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Neue Standorte sind gefragt Lieferkettenprobleme? Indien, Vietnam und Malaysia profitieren

Vietnamesisches Frachtflugzeug auf dem Leipzig/Halle Airport
Vietnamesisches Frachtflugzeug auf dem Leipzig/Halle Airport: Westliche Unternehmen verringern die Abhängigkeit von China und diversifizieren ihre Lieferantenbasis. | Foto: Imago Images / Christian Grube

Die Folgen von Lieferkettenunterbrechungen für Unternehmen und Haushalte werden in den kommenden Monaten anhalten. Während die zweite Jahreshälfte eine gewisse Erleichterung bringen könnte, sofern China seine Null-Covid- und Stromrationierungspolitik lockert und der Arbeitskräftemangel in den USA nachlässt, sorgen Russlands Krieg in der Ukraine und die Sanktionsmaßnahmen derzeit für neue Engpässe. Obwohl der Ukraine-Krieg wahrscheinlich nur begrenzte und kurzfristige Auswirkungen auf die Technologie-Lieferkette im asiatisch-pazifischen Raum haben wird (weil die Bestände an wichtigen Rohstoffen wie Neongas und Palladium noch für die kommenden vier bis sechs Monate ausreichen), könnte jede längere Unterbrechung der globalen Lieferkette die Preise für Computerchips in die Höhe treiben und die Auslieferungen weiter verzögern. Blieben die Sanktionen auch nach einer Beendigung des Krieges in der Ukraine noch lange Zeit in Kraft, würde dies den Handels- und Kapitalfluss behindern und die Probleme in der Lieferkette weiter verschärfen.

Längerfristig gehen wir davon aus, dass die jüngsten Verwerfungen die Unternehmen dazu veranlassen, ihre Lieferketten weiter zu diversifizieren und dabei die Rolle Chinas zu verringern. Andere Länder Asiens könnten davon profitieren.

US-Unternehmen weiterhin stark von Lieferkettenstörungen betroffen

Globale Lieferkettenengpässe haben in den vergangenen Jahren im Zusammenhang mit der Pandemie und geopolitischen Spannungen für Schlagzeilen gesorgt. Zunächst verringerte die Pandemie die weltweite Nachfrage. Die fiskalischen Anreize und der Konsum von Gütern anstelle von Dienstleistungen haben jedoch dazu beigetragen, die Nachfrage nicht einbrechen zu lassen. Dies hat den Druck auf die Angebotsseite erhöht und zu Engpässen in der Industrieproduktion und Logistik geführt, wobei ein Mangel an Lkw-Fahrern das Problem noch verschärft hat. Infolgedessen sahen sich viele US-Unternehmen dazu veranlasst, ihre Umsatzprognosen zu kürzen oder Gewinnwarnungen herauszugeben.

Die Überlastung der Häfen ist nach wie vor eine Herausforderung: Die durchschnittliche Wartezeit in den Containerhäfen des US-Bundestaat New York betrug nach Bloomberg-Angaben Ende 2021 rund fünf Tage, verglichen mit durchschnittlich 1,6 Tagen im gesamten vergangenen Jahr. Am 21. März des laufenden Jahres reihten sich 44 Schiffe in der Warteschlange vor den Häfen von Los Angeles und Long Beach, was nach Angaben der Marine Exchange of Southern California zwar immer noch einen Anstieg im Vergleich zum Vorkrisenniveau, aber einen Rückgang gegenüber dem Allzeithoch von 109 Schiffen im Januar bedeutet.

Neben dem Mangel an Lkw-Fahrern erschweren auch die Covid-Vorschriften die Abläufe. Seit dem 15. Januar müssen Lkw-Fahrer aus den USA bei der Einreise nach Kanada einen Impfnachweis vorlegen – eine Maßnahme, die nach Schätzungen der Canadian Trucking Alliance zu einem Rückgang der Zahl der grenzüberschreitenden Lkw-Fahrten um 10 bis 15 Prozent geführt hat. Die eine Woche anhaltenden Proteste an der Ambassador-Brücke, dem meistgenutzten Grenzübergang zwischen Ontario und Michigan, sind zwar inzwischen beendet. Doch in Zukunft könnte es zu ähnlichen Demonstrationen kommen, bei denen neuralgische Transportwege behindert werden.

US-Unternehmen haben zahlreiche Maßnahmen ergriffen, um die Probleme in der Lieferkette zu lösen, darunter das Chartern von Frachtern, die Umleitung des Schiffsverkehrs zu kleineren Häfen an den Küsten und die verstärkte Nutzung der Luftfracht. Stärker vertikal integrierte Unternehmen mit diversifizierten Lieferketten – wie zum Beispiel Elektronikhersteller, die im Laufe der Zeit die Konzentration in bestimmten Regionen wie China verringert und einen größeren Teil ihrer Lieferkette über Asien verteilt haben – kommen mit der Situation besser zurecht als ihre Mitbewerber. Dennoch sind die Vorlaufzeiten auch hier nach wie vor hoch, weil die Maßnahmen nur am Rande geholfen haben und im Allgemeinen nicht skalierbar sind. Eine dauerhafte Verbesserung setzt voraus, dass sich die Produktionsbedingungen weltweit normalisieren (von den Fabriken bis zu den Häfen und anderen Berührungspunkten mit der Schifffahrt) und dass der pandemiebedingte Nachfragestau vollständig abgebaut wird.

Darüber hinaus ist der Fortgang der Verhandlungen über den auslaufenden Westküstenvertrag zwischen der International Longshore and Warehouse Union und der Pacific Maritime Association genau zu beobachten. Bei der Unterzeichnung des derzeit geltenden Vertrags im Jahr 2015 wurden die Verhandlungen von viermonatigen Arbeitsniederlegungen begleitet – die die Hafenaktivitäten stark beeinträchtigten. Viele Kunden haben mit Blick auf das Auslaufen des Vertrags am 30. Juni ihr Transportvolumen nach Möglichkeit bereits auf Häfen an der Ostküste verlagert.

Längerfristig ist ein Rückzug der Lieferketten aus China zu erwarten

China war jahrzehntelang ein wichtiger Bestandteil der globalen Lieferketten. Die jüngste Krise, die zum Teil durch die Pandemie ausgelöst wurde, veranlasst die Unternehmen indes dazu, die Abhängigkeit von bestimmten Ländern zu verringern und ihre Lieferantenbasis zu diversifizieren, um Lieferschocks in Zukunft abmildern zu können.

Wir sind der Ansicht, dass Chinas Exporte auf kurze Sicht weiterhin durch die robusten Lieferketten des Landes gestützt werden. Aufgrund der geopolitischen Konflikte dürfte das sich längerfristig allerdings ändern. China wiederum weiß, dass durch die demografische Überalterung, die zu einem Rückgang des Arbeitskräfteangebots im Land führt, eine Fertigung mit höherer Wertschöpfung immer dringlicher wird. Wir gehen derweil davon aus, dass sich die Verlagerung der Lieferkette unablässig fortsetzt und sich durch geopolitische Spannungen und staatliche Anreize in Ländern wie Japan und Vietnam weiter an Schwung gewinnen könnte. Wir gehen davon aus, dass ausländische Unternehmen, die in China fertigen lassen, sich nicht vollständig aus dem Land zurückziehen, sondern ihre Lieferketten von China weg diversifizieren.

Wenn China es mittel- bis langfristig schafft, sich bei der Produktion von Halbleitern selbst zu versorgen, dürfte die Volkswirtschaft in der Lage sein, einen Teil des Exportrückgangs auszugleichen.

Welche Volkswirtschaften vom globalen Umbau profitieren

Langfristig erwarten wir, dass die Störungen in den Lieferketten Gewinner und Verlierer unter den US-Unternehmen hervorbringen werden. Angesichts von begrenzten Kapazitäten, Inflation, Stromengpässen und der Null-Covid-Politik könnten chinesische Hersteller der Produktion für größere, finanzstarke US-Unternehmen Vorrang einräumen, was zu weiteren Verzögerungen bei Lieferungen an kleinere US-Unternehmen führen könnte. Zugleich könnten asiatische Unternehmen aufgrund ihrer Nähe zu den asiatischen Lieferketten auch auf Kosten kleinerer US-amerikanischer und europäischer Unternehmen profitieren.

Welche Unternehmen könnten sich voraussichtlich am ehesten gut entwickeln? Dazu gehören Technologieunternehmen, die ihre Lieferketten in den vergangenen Jahren rasch angepasst haben, sowie Firmen, die ihre Lieferkettennetze konsolidiert und gestrafft haben, um ihre Geschäftskontinuität besser planen zu können. Sektoren und Unternehmen, die wenig von Importen oder Exporten abhängig sind oder kundenspezifische Halbleiterchips herstellen, dürften ebenfalls besser abschneiden – darunter chinesische Automobilhersteller und Online-Dienstleister.

In Asien könnten langfristig Länder wie Indien, Vietnam und Malaysia von der Abwanderung der Lieferkette aus China profitieren. Es wird jedoch Jahre dauern, bis die Produktion in diesen Ländern hochgefahren ist. Zudem könnten sich die Investitionsausgaben als Belastung für die Unternehmensgewinne erweisen.

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