns. Die EZB-Umfrage unter Finanzinstituten zeigt, dass die Kreditvergabe anzieht. Nach der Rekapitalisierung und den Bemühungen im Vorfeld des EZB-Stresstests sind Banken wieder in der Lage, Kredite zu vergeben. Vor einigen Wochen hat die Banco Santander einen Zuwachs für 2015 von 5 bis 10 Prozent für Kredite an Verbraucher und Unternehmen angekündigt. Für spanische Verhältnisse ist das ein sehr starkes Wachstum. Die Risikoprämie für Bankanleihen wird noch weiter sinken, und diese Papiere werden in den nächsten Quartalen gut performen. Nachrangige Bankanleihen sind der beste Weg, um von der anziehenden Kreditvergabe in der Eurozone zu profitieren.

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