

Tobias Merfeld und Philipp Graf von Königsmarck „Uns ist egal, was die Konkurrenz macht“

Thematisches Investieren war ein großer Hype, zuletzt wurde es jedoch ruhiger. Im Interview verraten Tobias Merfeld und Philipp Graf von Königsmarck von LGIM, wann ein Thema zum ETF taugt, wie wichtig der First-Mover-Effekt ist und warum manche Themen-ETFs dahindümpeln, während andere durchstarten.
DAS INVESTMENT: Das thematische Investieren ist der Nische entwachsen. Ende 2022 lag das Vermögen, das deutschlandweit in Themen-ETFs verwaltet wird, bei 170 Milliarden Euro. Das lockte viele Anbieter an, mittlerweile gibt es Hunderte Produkte. Braucht es wirklich so viele Themen-ETFs?
Tobias Merfeld: Es entstehen immer wieder neue Themen beziehungsweise sind manche Themen in einer Produktlösung (noch) nicht investierbar. 2022 haben wir beispielsweise einen Photonics-ETF aufgelegt. Das ist die Wissenschaft und Technologie des Lichts. Wir bündeln Unternehmen, die sich unter anderem mit Sensoren, Quantentechnologien und Lasern beschäftigen....
Warum nur an der Oberfläche kratzen? Tauchen Sie tiefer ein mit exklusiven Interviews und umfangreichen Analysen. Die Registrierung für den Premium-Bereich ist selbstverständlich kostenfrei.
Thematisches Investieren war ein großer Hype, zuletzt wurde es jedoch ruhiger. Im Interview verraten Tobias Merfeld und Philipp Graf von Königsmarck von LGIM, wann ein Thema zum ETF taugt, wie wichtig der First-Mover-Effekt ist und warum manche Themen-ETFs dahindümpeln, während andere durchstarten.
DAS INVESTMENT: Das thematische Investieren ist der Nische entwachsen. Ende 2022 lag das Vermögen, das deutschlandweit in Themen-ETFs verwaltet wird, bei 170 Milliarden Euro. Das lockte viele Anbieter an, mittlerweile gibt es Hunderte Produkte. Braucht es wirklich so viele Themen-ETFs?
Tobias Merfeld: Es entstehen immer wieder neue Themen beziehungsweise sind manche Themen in einer Produktlösung (noch) nicht investierbar. 2022 haben wir beispielsweise einen Photonics-ETF aufgelegt. Das ist die Wissenschaft und Technologie des Lichts. Wir bündeln Unternehmen, die sich unter anderem mit Sensoren, Quantentechnologien und Lasern beschäftigen. Solch ein Thema gab es am Markt zuvor nicht. Photonics ist laut der Europäischen Kommission eine der 6 Schlüsseltechnologien des 21. Jahrhunderts.
Und diese Marktlücke wollten sie offenbar schließen.
Merfeld: Das ist unser Ansatz bei LGIM: Wir wollen Themen erkennen und dann, wenn wir es für sinnvoll erachten, auch als Produktlösung anbieten.
Wann und wie entscheiden Sie, ein Thema als eigenen ETF aufzulegen?
Merfeld: Zunächst einmal muss es eine relevante Menge an investierbaren Unternehmen aus dem Themenkosmos geben. 25 liquide Titel sollten es mindestens sein. Zudem arbeiten wir mit Themen-Experten zusammen. Das sind in der Regel Firmen oder Organisationen, die granulares aktives Research und themenspezifische Daten bieten. Im Fall von Photonics ist dies beispielsweise das European Photonics Industry Consortium. Weitere Kriterien sind die zu erwartende Marktgröße oder die Größe des Konsumentenmarkts. Das Wachstum der zugrundeliegenden Unternehmen spielt auch eine große Rolle. Über die nächsten 5 bis 10 Jahre sollte ein zweistelliges prozentuales Wachstum pro Jahr prognostiziert sein.
Manche Trends kommen sehr schnell. Nehmen wir etwa den Bereich Metaverse. Der Hype war groß, nun ist er abgekühlt. NFTs und Avatare sind nicht mehr so angesagt wie früher. Da kann der Research doch noch so gut sein, wirklich seriös abschätzen kann niemand, wie sich ein Bereich entwickelt, oder?
Merfeld: Deshalb ist es wichtig, dass sich eine Produkt-Lösung gemeinsam mit dem Thema entwickelt. Denn auch die Unternehmen verändern sich fortwährend. Manche stellen innerhalb von zwei Jahren ihre kompletten Geschäftsmodelle um oder spalten Sparten ab. Das muss in einem Themen ETF berücksichtigt werden. Das Produkt darf nicht statisch sein, sondern soll sich dynamisch mit einem Thema mitentwickeln.
Man kann also nur auf Sicht fahren.
Merfeld: Die Entwicklung von einem Thema ist niemals linear, sie ist immer ein Auf und Ab. Wenn wir eine Strategie auflegen, sind wir langfristig immer von einem Thema überzeugt.
Philipp Graf von Königsmarck: Ich würde noch einmal auf Ihre Eingangsfrage zurückkommen, wozu es überhaupt Themen-ETFs braucht. Wir beobachten stärker denn je, dass eine Veränderung in den Unternehmensstrukturen stattfindet. Viele junge Unternehmen disruptieren die alten, bestehenden Geschäftsmodelle. Mit einem Themen-ETF kann man in jene Unternehmen investieren, die einen steileren Wachstumspfad aufweisen als der breite Markt. Insofern sehen wir diese Produktlösungen eher als Wachstumsbausteine einer Core-Satellite-Allokation.
Ein Thema zu erkennen ist das eine. Viel wichtiger ist doch, die Strategie gut umzusetzen und transparent zu sein.
Merfeld: Da stimme ich Ihnen zu. Auf zwei Produktnamen kann etwa „Cybersecurity“ draufstehen, die Portfolien können jedoch massive Unterschiede in der Gewichtung und/oder der Selektion von relevanten Unternehmen aufweisen. Da darf man jedoch nicht nur die Produktanbieter in die Pflicht nehmen. Auch die Anleger oder deren Berater müssen sich mit der jeweiligen Investment-Methodik vertraut machen.
Welche Bereiche sind denn in Deutschland besonders gefragt?
von Königsmarck: In Deutschland ist Batterietechnologie nach wie vor sehr beliebt, ebenso der Bereich Wasserstoff. Unser Cybersecurity-ETF ist ein Dauerläufer, der ist mittlerweile 2,4 Milliarden US-Dollar schwer.
Cybersecurity ist schon jetzt relevant. Für die Energiewende brauchen wir bessere Batterien. Und Wasserstoff gilt als wichtiges Zukunftsthema. Woher weiß der Kunde denn, in welches Thema er investieren soll?
von Königsmarck: Das hören wir auch immer wieder von Seiten der Berater. Die Vermögensverwalter entscheiden gerne selbst, welches Einzelthema sie wählen. Für die Berater und den breiten Markt haben wir einen Multi-Themen-ETF herausgebracht, der aktuell in rund 400 Aktien unserer einzelnen Themen-ETFs investiert. Dieser ist für Anleger gedacht, die nicht die Qual der Wahl haben wollen, sich zwischen einzelnen Zukunftsthemen entscheiden zu müssen und eine besondere Gewichtungsmethodik nutzen wollen.
Das heißt, dort findet sich ein wenig von allen Strategien?
Merfeld: Wir schauen uns hierbei verschiedene Parameter an. Zunächst einmal braucht jeder unserer Themen-ETFs einen Live Track Record von mindestens einem Jahr. Zudem quantifizieren wir die Korrelationen und Überlappungen zwischen den verschiedenen Themen. Denn wir wollen Konzentrationsrisiken vermeiden. Mit insgesamt 400 Titeln investieren Anleger also wirklich breit in verschiedene Wachstumsmärkte und decken dabei Themen wie Batterietechnologie, sauberes Wasser, Robotik, Künstliche Intelligenz oder Cyber Security ab. Die Überlappung mit traditionellen Aktien-Benchmarks ist dabei relativ gering. Sie beträgt aktuell rund 13 Prozent mit dem MSCI World Index (Stand September 2023).
Mit 3,7 Millionen Euro ist der Multi-Themen-ETF bislang noch kein allzu großer Hit. Woran liegt’s?
von Königsmarck: Das Produkt wurde erst vor einem Jahr aufgelegt. Wir sind jedoch sehr zuversichtlich, dass wir das verwaltete Vermögen steigern können. Denn der ETF wird vom Beratersegment genutzt und in diesem Bereich benötigen die Zuflüsse eine längeren Zeitraum. Bislang haben wir kein Thema auf den Markt gebracht, das nicht funktioniert hat. In den zugrundeliegenden Themen-ETFs unseres Multi-Themen ETFs verwalten wir bereits mehr als 3 Milliarden US-Dollar.