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Esma-Vertreter über die Bafin „Mängel und rechtliche Hindernisse bei der Finanzaufsicht“

Verwaltungsgebäude der Bafin in Frankfurt
Verwaltungsgebäude der Bafin in Frankfurt: Ein Vertreter der europäischen Wertpapieraufsichtsbehörde Esma warf der deutschen Finanzaufsicht Versäumnisse vor. | Foto: IMAGO / Hannelore Förster

Bereits Anfang November hatte die europäische Wertpapier- und Marktaufsichtsbehörde Esma einen Bericht vorgelegt, in dem sie die deutsche Finanzaufsicht kritisiert hatte. Anlass war der Betrugsfall Wirecard. Jetzt legte ein Vertreter der europäischen Behörde noch einmal nach. Vor dem Wirecard-Untersuchungsausschuss des Bundestags warf Evert van Walsum, Leiter der Abteilung Investoren und Emittenten bei der Esma, der Finanzaufsicht umfangreiche Versäumnisse vor. Über den Auftritt van Walsums, der per Video zugeschaltet war, berichtet der Bundestag auf seiner Internetseite.

„Wir haben Defizite in den Abläufen sowie Leistungsmängel und rechtliche Hindernisse für ein wirksames Funktionieren identifiziert“, sagte van Walsum demnach. Die EU-Vorgaben für eine wirksame Aufsicht von Finanzunternehmen seien in Deutschland nur unzureichend umgesetzt worden.

Gerade auf einen handfesten Betrugsfall wie die Bilanztäuschungen bei Wirecard sei das deutsche Aufsichtssysteme nicht eingerichtet gewesen. Einem solchen Verdachtsfall wirksam nachspüren könne in Deutschland nur die Staatsanwaltschaft. Allerdings seien die Hürden, um die Staatsanwaltschaft einzuziehen, unangemessen hoch. Daraus sei ein Teufelskreis entstanden, kritisierte van Walsum: Die Bafin habe nicht kriminalistisch ermittelt, daher habe sie auch keine Belege für Straftaten finden können. Ohne erhärtete Verdachtsmomente wiederum konnte die Behörde nicht die Staatsanwaltschaft einschalten.

Stattdessen habe die Bafin die Deutsche Prüfstelle für Rechnungslegung (DPR) mit der weiteren Prüfung betraut. „Diese wiederum hatte bei Weitem nicht die Ressourcen, um den Betrug zu durchschauen“, so van Walsum weiter. Die DPR habe nur mit Dokumenten arbeiten können, die Wirecard freiwillig einreichte. Verständlicherweise hätten diese keine Anhaltspunkte für illegale Machenschaften enthalten. Erst viel zu spät, bemängelt van Walsum, habe sich die Bafin an die Staatsanwaltschaft gewendet – nämlich als die Wirecard-Führung bereits zugegeben hatte, dass 1,9 Milliarden Euro Vermögen fehlten.

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Die Esma habe bereits 2017 die Abläufe innerhalb der deutschen Finanzaufsicht moniert. Bafin und die DPR hätten die Hinweise jedoch ignoriert. Grund: Die Defizite seien dem rechtlichen Rahmen geschuldet – den jedoch hätten nicht die Behörden selbst, sondern nur Gesetzesänderungen verbessern können.

Laut van Walsum und Esma ist es mithin nicht allein die Bafin, die eine Reform benötige, sondern das hiesige System der Finanzaufsicht insgesamt.

Dass die deutsche Finanzaufsicht umgebaut werden müsse, hat man mittlerweile auch bei der hauptverantwortlichen Behörde, dem Bundesfinanzministerium, eingeräumt. Im Nachgang des Wirecard-Skandals hat das Ministerium eine Neuaufstellung der Bafin angekündigt. Ein Regierungsentwurf für ein Gesetz zur „Stärkung der Finanzmarktintegrität“ liegt aktuell dem Bundestag vor. Das Gesetz will der Bafin mehr Kompetenzen einräumen. Ende Januar waren zudem der ehemaligen Bafin-Chef Felix Hufeld und Vize Elisabeth Roegele von ihren Posten zurückgetreten.

Der Fall Wirecard war im vergangenen Juni ins Rollen gekommen. Der ehemals Dax-notierte Bezahldienstleister aus Aschheim bei München musste einräumen, dass 1,9 Milliarden Euro aus seiner Bilanz fehlten. Die Lücke soll durch Luftbuchungen zustandegekommen sein, das Geld habe nie exisitert, warf die Staatsanwaltschaft dem Konzern vor.

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