Volkswirt Johannes Mayr
Droht eine Lohn-Preis-Spirale?
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Johannes Mayr ist Chefvolkswirt der Anlagegesellschaft Eyb & Wallwitz. Foto: Eyb & Wallwitz
Treiben höhere Löhne die Inflation? In der Theorie trifft das zu, in der Praxis nicht immer. Hier erklärt Johannes Mayr von der Anlagegesellschaft Eyb & Wallwitz, welche Voraussetzungen erfüllt sein müssen, damit die Preise steigen.
Wenn die Geldmenge steigt, steigen die Preise. Und wenn die Preise sinken, rutscht die Wirtschaft in eine Krise. Die ökonomische Debatte ist gerade im Bereich Inflation von Glaubenssätzen geprägt. Ein aktuell sehr relevanter ist: Kräftige Lohnsteigerungen führen in eine Lohn-Preis-Spirale. Möglich ist das. Die Theorie zeigt diesen Zusammenhang klar. Die Erfahrungen sagen aber etwas anderes. Damit das auch diesmal so kommt, sollten sich Tarifpartner auch am makroökonomischen Rahmen orientieren. Altruismus ist nicht notwendig.
Inflationsausgleich: Für Arbeitnehmer ein Muss, für Ökonomen ein Graus
In Deutschland sind die für den öffentlichen Dienst zuständigen Gewerkschaften mit Forderungen nach einem Lohnplus in Höhe von 10,5 Prozent in die Tarifverhandlungen gegangen. Der zusätzlich geforderte Mindestbetrag von 500 Euro pro Monat hätte in den unteren Entgeltgruppen Steigerungen von mehr als 20 Prozent zur Folge.
Märkte bewegen Aktien, Zinsen, Politik. Und Menschen. Deshalb präsentieren wir dir hier die bedeutendsten Analysen und Thesen von Top-Ökonomen - gebündelt und übersichtlich. Führende Volkswirte und Unternehmensstrategen gehen den wichtigen wirtschaftlichen Entwicklungen clever und zuweilen kontrovers auf den Grund.
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Wenn die Geldmenge steigt, steigen die Preise. Und wenn die Preise sinken, rutscht die Wirtschaft in eine Krise. Die ökonomische Debatte ist gerade im Bereich Inflation von Glaubenssätzen geprägt. Ein aktuell sehr relevanter ist: Kräftige Lohnsteigerungen führen in eine Lohn-Preis-Spirale. Möglich ist das. Die Theorie zeigt diesen Zusammenhang klar. Die Erfahrungen sagen aber etwas anderes. Damit das auch diesmal so kommt, sollten sich Tarifpartner auch am makroökonomischen Rahmen orientieren. Altruismus ist nicht notwendig.
Inflationsausgleich: Für Arbeitnehmer ein Muss, für Ökonomen ein Graus
In Deutschland sind die für den öffentlichen Dienst zuständigen Gewerkschaften mit Forderungen nach einem Lohnplus in Höhe von 10,5 Prozent in die Tarifverhandlungen gegangen. Der zusätzlich geforderte Mindestbetrag von 500 Euro pro Monat hätte in den unteren Entgeltgruppen Steigerungen von mehr als 20 Prozent zur Folge.
Hintergrund der hohen Lohnforderungen ist der Inflationsanstieg nach der Corona-Krise. In vielen Ländern sind die Verbraucherpreise 2022 so stark gestiegen wie seit Jahrzehnten nicht – in Deutschland um 8,6 Prozent. Trotz einem kräftigen Lohnplus um 4,7 Prozent sind die Reallöhne also um fast 4 Prozent gefallen.
Eine Trendwende ist noch nicht in Sicht. So ist die Inflationsrate in Deutschland im März zwar auf 7,4 Prozent gesunken. Die Kernrate lag aber bei fast 6 Prozent, Tendenz steigend. Gleichzeitig ist die Arbeitslosigkeit nach wie vor sehr niedrig. Das stärkt die Verhandlungsposition der Arbeitnehmer.
Angesichts der hohen Zahl von 2,7 Millionen Beschäftigten im öffentlichen Dienst hat die laufende Tarifrunde eine erhebliche gesamtwirtschaftliche Bedeutung. Der Blick von Ökonomen richtet sich besorgt auf diese Zweitrundeneffekte. Befürchtet wird, dass zu starke Lohnanstiege die Teuerung zusätzlich antreiben. Dabei wird oft auf die Kluncker-Runde im Jahr 1974 verwiesen, als die Gewerkschaften vor dem Hintergrund einer hohen Inflationsrate eine Lohnsteigerung von 11 Prozent erstritten.
Eine Lohn-Preis-Spirale ist unwahrscheinlich
Der Zusammenhang von Löhnen und Preisen ist in der Theorie trivial. Die Preise werden von den Unternehmen entsprechend ihren Grenzkosten gesetzt, die sich mit der gleichen Rate entwickeln wie die Lohnstückkosten (Angebotsinflation). Allerdings haben Unternehmen meist eine gewisse Preissetzungsmacht und können Kostenanstiege über eine Anpassung ihrer Margen abfedern.
Klar ist, dass der Einfluss von Löhnen auf die Preise umso höher ist, je personalintensiver die Produktion und je geringer der Importanteil der Vorleistungen ausfallen. Im Durchschnitt liegt der Lohnanteil an den Produktionskosten in Deutschland bei etwa 30 Prozent. Ein Lohnplus um ein Prozent erhöht die Verbraucherpreise im Zeitraum von drei Jahren empirisch um rund 0,3 Prozent.
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