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„Lettlands Beitritt zum Euro wäre ein Fehler“

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Ohne Deutsche EZB-Stimme

Hinzu kommt, dass man mit der Aufnahme Lettlands auch die Tür für ein 19. Mitglied aufstößt, nämlich Litauen, dem dritten Land des Baltikum. Es befindet sich schon im Europäischen Währungssystem, der Vorstufe des Euro. Wenn Lettland 2014 kommt, könnte Litauen 2015 beitreten.  

Wenn das passiert, müsste das gesamte Abstimmungsverfahren in der EZB geändert werden. Dann müsste das sogenannte Rotationsverfahren eingeführt werden. Danach müssen sich die fünf größten Mitglieder der Union vier Sitze teilen, die anderen 14 Mitglieder die restlichen zehn Sitze.

Es gäbe zwischen den Ländern eine monatliche Rotation. Ich stelle mir vor, was es für einen Aufruhr beispielsweise in Deutschland gäbe, wenn eine so einschneidende Entscheidung wie die zum Programm Outright Monetary Transactions (OMT) genau in der Sitzung beschlossen würde, in der die Deutschen nicht stimmberechtigt sind. Rotation funktioniert nur, wenn es einen Grundkonsens und ein Grundvertrauen in dem Gremium gibt.  

Was Lettland fehlt

Es gibt aber auch Gründe, die in dem Land selbst begründet liegen, die gegen die Aufnahme von Lettland  in den Euro sprechen. Lettland gehört zu den ärmsten Ländern der EU. Sein Pro-Kopf-Einkommen liegt bei gerade einmal 9.800 Euro, ein Drittel des Euroraumdurchschnitts von 28.400 Euro.

Nach theoretischer Lehre (Balassa-Samuelson-Effekt) und historischer Erfahrung sind bei solchen Ländern die Preissteigerungen im Zuge der weiteren wirtschaftlichen Entwicklung relativ höher als in den entwickelten Regionen.  Es wird schwer, eine solche Inflation bei einer gemeinsamen Geldpolitik im Zaum zu halten. Unter Ökonomen herrscht Einigkeit, dass zu einer erfolgreichen Währungsunion gehört, dass die Unterschiede im Pro-Kopf-Einkommen nicht so groß sind (reale Konvergenz).  

Hinzu kommt, dass Lettland stark in die weltwirtschaftliche Arbeitsteilung eingebunden ist (Außenhandel von Gütern und Diensten 125 Prozent des BIP). Das macht das Land stark von Preisentwicklungen auf den internationalen Märkten abhängig und führt zu hoher Schwankung der Inflationsraten. In den vergangenen zehn Jahren bewegte sich die jährliche Geldentwertung zwischen 1,2 Prozent und 15,3 Prozent.  

Lettland leidet am „Zypernsyndrom“: Etwa die Hälfte aller Bankeinlagen stammen von ausländischen Kunden (vor allem aus Russland und anderen Staaten des ehemaligen Ostblocks). Sie machen 40 Prozent des Bruttoinlandsprodukts aus. Sie sind naturgemäß relativ volatil und erhöhen die kurzfristige Auslandsverschuldung. Freilich ist der Bankensektor in Lettland mit 150 Prozent des BIP sehr viel kleiner als der Zyperns (über 800 Prozent).  

Weitere Punkte: Lettland hat eine hohe Schattenwirtschaft (25 Prozent an der gesamten Wirtschaftsleistung).  Sein Arbeitsmarkt ist relativ starr.   

Für den Anleger

Lettland ist nicht so groß, dass es die Aktien und Rentenmärkte des Euroraums durcheinander wirbeln würde. Wichtig ist aber, dass die Handlungsfähigkeit der Gemeinschaft noch schwieriger wird und dass es einen potenziellen Krisenherd mehr gibt. Das belastet. Es dürfte den Wechselkurs des Euro tendenziell schwächen.   

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