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LGT-Stratege: „Chinas Leistung wird überschätzt“

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Lenherr: Ich würde es nicht so hart ausdrücken. Ganz sicher wird der Gegenwind aus China stärker. Ich würde von Chancen und Herausforderungen sprechen.

DAS INVESTMENT.com: Wenn China eine höhere Entwicklungsstufe erreicht, wo steht dann die Werkbank der Weltwirtschaft?

Lenherr: China wird weiterhin auch Werkbank sein. Viele asiatische Länder sind noch nicht soweit. Am ehesten vielleicht Philippinen, Indonesien oder Vietnam. Indien hat zuviel mit sich selbst zu tun.

DAS INVESTMENT.com: Und die westlichen Industrienationen werden erkennen, dass sie nicht die alleinige Herrschaft über den Bau und das Know-how von Autos und Maschinenstraßen haben?

Lenherr: So negativ sehe ich es nicht. Fahrzeuge aus dem oberen Segment, etwa von Daimler, BMW und VW, werden weiterhin stark nachgefragt. Und die Herausforderungen und die Chancen liegen ja gerade im Wachstum Asiens. Auf einmal stecken 2 Milliarden Menschen mehr den Stecker in die Steckdose. Dafür müssen neue Rohstoffe gefunden und verarbeitet werden. Neue Technologien müssen auf den Markt kommen, besonders im Bereich der alternativen Energien. Das ist ein gigantischer Markt und den können die Industrieländer dominieren.

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DAS INVESTMENT.com: Derzeit wird viel über eine Immobilienblase in China diskutiert. Kommen die nächsten Einschläge aus Asien?

Lenherr: Zumindest nicht seitens der Immobilien. Es gibt in China keine Immobilienblase. Eher verschiedene Bläschen im Hochsegment. Das ist nicht außergewöhnlich und in New York, Paris oder London ja auch nicht ungewöhnlich. Ganz sicher gibt es keine Parallelen zur Subprime-Krise in den USA. Wenn überhaupt finden ja Spekulationen mit echtem Geld statt, nicht mit geliehenem. Das ist ein großer Unterschied. Außerdem meint es die Regierung ernst und schränkt die Kreditvergaben drastisch ein oder knüpft sie an eine höhere Eigenkapitalquote. Dieser Maßnahmen sind sich chinesische Investoren bewusst.

DAS INVESTMENT.com: Gleichwohl wird der asiatische Markt von Ihnen derzeit untergewichtet.

Lenherr: Wir sind grundsätzlich positiv gestimmt für die weltweiten Aktienmärkte. Aber die restriktiven Maßnahmen in China haben natürlich Folgen und asiatische Titel sind im weltweiten Vergleich nicht mehr günstig. US-Titel sind günstig und europäische auch. Darunter sind keine Wachstumsweltmeister, aber solide Unternehmen, die von der Erholung der Weltwirtschaft profitieren werden.

DAS INVESTMENT.com: Wir müssen noch mal zur Bahn kommen. Sehen Sie Licht am Ende des Tunnels oder ist es ein entgegenkommender Zug?

Lenherr: Ich bin Optimist und sehe das Licht, keinen Zug, der uns entgegenkommt. Zwei Jahre Krise sind ja auch schon ein schweres Gewicht gewesen. Wir sehen einen zarten Aufschwung und was mich derzeit beruhigt, ist eine neue Vernunft im Umgang mit dem Risiko. Banken, Unternehmen und Privatinvestoren haben gelernt. Es wird gespart, disziplinierter investiert und die Kreditvergabe findet maßvoller statt.

DAS INVESTMENT.com: Wie nachhaltig ist diese Vernunft?

Lenherr: Das ist ein Zyklus. Der dauert ein paar Jahre. Vergleichbar mit dem Vorhaben nach einer langen Party, keinen Alkohol mehr zu trinken. Das hält man eine Zeit lang ein. Obwohl die Amerikaner schon zum Entzug verdonnert worden sind.

DAS INVESTMENT.com: Und in eine paar Jahren sitzen alle wieder an der Theke?

Lenherr: Dann geht wieder alles von vorne los.

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