


„Die globalen Technologieführer dürfen nicht nur im Silicon Valley heranwachsen, sie müssen auch bei uns eine Heimat haben“, fordert Bundesfinanzminister Christian Lindner. Deutschland galt lange als schwieriger Ort für junge Gründer mit guten Ideen: Zu schwerfällige Rahmenbedingungen, darunter auch bei der Finanzierung, hieß es.
Damit will die Bundesregierung nun aufräumen: Die Kabinettsmitglieder haben ein Maßnahmenpaket mit dem so sprechenden wie sperrigen Namen „Zukunftsfinanzierungsgesetz“ auf den Weg gebracht. Am vorigen Freitag stimmte ihm der Bundestag zu. Zuvor hatte der Finanzausschuss noch eine Reihe von Änderungen am Ursprungstext vorgenommen.
Eine letzte Hürde müssen die Regeln nun noch im Bundesrat nehmen.
Kleinunternehmen sollen leichter Börsenzugang erhalten
Das Zukunftsfinanzierungsgesetz soll zum einen auch kleineren Unternehmen den Weg an die Kapitalmärkte ebnen: Statt einer Marktkapitalisierung von mindestens 1,25 Millionen Euro müssen Kleinunternehmen demnach nur einer Million Euro mitbringen, um an die Börse zu gehen. Weitere regulatorische Anforderungen sollen im Sinne von Start-ups und kleineren Unternehmen erleichtert werden, um Börsengänge kostengünstiger zu gestalten zu gewährleisten, dass junge Gründer auch nach einem Börsengang noch die Hoheit über wichtige Entscheidungen im Unternehmen behalten.
Ein zentraler Punkt ist die Beteiligung der Mitarbeiter am Unternehmen. Die Idee dahinter: Besitzen Mitarbeiter Anteile ihrer Arbeitgeberfirma und sind somit am Gewinn beteiligt, sind sie noch stärker an deren Wohlergehen interessiert. Zugleich soll das Gesetz den Aktienbesitz fördern – ein Punkt, der auch beim Umbau der Altersvorsorge auf der Regierungs-Agenda steht.
Das Zukunftsfinanzierungsgesetz stellt neue Steuerregeln in Aussicht, um Mitarbeitern eine Unternehmensbeteiligung schmackhaft zu machen. Bis zu 2.000 Euro pro Jahr – statt bislang 1.400 Euro – sollen Mitarbeiter steuerfrei in Aktien ihres Unternehmens investieren können.
Beim Deutschen Aktien Institut (DAI), das die Interessen börsennotierter Unternehmen in Deutschland vertritt, äußert man sich grundsätzlich zufrieden mit den angepeilten Maßnahmen: Die Energiewende und die Digitalisierung erforderten umfangreiche Mittel, die nicht nur von Banken, sondern auch vom Kapitalmarkt stammen müssten, heißt es dort. „Das Zukunftsfinanzierungsgesetz ist ein erster Schritt in die richtige Richtung, da es die Rahmenbedingungen für Börsengänge in Deutschland verbessert und Anreize setzt, in Aktien zu investieren“, sagt DAI-Chefin Christiane Bortenlänger.
Eine weitere Neuerung: Namensaktien sollen in Zukunft auch mit Notierung in einem Krypto-Wertpapierregister ausgegeben werden können. Und neben der Förderung von Mitarbeiter-Beteiligungen sollen Arbeitnehmer zudem auch eine bessere staatliche Spar-Förderung erhalten. Ledige Arbeitnehmer können bis zu einem Jahreseinkommen von 40.000 Euro eine Spar-Zulage durch ihren Arbeitgeber erhalten, Lebensgemeinschaften bis zu 80.000 Euro Jahreseinkommen.
Lob von Start-ups, Kritikpunkt vom BVI
Lob für das Gesetz kommt auch aus der Start-up-Branche: Christian Miehle, Präsident des deutschen Start-up-Verbands, nennt es in einem Interview euphorisch „die größte politische Errungenschaft in der Geschichte der Bundesrepublik Deutschland und ihrer Start-up-Szene“. Denn bei einem Unternehmensverkauf könnte nun mehr Kapital an die Mitarbeiter fließen – was dann potenziell in weitere innovative Vorhaben oder andere Unternehmen fließen könnte.
Kritischer äußert sich dagegen der BVI. Der Verband, der die Interessen der in Deutschland aktiven Fondsgesellschaften vertritt, gibt sich zwar einerseits über die neuen Regeln froh: „Es ist gut, dass die Regierung mit der Umsatzsteuerbefreiung für alle Investmentfonds einen immensen Wettbewerbsnachteil für den deutschen Fondstandort beseitigt“, hebt BVI-Hauptgeschäftsführer Thomas Richter als einen für die Fondsbranche wichtigen Punkt hervor. Auch die höheren Einkommensgrenzen für Arbeitgeber-Sparzulagen begrüßt man beim BVI.
Einen Wermutstropfen sieht Richter indessen: Aus dem Gesetzentwurf wurde die Möglichkeit gestrichen, dass offene Immobilienfonds auch in Erneuerbare-Energien-Anlagen investieren dürften – bis zu 15 Prozent hätten sie laut des ursprünglichen Regierungsentwurfs so anlegen dürfen. Das Aus kam offenbar auch aus steuerlichen Gründen. „Damit vergibt sie die Chance, Fonds stärker an der Finanzierung der Energiewende zu beteiligen“, kritisiert Richter die Bundesregierung. Eine Chance für das Vorhaben sieht er dennoch: „Die Koalitionsfraktionen sollten nun das Jahressteuergesetz 2024 nutzen, um endlich die notwendigen Maßnahmen zu beschließen.“