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LG Nürnberg-Fürth zum Thema Verweisung Koch wird Betriebsleiter – der BU-Versicherer muss weiterzahlen

Björn Thorben Jöhnke ist Fachanwalt für Versicherungsrecht und Partner der Hamburger Kanzlei Jöhnke & Reichow.
Björn Thorben Jöhnke ist Fachanwalt für Versicherungsrecht und Partner der Hamburger Kanzlei Jöhnke & Reichow. | Foto: Jöhnke & Reichow

Der Fall

Der Versicherte hat eine Berufsausbildung als Koch abgeschlossen. Er unterhielt eine Rentenversicherung mit Berufsunfähigkeits-Zusatzversicherung. Mitte 2010 verlor er bei einem Fahrradunfall seinen Geschmacks- und Geruchssinn. Die Berufsunfähigkeitsversicherung erkannte ihre Leistungsverpflichtung an und zahlte fortan die monatliche BU-Rente.

Der Versicherungsnehmer hatte vor dem Unfall mit jeweils kürzeren Phasen der Arbeitslosigkeit als Koch bei verschiedenen Gaststätten und Hotels gearbeitet. Nach dem Unfall schloss er eine Umschulung als Veranstaltungskaufmann ab und arbeitete fortan als Betriebsleiter in einer Seniorenresidenz.

Der Berufsunfähigkeitsversicherer stellte seine Leistung ein und verwies den Versicherten auf diese Tätigkeit. In den besonderen Bedingungen zum Versicherungsvertrag war geregelt: Wenn die versicherte Person außerstande ist ihren Beruf auszuüben und übt sie auch keine andere Tätigkeit aus, die ihrer bisherigen Lebensstellung entspricht, so gilt dieser Zustand von Beginn an als vollständige Berufsunfähigkeit. Der Versicherte verstand die AVB dahingehend, dass er nicht auf die nach dem Unfall neu erworbene Fähigkeiten verwiesen werden darf.

Aspekt „Ausbildungsberuf“ steht der Verweisung nicht entgegen

Der Versicherte verneint die soziale Vergleichbarkeit der Berufe Betriebsleiter und Koch. Die nunmehr ausgeübte Tätigkeit als Betriebsleiter sei schließlich kein Ausbildungsberuf, wie der von ihm in gesunden Tagen ausgeübte Beruf. Zu berücksichtigen sei, dass ein Lehrberuf ein höheres Ansehen habe. Im Übrigen könne die jetzige Tätigkeit als Betriebsleiter jeder nach einer „vergleichsweisen kurzen Einarbeitungszeit“ ausüben.

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Laut LG Nürnberg-Fürth bedeutet die Verweisung auf eine Tätigkeit in einem Beruf, der keine Lehre voraussetzt, hingegen nicht von vornherein ein Abstieg in der sozialen Wertschätzung des Versicherungsnehmers. In diesem Zusammenhang sei zudem zu berücksichtigen, dass der Versicherte seine jetzige Stelle als Betriebsleiter in einer Seniorenresidenz wohl kaum ohne seine staatlich anerkannte Ausbildung zum Veranstaltungskaufmann oder zumindest ohne die dabei erworbenen kaufmännischen und organisatorischen (Zusatz-) Kenntnisse und Fähigkeiten ausüben könnte. Im Rahmen einer etwaigen Einarbeitung müssten diese Fähigkeiten erst unter Zeitaufwand erworben werden.

Verweisung scheitert nicht an fehlenden Aufstiegsmöglichkeiten

Der Versicherte verneint eine soziale Vergleichbarkeit zudem, da ihm in seinem bisherigen Beruf offenstehende Aufstiegsmöglichkeiten zum Küchenchef genommen worden seien. Hieran scheitert die Verweisung laut LG Nürnberg-Fürth jedoch nicht.

Hinreichend gesicherte Aufstiegschancen sind zwar grundsätzlich zu berücksichtigen. Anders jedoch, wenn solche beruflichen Entwicklungsmöglichkeiten, Verdienstmöglichkeiten etc. lediglich vage, ohne eine konkrete Aussage zu ihrer Realisierung binnen eines zumutbaren Zeitraums sind. Die bloße Chance oder die bloße Hoffnung sind nicht geschützt. Die Aussichten müssen konkret sein und es darf nicht offen sein, ob sie sich hätten verwirklichen können.

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