Volkswirt Ulrich Kater
Warum Aktien ein guter Inflationsschutz sind

Volkswirt Ulrich Kater
Die Unsicherheit in den Zentralbanketagen ist weiterhin groß. Reicht die bisherige Zinsstraffung aus, um die Inflation endgültig wieder in den gewünschten Korridor zu zwingen? Kann man vielleicht schon ein wenig senken oder ist man gar dazu gezwungen, damit der Hauch eines Aufschwungs, den der Euroraum gerade erfährt, nicht wieder verweht? Was ist überhaupt der neutrale Zins, also der Leitzins,...
Märkte bewegen Aktien, Zinsen, Politik. Und Menschen. Deshalb präsentieren wir dir hier die bedeutendsten Analysen und Thesen von Top-Ökonomen - gebündelt und übersichtlich. Führende Volkswirte und Unternehmensstrategen gehen den wichtigen wirtschaftlichen Entwicklungen clever und zuweilen kontrovers auf den Grund.
Da diese Artikel nur für Profis gedacht sind, bitten wir Sie, sich einmalig anzumelden und einige berufliche Angaben zu machen. Geht ganz schnell und ist selbstverständlich kostenlos.
Die Unsicherheit in den Zentralbanketagen ist weiterhin groß. Reicht die bisherige Zinsstraffung aus, um die Inflation endgültig wieder in den gewünschten Korridor zu zwingen? Kann man vielleicht schon ein wenig senken oder ist man gar dazu gezwungen, damit der Hauch eines Aufschwungs, den der Euroraum gerade erfährt, nicht wieder verweht? Was ist überhaupt der neutrale Zins, also der Leitzins, bei dem die Wirtschaft weder gebremst, noch beschleunigt wird? Warum ist etwa die US-Wirtschaft trotz der stärksten Zinserhöhungen seit Jahrzehnten nicht nennenswert gebremst worden?
Alle diese Fragen können derzeit nicht klar beantwortet werde, denn die ökonomischen Modelle der Vergangenheit sind für die gegenwärtigen Umstände nicht oder noch nicht ausreichend kalibriert. Zu diesen Umständen gehören etwa fest verankerte Inflationserwartungen, geopolitische Unsicherheiten und ein demografisch bedingt abflauendes Wachstum.
Das gab es in dieser Konstellation noch nie, und deswegen taugen auch die statistischen Modelle der Vergangenheit allenfalls nur als grobe Haltestangen. In dieser Lage machen Notenbanker das, was sie immer in solchen Situationen tun: langsam fahren, auf Sicht manövrieren und immer ausreichend Abstand zum Straßengraben halten.
Die Europäische Zentralbank wird nach einer ersten Zinssenkung im Juni allenfalls alle Quartale überprüfen, ob ein weiterer Zinsschritt notwendig ist oder ob die Inflationsentwicklung ein zu großes Risiko darstellt.
Welchen dieser Wege die Notenbank auch einschlägt: Die Aktienmärkte werden es verkraften, solange die leidlich gute Konjunkturentwicklung anhält. Überhaupt: Wer noch ein Argument für die inflationsschützende Funktion der Aktienmärkte benötigt, der findet es in der Kursentwicklung der vergangenen zwei Jahren. Mitte 2021 stand der Dax bei etwa 15.000 Punkten, heute sind es um die 18.000, das sind 20 Prozent mehr.
Allerdings hat sich seit Mitte 2021 auch eine kumulierte Inflation, also ein Kaufkraftverlust des Euro, von gut 15 Prozent ergeben. Das heißt in Kaufkraftbegriffen – die Ökonomen sagen: real betrachtet – sind die Aktien durchschnittlich etwa 5 Prozent mehr wert wie vor drei Jahren. Aus Anlegerperspektive zeigt dies vor allem, dass Aktien ein guter Inflationsschutz sind. Wer sein Vermögen in Aktien angelegt hatte, hat damit auch die große Inflationswelle der vergangenen drei Jahre abgewehrt. Bei wem das Geld auf dem Bankkonto parkte, der hat einen zweistelligen Prozentsatz an realem Vermögenswert unwiederbringlich verloren.
Unternehmen können mit moderater Inflation ganz gut umgehen. Schließlich sind sie es, die die Preise erhöhen. Sofern, wie in diesem Fall, die Inflation nicht zu einer Vollbremsung der Wirtschaft über die Notenbanken führt, steigen die Gewinne und damit die Kurse. Dass Aktien wie auch Immobilien als Sachwerte vor Inflation schützen, ist bekannt. Selten konnte man es so offensichtlich erkennen, wie bei der Inflationswelle der vergangenen beiden Jahre.
Über den Autor
Neue Artikel der Denker der Wirtschaft
Stefan Hoops sieht "Aufholjagd" für Rheinmetall & Co
Mehr erfahren