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Lehren aus den Populismus-Experimenten Lateinamerikas Vier Länder ein Ergebnis

Von Aktualisiert am Lesedauer: 9 Minuten
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In Brasilien wurde die ehemalige Präsidentin Dilma Rousseff zu einem politischen Kurswechsel gezwungen, da sich der Markt zunehmend weigerte, ihr die für ihren unhaltbaren Kurs benötigte Finanzierung zu gewähren, und ihre Zustimmungswerte einbrachen. Die neue brasilianische Regierung unter Präsident Michel Temer hat mit der Absenkung der Höchstgrenze für öffentliche Ausgaben und der Vorbereitung einer möglichen Reform des Sozialhilfesystems die ersten Schritte hin zu einer fiskalpolitischen Konsolidierung unternommen. Die Regierung hat zudem begonnen, das vorherige Mikromanagement der Wirtschaft einzustellen, um so die politisch verursachten Verzerrungen abzuschwächen.

Einer der größten Schritte war die 2015 eingeleitete Deregulierung kontrollierter Preise. Angesichts der weiterhin steigenden Inflation und der anhaltenden Rezession musste die Zentralbank 2015 einen schwierigen Kompromiss eingehen. Nachdem sie die Realzinsen bis Mitte 2015 stabil gehalten hatte, erlaubte sie schließlich einen leichten Anstieg (begann gleichzeitig jedoch eine Senkung der Nominalzinsen), um einen Rückgang der Inflation im Jahr 2016 sicherzustellen. Die umsichtigere Geldpolitik schlug sich auch in einer Umkehr der bis dahin vorherrschenden Kreditexpansion nieder.

Auch wenn es in Kolumbien zu keinerlei ernsthafter Verschlechterung der politischen Ausrichtung gekommen ist, hat die Regierung Schritte eingeleitet, um die sich aus der Abwertung des Wechselkurses ergebende Inflation in den Griff zu bekommen. Die Geldpolitik wurde gestrafft, und es wurden Schritte unternommen, um die Haushaltslage weiter zu konsolidieren, um so auf potenzielle Auswirkungen niedrigerer Einnahmen aufgrund der gesunkenen Ölpreise eingehen zu können. Zudem wurden gleichzeitig Verhandlungen mit den „Revolutionären Streitkräfte Kolumbiens – Nationale Armee“ (FARC-EP) geführt, um den langjährigen Konflikt mit der Guerilla-Gruppe zu beenden, was die demokratischen Institutionen des Landes zusätzlich stärken und absichern würde.

Derzeit setzt Venezuela seine populistische Politik ungebrochen fort. Die Bevölkerung ist inzwischen äußerst schwierigen Bedingungen ausgesetzt: die Arbeitslosigkeit ist hoch, und es herrscht ein gravierender Mangel an Lebensmitteln und anderen Dingen des täglichen Bedarfs. Dies hat Proteste ausgelöst und das Risiko sozialer Instabilität erhöht. Eine politische Änderung oder gar eine politische Kurskorrektur hat es jedoch noch nicht gegeben. Abbildung 3 bietet eine Zusammenfassung der von den einzelnen Ländern jeweils vorgenommenen (bzw. nicht vorgenommenen) politischen Anpassungen.

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Ausblick für das kommende Jahrzehnt

Kolumbien stellt in seiner konsequenten Ablehnung populistischer Strömungen den genauen Gegenpol zu Venezuela dar. Es ist beachtlich, dass Kolumbien, das eine umsichtige makroökonomische Politik beibehielt, lediglich unter dem durch die Abwertung des Wechselkurses herbeigeführten Anstieg der Inflation litt. Der Kontrast könnte kaum drastischer sein.

In sowohl Argentinien als auch Brasilien gibt es Gründe für Optimismus, auch wenn die politische Korrektur dort gerade erst begonnen hat. Es wird in den kommenden Jahren von zentraler Bedeutung sein, die aktuelle Dynamik beizubehalten. Allerdings scheint der wichtigste Faktor – Entschlossenheit unter den politischen Entscheidungsträgern – in beiden Ländern gegeben zu sein. Sofern die neue politische Ausrichtung beibehalten wird, dürften die erzielten Fortschritte unserer Einschätzung nach beachtlich ausfallen.

Im Gegensatz hierzu finden wir kaum Argumente dafür, den Ausblick für Venezuela nicht als äußerst pessimistisch einzustufen. Das Land verfügt über umfangreichere Ölreserven als Saudi-Arabien, gleichzeitig aber auch über die weltweit am schnellsten schrumpfende Wirtschaft, eine Inflation, die Schätzungen zufolge auf die Marke von 1.000 Prozent zusteuert,  und eine Knappheit an Lebensmitteln und Medikamenten, die das Land an den Rande einer humanitären Krise drängt. Desolatere Umstände lassen sich für ein Land kaum vorstellen.

Die von uns hier angeführten lateinamerikanischen Beispiele können der entwickelten Welt einige wertvolle Lektionen liefern. Wir wollen zwar nicht suggerieren, dass die USA oder die verschiedenen europäischen Länder, die derzeit mit Populismus kokettieren, Gefahr laufen, eine ähnlich extreme Entwicklung durchzumachen, Diese Fälle können jedoch als abschreckendes Beispiel in einer Zeit dienen, in der eine orthodoxe wirtschaftspolitische Orientierung zunehmend unbeliebt wird.

Nähere Einzelheiten zu diesem Thema finden Sie in der vollständigen Ausgabe der Global Macro Shifts, einer researchbasierten Veröffentlichung über die globalen Volkswirtschaften mit Analysen und Einschätzungen von Dr. Michael Hasenstab und leitenden Mitgliedern von Templeton Global Macro.

Dr. Michael Hasenstab verwaltet mit seinem Team die globalen Anleihestrategien von Templeton (z. B. uneingeschränkte festverzinsliche Anlagen, Währungen und Global Macro). Das an führenden Universitäten weltweit ausgebildete Team von Wirtschaftsexperten integriert globale makroökonomische Analysen in eingehende landesspezifische Forschung, um langfristige Ungleichgewichte zu identifizieren, die Anlagechancen eröffnen.

Autor: Dr. Michael Hasenstab Executive Vice President, Portfolio Manager Chief Investment Officer Templeton Global Macro

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